Momentenabminderung an Zwischenauflagern und bei Einzelfundamenten: Unterschied zwischen den Versionen
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Zur Berücksichtigung von Idealisierungen und unbeabsichtigten Abweichungen müssen Mindestwerte der Stützmomente eingehalten werden. Nach EC2 im Teil 1-1 Absatz 5.3.2.2 dürfen die Momente am Rand des Auflagers nicht kleiner sein als 65 % des Moments bei Annahme einer vollen Randeinspannung.<ref name="Lohmeyer" /> <ref name="EC2" /> <ref name="Schneider" /> <br/ > | Zur Berücksichtigung von Idealisierungen und unbeabsichtigten Abweichungen müssen Mindestwerte der Stützmomente eingehalten werden. Nach EC2 im Teil 1-1 Absatz 5.3.2.2 dürfen die Momente am Rand des Auflagers nicht kleiner sein als 65 % des Moments bei Annahme einer vollen Randeinspannung.<ref name="Lohmeyer" /> <ref name="EC2" /> <ref name="Schneider" /> <br/ > |
Version vom 9. April 2024, 15:57 Uhr
Um ein Bauwerk berechnen zu können, werden zuerst die tragenden Elemente idealisiert, um ein statisches System zu erhalten. Mit diesem System können dann die Schnittkräfte ermittelt werden. Bei der tatsächlichen Auflagerung handelt es sich jedoch niemals um eine Punktlagerung wie in der angenommenen Idealisierung, sondern um Auflager mit einer bestimmten Breite. Um eine Überbemessung der maximalen Momente an Zwischenauflagern und bei Einzelfundamenten zu verhindern, wurden Vorgehensweisen festgelegt, nach denen sie abgemindert werden dürfen. [1]
Momentenabminderung an Zwischenauflagern
Da die idealisierten Auflager von Durchlaufträgern nicht der tatsächlichen Auflagerung entsprechen, darf eine Abminderung des rechnerischen Stützmomentes über die Auflagerbreite erfolgen. Die Momentenabminderung an Zwischenauflagern wird im EC2 Teil 1-1 Absatz 5.3.2.2 geregelt. Es wird unterschieden zwischen einer frei drehbaren Lagerung und einem monolithischen Anschluss. [1] [2]
Das rechnerische Stützmoment darf um den Betrag abgemindert werden, unter der Voraussetzung, dass bei der Berechnung der Stütztmomente die effektive Stützweite zwischen den Auflagermitten ermittelt wurde. [1]
Abminderung bei frei drehbarer Lagerung
Bei einer frei drehbaren Lagerung darf das Stützmoment parabelförmig über die Auflagerbreite ausgerundet werden. Die Abminderung des maximalen Stützmomentes wird aus der Auflagerkraft bzw. dem Querkraftsprung der tatsächlichen Auflagerbreite errechnet. Der maßgebende Bemessungsschnitt liegt dabei weiterhin in der Mitte des Auflagers. Ein Beispiel für ein frei drehbares Lager wäre die Auflagerung einer Decke auf einer Mauerwerkswand. [3]
Das abgeminderte Moment berechnet sich nach folgenden Formeln:
wobei:
∆MEd ... Abminderung des Stützmomentes FEd,sup ... Bemessungswert der Auflagerreaktion t ... Auflagerbreite M'Ed ... Abgemindertes Stützmoment MEd ... ideelles Spitzenmoment
Abminderung bei einem monolithischen Anschluss
Bei einer monolithischen Verbindung zwischen Platte und Auflager darf das maßgebende Stützmoment am Rand der des Auflagers angenommen werden. Es wird das Moment über beiden Auflagerrändern ermittelt und mit dem Größeren weitergerechnet. Um das Moment am Auflagerrand zu erhalten wird das Spitzenmoment um die Querkraftfläche im Bereich des Auflagers (blau markierte Fläche im Bild) verringert. Die trapezförmige Fläche kann vereinfacht als Rechteck angenommen werden.[1]
Das stützende Bauteil muss eine Vergrößerung der statischen Nutzhöhe von mindestens 1:3 (Neigung) zulassen. Ist die Nutzhöhenvergrößerung unter der Neigung nicht möglich, kann das ausgerundete Moment in Auflagermitte maßgebend werden. Ein Beispiel für einen monolithischen Anschluss wäre die indirekte Auflagerung einer Decke auf einen Stahlbetonunterzug. [1] [3]
Das abgeminderten Momente berechnen sich nach folgenden Formeln:
wobei:
MEd ... ideelles Spitzenmoment t ... Auflagerbreite MEd,I ... Bemessungs-Stützmoment am linken Auflagerrand MEd,II ... Bemessungs-Stützmoment am rechten Auflagerrand VEd,li ... Bemessungsquerkraft am linken Auflagerrand VEd,re ... Bemessungsquerkraft am rechten Auflagerrand
Mindestmomente
Zur Berücksichtigung von Idealisierungen und unbeabsichtigten Abweichungen müssen Mindestwerte der Stützmomente eingehalten werden. Nach EC2 im Teil 1-1 Absatz 5.3.2.2 dürfen die Momente am Rand des Auflagers nicht kleiner sein als 65 % des Moments bei Annahme einer vollen Randeinspannung.[1] [2] [3]
Daraus folgt:
wobei:
min MEd ... Mindestbemessungsmoment M0 ... Volleinspannung am Auflagerrand mit der lichten Stützweite ln
Für eine gleichmäßig verteilte und konstante Streckenlast, erhält man folgende Formeln für das Mindestbemessungsmoment:
wobei:
min MEd ... Mindestbemessungsmoment Fd ... gleichmäßig verteilte Bemessungslast ln ... lichte Weite zwischen den Auflagern
Momentenabminderung bei Einzelfundamenten
Da die abzutragenden Kräfte über eine Stütze mit einer gewissen Breite in das Fundament eingeleitet werden, können ähnlich wie bei den Zwischenauflagern die Spitzenmomente abgemindert werden. Wichtig ist, dass die Vereinfachungen nur für zentrisch belastete Einzelfundamente gelten, da in den Berechnungsansätzen von einer gradlinigen Verteilung der Bodenpressung ausgegangen wird. Unterschieden wir hierbei zwischen der Abminderung bei nicht biegefesten und biegefesten Verbindungen zwischen Stütze und Fundament. [4]
Ideelles Spitzenmoment
Bei der Berechnung des ideellen Spitzenmomentes wird die Breite der lasteinleitenden Stütze nicht berücksichtigt und das Moment im Fundament am idealisierten System berechnet.[4]
Um die nachfolgenden Momentenabminderung besser verstehen zu können, wird die allgemeine Formel zur Bestimmung des maximalen Momentes hergeleitet:
wobei:
Mmax ... maximales Spitzenmoment N ... Normalkraft aus der Stütze bx ... Fundamentbreite in x-Richtung
In der ersten Schritt sind die einzelnen Faktoren der zur Ermittlung des Spitzenmomentes aufgeführt und im Zweiten wird die Formel zusammengefasst. Der Bemessungsschnitt liegt in der Mitte des Fundamentes. Mit N/bx wir die Normalkraft aus der Stütze auf die Fundamentbreite verteilt, sodass man die Bodenpressung erhält. Danach wird die verteilte Normalkraft mit der halben Fundamentbreite bx/2 multipliziert, um die resultierende Kraft zu erhalten, die das maximale Moment erzeugt (roter Pfeil im Bild). Um das Moment zu erhalten, muss noch mit dem Hebelarm bx/4 multipliziert werden.[4]
Ausrundungsmoment bei einer nicht biegefesten Verbindung zwischen Stütze und Fundament
Handelt es sich um eine nicht biegefeste Verbindung zwischen Stütze und Einzelfundament (es können keine Biegemomente aus der Stütze in das Fundament übertragen werden), darf das Ausrundungsmoment ermittelt werden. Bei der Berechnung wird nicht mehr nur eine Einzellast angesetzt, sondern die Normalkräfte werden gleichmäßig über die Stützbreite verteilt. Der Bemessungsschnitt liegt dabei weiterhin in der Mitte des Fundamentes und der Stütze.[4]
Das Ausrundungsmoment wird aus folgenden Formeln hergeleitet:
wobei:
Mmax ... maximales Ausrundungsmoment N ... Normalkraft aus der Stütze bx ... Fundamentbreite in x-Richtung cx ... Stützenbreite in x-Richtung
Der Unterschied zur Ermittlung des ideellen Spitzenmoments liegt in der Berücksichtigung der Auflagerbreite. Es entsteht eine zweite resultierende Kraft aus der Verteilung der Normalkräfte über die Breite der Stütze, welche dem Moment aus der Boddenpressung entgegenwirkt. Dadurch wird das maximale Moment im Fundament kleiner und somit ausgerundet. Das entgegengesetzt drehende Moment berechnet sich analog zu dem aus der Sohlpressung. Die Normalkraft wird über die Breite verteilt N/cx, dann mit der halben Stützenbreite bx/2 und dem Hebelarm cx/4 multipliziert. Die Formel wird in mehreren Schritten vereinfacht und umgestellt, um auf die Schreibweise aus dem Heft 631 des Deutschen Ausschusses für Stahlbetonbau (kurz: DAfSbt) zu kommen.[4]
Anschnittmoment bei einer biegefesten Verbindung zwischen Stütze und Fundament
Wenn die Stütze und das Einzelfundament monolithisch miteinander verbunden sind, dann können Biegemomente aus der Stütze in das Fundament übertragen werden und es darf das Anschnittmoment ermittelt werden. Aufgrund der biegefesten Verbindung und der daraus folgenden höheren Steifigkeit sind die Krümmungen direkt im Stützenbereich so gering, dass sie für die Bemessung nicht mehr maßgebend sind. Dabei rutscht der Berechnungsschnitt an die beiden Ränder der Stütze.
Das Anschnittmoment wird aus folgenden Formeln hergeleitet:
wobei:
Mmax ... maximales Anschnittmoment N ... Normalkraft aus der Stütze bx ... Fundamentbreite in x-Richtung cx ... Stützenbreite in x-Richtung
Da der Bemessungsschnitt im Anschnittsbereich liegt, erzeugt nur noch der Sohldruck links und rechts von der Stütze ein Moment. Die Formel setzt sich aus den selben Gleichgewichtsbedingungen wie beim Ausrundungsmoment zusammen. Nur die Abstände müssen anders ermittelt werden, da sich der Schnitt verschoben hat. Die Formel wird wieder mehreren Schritten vereinfacht, um auf die Schreibweise aus dem Heft 631 (DAfSbt) zu kommen.[4]
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 BAAR, STEFAN und EBELING, KARSTEN: Lohmeyer Stahlbetonbau Bemessung - Konstruktion – Ausführung, Springer Vieweg Wiesbaden, 2016
- ↑ 2,0 2,1 DIN EN 1992-1-1 | 2011-01 - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau - Absatz 5.3.2.2: Idealisierung und Vereinfachung - Betontragwerken; Schnittgrößenermittlung
- ↑ 3,0 3,1 3,2 ALBERT, ANDREJ: Schneider - Bautabellen für Ingenieure, 24. Auflage, Reguvis, 2020
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 BOLLE, GUIDO : Themenkomplex 9, Stahlbetonbau II, Hochschule Wismar, Vorlesungsunterlagen, 2022
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