Mindestbewehrung zur Sicherstellung der Duktilität (Robustheitsbewehrung)

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Spannungen vor und nach der Rissbildung

Durch die Mindestbewehrung zur Sicherstellung der Duktilität (tlw. Auch Robustheitsbewehrung genannt) soll sichergestellt werden, dass das Versagen durch vorherige Rissbildung angekündigt und ein sprödes Versagen vermieden wird. Auf dieser Seite werden ausschließlich überwiegend biegebeanspruchte Bauteile behandelt. Überwiegend durch Normalkräfte beanspruchte Bauteile werden auf einer anderen Seite betrachtet.

Allgemeines

Die Mindestbewehrung zur Sicherstellung der Duktilität wird angeordnet, um sicherzustellen, dass bei der Überschreitung der Zugfestigkeit des Betons zunächst ein Riss entsteht und nicht sofort das Versagen eintritt. Ohne die Mindestbewehrung können die bei der Rissbildung freiwerdenden Kräfte, welche zuvor vom Beton aufgenommen wurden, nicht von der Bewehrung abgetragen werden, was zum sofortigen Versagen des Bauteils führen würde[1].

Ist die im Rahmen der Biegebemessung ermittelte Bewehrungsmenge kleiner als die Mindestbewehrung zur Sicherstellung der Duktilität, ist die Bewehrungsmenge zu erhöhen. Die Mindestbewehrung ist auf der gesamten Länge des Bauteils einzuhalten. Dies ist insbesondere bei einer etwaigen Abstufung der Bewehrung zu beachten.

Dieser Fall tritt i.d.R. bei Stahlbetonbauteilen mit geringer Ausnutzung auf, bei denen das Rissmoment größer ist als das aufnehmbare Moment der Bewehrung.

Wird die Mindestbewehrung zur Sicherstellung der Duktilität maßgebend, kann dies bei überwiegend biegebeanspruchten Bauteilen ein Indiz für eine nicht an die Stahlbetonbauweise angepasste Konstruktion sein. Die Vorzüge eines Komposits aus Stahl und Beton kommen dann nicht zur Geltung, da die Bewehrung aus Gründen der Tragfähigkeit gar nicht benötigt werden würde, sondern der Beton alle Lasten allein aufnehmen kann. Sobald die Bewehrung aktiviert werden sollte, fände das Versagen statt.

Einflussfaktoren

Folgende Faktoren haben Einfluss auf das Rissbildungsmoment:

  • Das Rissbildungsmoment ist maßgeblich abhängig von der Höhe der Betonzugfestigkeit. Je höher diese ist, desto höher ist auch das Rissbildungsmoment, da der Beton selbst vor der Rissbildung größere Kräfte aufnehmen kann.
  • Ein weiterer Einflussfaktor ist die Höhe des Flächenträgheitsmoments. Das Rissbildungsmoment nimmt bei steigendem Flächenträgheitsmoment zu. Der Zusammenhang zwischen Rissmoment und Flächenträgheitsmoment ergibt sich aus der Gleichung zur linear-elastischen Spannungsermittlung.

  • Aus dieser Gleichung ergibt sich auch die Abhängigkeit des Rissmoments von dem Abstand zwischen Zugrand und Schwerpunkt des Querschnitts. Nimmt dieser zu, nimmt auch das Rissmoment zu.

Nachweis

Im Rahmen des Nachweises wird überprüft, ob die Bewehrung allein die Zugspannungen nach der Erstrissbildung aufnehmen kann. Als Beanspruchung werden das Rissbildungsmoment und etwaige Normalkräfte angesetzt. Die Berücksichtigung von Vorspannkräften bei der Ermittlung der Mindestbewehrung ist nicht zulässig[1].

Das Rissmoment ergibt sich nach folgender Gleichung:

wobei:

Rissbildungsmoment
mittlere Betonzugfestigkeit
Normalkraft (als Zugkraft positiv)
Bruttoquerschnittsfläche Beton
Flächenmoment 2. Grades vor Rissbildung (Zustand I)
Schwerachsenabstand bis zum Zugrand im Zustand I

Die Mindestbewehrung kann anschließend wie folgt ermittelt werden:

wobei:

Querschnittsfläche der Mindestbewehrung
auf die Schwerelinie der Bewehrung bezogenes Rissmoment
Hebelarm der inneren Kräfte nach der Rissbildung (Zustand II)
charakteristische Zugfestigkeit der Bewehrung

Ist keine Normalkraft vorhanden, vereinfachen sich die Gleichungen folgendermaßen:

Da es sich bei dem Nachweis der Mindestbewehrung zur Sicherstellung der Duktilität nicht um einen Nachweis der Tragfähigkeit, sondern einen zur Sicherstellung eines ausreichenden Ankündigungsverhaltens handelt, darf mit der charakteristischen Stahlzugfestigkeit fyk und der mittleren Betonzugfestigkeit fctm gerechnet werden [1].

Quellen

  1. 1,0 1,1 1,2 Deutscher Aussschuss für Stahlbeton: Erläuterungen zu DIN EIN 1992-1-1 und DIN EN 1992-1-1/NA (Eurocode 2); DAfStb Heft 600
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