Mitwirkende Plattenbreite - Vergleichsrechnung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Auswertung des Vergleichs ergibt, dass die aktuellen Normen bis auf kleine Ausnahmen gegenüber der FE-Berechnung sehr auf der sicheren Seite liegen. Die Ergebnisse der Normen unterscheiden sich selbst nur wenig voneinander, liegen jedoch auch verglichen zum Eurocode sehr auf der sicheren Seite. Ein Einsparpotenzial liegt damit allein schon unter Betrachtung der Normen vor. <br />
 
Die Auswertung des Vergleichs ergibt, dass die aktuellen Normen bis auf kleine Ausnahmen gegenüber der FE-Berechnung sehr auf der sicheren Seite liegen. Die Ergebnisse der Normen unterscheiden sich selbst nur wenig voneinander, liegen jedoch auch verglichen zum Eurocode sehr auf der sicheren Seite. Ein Einsparpotenzial liegt damit allein schon unter Betrachtung der Normen vor. <br />
 
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Als Beispiel wird der Unterschied der Bewehrungsmenge für einen symmetrischen Plattenbalken (Fall 3) als Einfeldträger zwischen dem Eurocode und der NZS-Norm berechnet. Als Belastung wird 800kNm angenommen.  <br />
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Als Beispiel wird der Unterschied der Bewehrungsmenge für einen symmetrischen Plattenbalken (Fall 3) als Einfeldträger zwischen dem Eurocode und der NZS-Norm berechnet. Als Belastung wird 1000kNm angenommen.  <br />
 
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Vergleich: Die Längsbewehrung in der Biegezugzone würde nach beiden Normen etwa dasselbe Ergebnis ergeben. Der große Unterschied zwischen den Ergebnissen ist, dass nach der neuseeländischen Norm zusätzlich eine Bewehrung in der Biegedruckzone nötig wird.
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Version vom 20. November 2022, 21:05 Uhr


Geschichtliche Entwicklung der Berechnung der mitwirkenden Plattenbreite und Vergleich zwischen den Berechnungsmethoden des letzten Jahrhunderts, dem Eurocode, der Berechnung in anderen Ländern und einer FE-Berechnung.


Geschichtliche Entwicklung bis zum Eurocode

Die folgende Auflistung dient einem Überblick über die geschichtlichen Entwicklung zur Berechnung der mitwirkenden Plattenbreite. Die Formeln entsprechen keiner aktuell geltenden Norm und werden in der Vergleichsrechnung mit dargestellt. Es handelt sich jeweils um Annäherungsformeln, die einerseits das Problem möglichst genau darstellen sollen, andererseits aber für den täglichen Gebrauch entwickelt wurden. Der Kompromiss, dass die Ergebnisse nicht immer die wirtschaftlichste Lösung darstellen, wurde und wird auch heute im normalen Hochbau hingenommen.


1906

Erste Erwähnung im "Eisenbetonbau" als anwendbarer Leitsatz nach Mörsch [1]

1918

Erste Normung innerhalb der 1918 veröffentlichten "Deutschen Industrie Norm" nach Frank. [2]

1943

Timoshenko's Elastizitätstheorie führt zur "strengen Theorie des Plattenbalkens", die mittels AIRYscher Spannungsfunktion berechnet werden kann. Die Berechnung ist jedoch sehr umständlich, daher gelten fortan die deutschen Bestimmungen nach Schleicher [3]

1960

Brendel fasst im Jahr das Wissen um die mitwirkende Plattenbreite kompakt zusammen. Der Fachartikel "Die mitwirkende Plattenbreite nach Theorie und Versuch" ist noch heute von großer Bedeutung. Lässt man FE-Methoden außen vor, sind die Betrachtungen aus 1960 in Kombination mit den sich darauf beziehenden Untersuchungen von Leonhardt die genausten Näherungen. So lässt sich die bezogenen mitwirkende Plattenbreite () über die Verhältnisse und bestimmen.


Bestimmung der bezogenen mitwirkenden Plattenbreite (nach Leonhardt)

Hieraus ergibt sich dann mithilfe der Tabelle der bezogenen mitwirkenden Plattenbreite, die angenäherte mitwirkende Plattenbreite. Über die Berücksichtigung der Plattendicke wird hier auch die Biegesteifigkeit der Platte einbezogen. Zudem wird die Art des Systems einberechnet.
Auch einschnürungserzeugende Einzellasten werden erstmals über einen Abminderungsfaktor η berücksichtigt. Aus der Tabelle ist abzulesen, dass die Einschnürung vor allem bei kleinen Stützweiten einen Einfluss hat und abgemildert werden muss. [4] [5] Je größer die Stützweite im Verhältnis zur Plattenbreite ist, desto kleiner ist der zu berücksichtigende Einfluss der Einschnürung. Dieses Tragverhalten wird später auch von Schleeh aufgezeigt. [6]

Abminderungsfaktor η für konzentrierte Einzellasten
bi / l0 2,0 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,1
η 0,6 0,61 0,62 0,63 0,65 0,7 0,9

1978

Bestimmung der bezogenen mitwirkenden Breite im Stützbereich(S) und Feldbereich(F) nach DIN 1075 (angelehnt an Grasser

In der DIN 1075 für Betonbrücken aus dem Jahr 1978 ist die Elastizitätstheorie Grundlage der Berechnung. Der Plattenbalken wird demnach getrennt betrachtet, sodass an den Verbindungsstellen zwischen Platte und Balken nur Schubkräfte übertragen werden können. [7] Diese Längsdruckspannungen nehmen dann nach Scheibentheorie mit Abstand zum Balken ab. Die DIN 1075 unterscheidet dabei zwei Fälle:

1. -> Die Platte darf über die gesamte Breite als mittragend angesetzt werden.
1. -> Ermittlung der mittragenden Plattenbreite mittels folgender Formel:

1980 -

Ab 1980 machen vor allem die computergestützten Berechnungsmethoden mittels finiten Elementen große Fortschritte. Auch hier handelt es sich bei der Berechnung um Annäherungen und bis heute gilt der Plattenbalken als eines der schwierigsten Probleme im Stahlbetonbau. Die FE-Berechnungen sind dabei sehr genau, allerdings auch aufwendig und kommen vor allem bei Sonderbauten zum Einsatz. [8] [9]


Berechnung außerhalb des Eurocodes

Die Normen zur Berechnung der mitwirkenden Plattenbreite variieren in den verschiedenen Ländern der Welt. Viele orientieren sich dabei am Eurocode, einige am ACI, andere Länder nutzen veraltete Näherungsmethoden. Folgend sollen einige aktuelle Formeln aus Normen aller Welt vorgestellt werden.

USA – ACI 318-19 [10]

Canada – CSA A23.3-04 [11]

Neuseeland – NZS 3101-2006 [12]

Großbritannien – BS 8110-1:1997 [13]

Indien – IS 456-2000 [14]

Japan – JSCE 2007 [15]


Vergleichsrechnungen

Methodik

Zur besseren Beurteilung der verschiedenen Berechnungsvarianten, wird eine Vergleichsrechnung zwischen den geschichtlichen Methoden und den aktuellen Normen aller Welt durchgeführt. Dabei soll dargestellt werden, ob sich die verschiedenen Annäherungsformeln mit denen aus dem Eurocode und der FE-Berechnung decken und welche Abweichungen es gibt. Es werden jeweils das Innenfeld eines Durchlaufträgers von mehreren Plattenbalken des normalen Hochbaus betrachtet, die mit einer konstanten Streckenlast belastet werden. Übliche Vorgehensweise beim Vergleich der Ergebnisse ist die Nutzung der bezogenen mitwirkenden Plattenbreite (y-Achse) und dem Verhältnis zwischen der maximalen Plattenbreite zur Stützweite (x-Achse). Da nicht jede Norm als Anhaltspunkt für die Berechnung enthält, werden die Momentennulldurchgänge in den jeweiligen Berechnungen separat berechnet.
Die Querschnitt ergeben sich aus den dimensionslosen Parametern , und . Auf diese Weise können möglichst viele Parameter innerhalb einer Berechnung berücksichtigt werden und Fehler würden deutlicher abzulesen sein. Die drei betrachteten Querschnitte haben folgende Abmessungen:

Abmessungen der Querschnitte
Fall Q1 Q2 Q3
10 15 20
0,75 0,7 0,65
0,4 0,3 0,2

Geschichtlicher Vergleich

Vergleich aktueller Normen

Auswertung

Die Auswertung des Vergleichs ergibt, dass die aktuellen Normen bis auf kleine Ausnahmen gegenüber der FE-Berechnung sehr auf der sicheren Seite liegen. Die Ergebnisse der Normen unterscheiden sich selbst nur wenig voneinander, liegen jedoch auch verglichen zum Eurocode sehr auf der sicheren Seite. Ein Einsparpotenzial liegt damit allein schon unter Betrachtung der Normen vor.

Potenzial

Als Beispiel wird der Unterschied der Bewehrungsmenge für einen symmetrischen Plattenbalken (Fall 3) als Einfeldträger zwischen dem Eurocode und der NZS-Norm berechnet. Als Belastung wird 1000kNm angenommen.
Querschnitt und System:








Eurocode:











NZS:











Vergleich: Die Längsbewehrung in der Biegezugzone würde nach beiden Normen etwa dasselbe Ergebnis ergeben. Der große Unterschied zwischen den Ergebnissen ist, dass nach der neuseeländischen Norm zusätzlich eine Bewehrung in der Biegedruckzone nötig wird.

Quellen

  1. Mörsch E.: Der Eisenbetonbau: Seine Theorie und Anwendung. Stuttgart, 1906
  2. Frank, W.: Eisenbetonbau: Kurzgefasstes Lehrbuch unter besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse der Praxis. 2. vollständig umgearbeitete Auflage. Stuttgart : Verlag von Konrad Wittwer, 1914
  3. Schleicher, Ferdinand: Taschenbuch für Bauingenieure. Berlin, Heidelberg : Springer Berlin Heidelberg, 1955. – ISBN 978–3–642–88349–1
  4. Brendel, G.: Die mitwirkende Plattenbreite nach Theorie und Versuch. In: Beton- und Stahlbetonbau 55 (1960), Nr. 8, S. 177–185. – ISSN 00059900
  5. Leonhardt, Fritz ; Mönnig, Eduard: Vorlesungen über Massivbau. Berlin, Heidelberg : Springer Berlin Heidelberg, 1973. – ISBN 978–3–540–06488–6
  6. Schleeh, W.: Die mitwirkende Plattenbreite aus der Sicht neuer Erkenntnisse. In: Beton- und Stahlbetonbau 68 (1973), Nr. 7, S. 175–179. – ISSN 00059900
  7. Grasser, E. ; Moosecker, W.: Hilfsmittel zur näherungsweisen Bestimmung der mitwirkenden Breite von Plattenbalken im Stahlbetonbau. In: Beton- und Stahlbetonbau 77 (1982), Nr. 6, S. 164–167. – ISSN 00059900
  8. Loo, Y.-C ; Sutani ; T.D.: Effective flange width formulas for T-beams. In: Concrete International. Design and Construction 8 (1986), Nr. 2, S. 40–45
  9. Utku, M. ; Aygar, A.: Investigation of Effective Flange Width Formulas for T-Beams. In: Topping, B.H.V. (Hrsg.) ; Bittnar, Z. (Hrsg.): Proceedings of the Sixth International Conference on Computational Structures Technology, Civil-Comp PressStirlingshire, UK, 2002 (Civil-Comp Proceedings)
  10. ACI 318-19: Building Code Requirements for Structural Concrete. American Concrete Institute
  11. CSA A23.3-04: Design of concrete structures. Mississauga, Ont. : Canadian Standard Association, 2004 (CSA standard). – ISBN 1–55397–559–6
  12. NZS 3101.1&2:2006: Concrete Structures Standard - Code of Practise for the Design of Concrete Structures. Wellington, 2006
  13. BS 8110-1:1997: Structural use of concrete. Code of practice for design and construction. 2nd ed. London : British Standards Institution, 2007 (British standard). – ISBN 9780580598937
  14. IS 456:2000 Indian Standard: Plain and Reinforced Concrete - Code of Practise. New Delhi : Bureau of Indian Standards, 2007
  15. JSCE 2007:15: Standard Specifications for Concrete Structures: "Design". To- kio : Japan Society of Civil Engineers, 2010


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