Bauordnungsrecht

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Wesentlicher Bestandteil des Bauordungsrechts als Recht der Gefahrenabwehr ist die Festlegung von Anforderungen an bauliche Anlagen und Bauprodukte. Diese Anforderungen an bauliche Anlagen und Bauprodukte sind in den Landesbauordnungen (LBO) festgelegt und orientieren sich strukturell und inhaltlich an der Musterbauordnung (MBO), welche von der ARGEBAU ausgearbeitet und aktualisiert wird.
Die Musterbauordnung muss durch die Länder gegebenenfalls mit länderspezifischen Anpassungen umgesetzt werden. Mit dem letzten Änderungsbeschluss der MBO erfolgte eine Anpassung der bauordnungsrechtlichen Bestimmungen an das europäische Bauproduktenrecht aufgrund eines Gerichtsurteils des europäischen Gerichtshofes Rechtssache C-100/13 vom 16.10.2014, welches die zusätzliche Erhebung von nationalen Anforderungen für CE-gekennzeichnete Bauprodukte für unzulässig erklärte.


Definitionen und Begriffe

Für die bauordnungsrechtliche Einordnung von Bauprodukten und Bauarten sind einige zum Teil neue Definitionen der MBO sinngemäß zu beachten:

  • Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen, auch wenn diese nur durch eigene Schwere auf dem Boden ruhen - § 2 (1) MBO
  • Bauprodukte sind Produkte, Baustoffe, Bauteile sowie Bausätze, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden und deren Verwendung sich auf die Anforderungen an bauliche Anlagen nach § 3 MBO auswirken kann - § 2 (10) MBO.
  • Eine Bauart ist das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen - § 2 (11) MBO.
  • Bauprodukte werden verwendet, Bauarten werden angewendet - § 16a und § 16b MBO.

Anforderungen an Bauprodukte und Bauarten

Nach § 16a und § 16b MBO dürfen Bauarten nur angewendet bzw. Bauprodukte nur verwendet werden, wenn dabei die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung während einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer die Anforderungen der MBO oder aufgrund der MBO erfüllen und für ihren Anwendungszweck tauglich sind. Nach § 3 (1) MBO sind die zu erfüllenden Anforderungen an bauliche Anlagen folgende Punkte:[1]

  • Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
  • Ausschluss von Gefahren für Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen.

Diese allgemeinen Anforderungen werden durch die Grundanforderungen an Bauwerke nach der Bauproduktenverordnung konkretsiert. Dieses sind unter anderem:[2]

  • mechanische Festigkeit und Standsicherheit
  • Brandschutz
  • Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz
  • Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung
  • Schallschutz
  • Energieeinsparung und Wärmeschutz
  • nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen

Nach § 16a (2) und § 17 (1) MBO ist im Umkehrschluss von der Erfüllung dieser Anforderungen auszugehen, wenn Bauarten und Bauprodukte allgemein anerkannten Regeln der Technik oder bauaufsichtlich eingeführten technischen Baubestimmungen entsprechen. Die bauaufsichtlich eingeführten technischen Baubestimmungen wurden bisher in den Bauregellisten (BRL) und den Musterlisten der Technischen Baubestimmungen (ML TB) zusammengestellt. Im Zuge der letzten Änderung der MBO wurde die Bauregelliste B Teil 1 aufgehoben und die verbleibenden Listen in die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) überführt. Die Umsetzung der MVV TB wurde inzwischen von den meisten Bundesländern vollzogen. Weichen Bauarten von eingeführten technischen Baubestimmungen ab und entsprechen sie auch nicht allgemein anerkannten Regeln der Technik oder gibt es diese nicht, ist nach § 16a (2) MBO eine allgemeine oder vorhabenbezogene Bauartgenehmigung erforderlich. Weichen Bauprodukte von eingeführten technischen Baubestimmungen ab und entsprechen sie auch nicht allgemein anerkannten Regeln der Technik oder gibt es diese nicht, so ist nach § 17 MBO eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder eine Zustimmung im Einzelfall erforderlich.

Erläuterungen am Beispiel von Elementdecken

Die genannten Definitionen und Begriffe sollen am Beispiel von Elementdecken erläutert werden:

  • Ein Gebäude ist eine bauliche Anlage, da dieses durch eigene Schwere auf dem Boden ruht.
  • Geschossdecken sind ein Teil des Gebäudes und somit ein Teil der baulichen Anlage.
  • Die Ausgangsstoffe Beton, Gitterträger und Betonstahl sind Bauprodukte, wobei Gitterträger und ein Teil des Betons und Betonstahles zum Bauprodukt Fertigteilplatte bzw. Fertigteilelement vorgefertigt werden. Die Fertigteilelemente sind weiterhin Bauprodukte, da sie hergestellt werden, um in bauliche Anlagen eingebaut zu werden (Definition Bauprodukt).
  • Das weitere Zusammenfügen der Bauprodukte Fertigteilelement, Betonstahl und Ortbeton zu einer Geschossdecke (Teil der baulichen Anlage) erfüllt die Definition einer Bauart.
  • Das Rohbauunternehmen, welches die Herstellung der Geschossdecke übernimmt, ist daher per Definition der Anwender der Bauart.

Die bauordnungsrechtliche Anwendbarkeit/Verwendbarkeit der Bauart/Bauprodukte in Bezug auf Elementdecken wird durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen bescheinigt, welche gleichzeitig eine allgemeine Bauartgenehmigung darstellen. Diese werden vom Deutschen Institut für Bautechnik erarbeitet und erteilt. Regelungsgegenstand des Zulassungsteiles ist der Gitterträger für den Einbau in Fertigplatten mit statisch mitwirkender Ortbetonschicht.

Quellen

  1. DIBt (19.02.2019): Musterbauordnung (MBO) in der Fassung von November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 13.05.2016. [Online]. https://www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/ Rechtsgrundlagen /MBO_2016_Gesamt.pdf
  2. DIBt (19.02.2019): Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011. Deutsche Fassung vom 4.4.2011. [Online]. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02011R0305-20140616


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