Wiederverwendung von Stahlbetonbauteilen

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Stahlbeton ist aus dem Bauwesen nicht mehr weg zu denken. Neben seinen zahlreichen Vorteilen, besitzt er einen großen Nachteil. Die Herstellung von Stahlbeton belastet stark die Umwelt. Es sollte daher das Bestreben sein, die vorhandenen Stahlbetonkonstruktionen möglichst langfristig zu nutzen. Vorwiegend Stahlbetonfertigteile biete das Potenzial, sie nach dem Ende der Nutzung in Gänze aus dem Gefüge zu lösen und anschließenden einer weiteren Verwendung zukommen zu lassen.

Feststellung der Wiederverwendungseignung

Allgemein werden gegenwärtig an demontierte Fertigteile, die für die Wiederverwendung vorgesehen sind, die gleichen Ansprüche gestellt, wie an Fertigteile, die nach Eurocode 2 (EC 2) bemessen sind. Das gilt auch für den Beton; dieser ist nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 zu behandeln. Damit wird ein einheitliches Sicherheitsniveau erzielt, unter der Betrachtung der Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit sowie Dauerhaftigkeit [1].

Bauteile, dessen Ziel die Wiederverwendung ist, müssen über eine bestimmte Qualität Verfügen und sind auf Eignung zu untersuchen. Ein Verfahren zur Beurteilung der Stahlbetonbauteile gliedert den Ablauf in vier Untersuchungsstufen:

  • 1. Nullstufe
  • 2. Eignungsprüfung
  • 3. Hauptprüfung
  • 4. Zusatzprüfung [2]

Zudem kann definiert werden, dass die Möglichkeit der Demontage von vier Grundbedingungen abhängt [2]:

  • 1. Gewährleistung der Zugänglichkeit und der Demontierbarkeit,
  • 2. Nachweis ausreichender Restgebrauchseigenschaften und Prognose derRestnutzungsdauer der Bauparts,
  • 3. Gewährleistung der Standsicherheit der Konstruktion während des Demontagevorganges und danach,
  • 4. Sicherung der Remontierbarkeit.

(Angelika Mettke: Wiederverwendung von Bauelementen des Fertigteilbaus: Auflage 1).

Nullstufe

Sie beschäftigt sich mit der 1. Grundbedingung. Ihr Ziel ist die Feststellung, ob eine generelle Möglichkeit der Demontage besteht. Es sind dabei, die zur Wiederverwendung gewünschten Bauteile mit Hilfe bestehender Unterlagen auf die Geschichte, Konstruktionsmerkmale und örtlich Begebenheiten zu überprüfen [2].

Eignungsprüfung

Im Rahmen der zweiten Stufe wird der Bauteilzustand beurteilt und bewertet. Daraus ergibt sich eine vorläufige Einschätzung, ob die Wiederverwendung sinnvoll und realisierbar ist. Dies geschieht unter Betrachtung der Grundbedingungen 2, 3, und 4 [1] [2].

Hauptprüfung

Die Prüfungen im Rahmen dieser Stufe erfolgen nach der Entnahme der Bauteile aus dem Baukörper. Hauptaugenmerk liegt hier auf eventuellen, vorher nicht sichtbaren Schäden oder Schäden, die durch den Rückbau aufgetreten sind [1].

Zusatzprüfung

Die nachfolgenden Prüfungen beschäftigen sich insbesondere mit Veränderungen und Schäden, die sich aus den Transport-Umschlag-Lagerungs-Prozessen ergeben. Die wesentlichen Betrachtungen richten sich auf das Rissbild und dessen Veränderung [1].

Schäden von Stahlbetonfertigteilen

Aufgrund von diversen Beanspruchungen, kommt es zwangsläufig bereits während der Erstnutzung zu Bauteilschäden. Durch den Prozess des Rückbaus und anschließendem erneutem Einsatz, entstehen weitere Formen der Beeinträchtigung. Ausschlaggebend für den Umfang der Schädigung ist dabei meist eine Kombination mehrerer Faktoren [2]. Häufige aurtreten Mängeln sind:

  • Betonabplatzungen oder Strukturschäden infolge unsachgemäßer De- und Remontage,
  • Verschleiß durch hohe Beanspruchungen während der Erstnutzung (mechanisch, witterungsbedingt, ...),
  • Risse die die Dauerhaftigkeit gefährden,
  • Korrosion durch freiliegen der Bewehrung und
  • Verformungen [3].

Die Beschädigung eines Bauteils ist kein direkter Grund für eine Aussonderung. Es gilt zu betrachten, wie groß das Ausmaß ist und in welcher Schwere die Schäden vorliegen. Danach ergibt sich, inwieweit das Bauteil beeinträchtigt ist. Anschließend lässt sich feststellen, ob eine Aufarbeitung lohnenswert ist oder, ob die Wiederverwendung unter minderen Ansprüchen eine bessere Alternative darstellt. Erst nach abwägung aller Einsatzmöglichkeiten sollte ein demontiertes Stahlbetonfertigteil dem Recycling zugeführt werden.

Planung mit Demontagebauteilen

Die Umsetzung eines Bauvorhabens unter der Verwendung von demontierten Betonfertigteilen erfordert einen höheren Planungsaufwand. Imgegensatz zum Neubau ist es erforderlich das die Zwischenlagerung, der Transport und die Einbaureihenfolge gewissenhaft Koordiniert wird um Verzögerung bspw. durch Umschichten zu vermeiden. Um den Planungsaufwand in Maßen zu halten, sollte auf Umstände, die einen Mehraufwand mit sich bringen, speziell im Hinblick auf die Anpassung von Fertigteilen, verzichtet werden. Die Fertigteile sollten in ihrer vorhandenen Geometrie und ihren Abmessungen Verwendung finden. Das Ergänzen oder Reduzieren von Bauteilen bringt einen zusätzlichen Aufwand mit sich, der vermeidbar ist. Eine Alternative zur Anpassung der Bauteile stellt die Verwendung von bspw. Mauerwerk dar. Durch die Anwendung können Angleichungen wie bspw. das Verlängern einer Wand vorgenommen werden [3].

Um eine bestmögliche Umsetzung zu erlangen, empfiehlt es sich, dass das Rückbauvorhaben an das Neubauvorhaben gekoppelt ist. Der Architekt bzw. Planer hat dadurch die Möglichkeit, die Gestaltung des Bauvorhabens an das vorhandene Betonfertigteilesortiment anzupassen, um Angleichungen zu vermeiden. Darüber hinaus kann erzielt werden, dass die Vorteile des industriellen Bauens erhalten bleiben [3].

Bei einer Neuplanung sollte Beachtung finden, wie die Gebäude nach dem Ende ihres Lebenszyklus möglichst effizient zerlegt werden können. Bereits zum Beginn sind planerische Vorkehrungen für eine erneute Wiederverwendung zu treffen und zu berücksichtigen [4].

Allgemein gelten für demontierte Bauteile dieselben Anforderungen wie für neu hergestellte Fertigteile. Dementsprechend sind gewisse bautechnische Unterlagen unerlässlich. Ergänzend werden bei der Wiederverwendung weitere Angaben erforderlich (siehe nachstehender Quelle) [1].

Einsatzmöglichkeiten

Die Mehrheit, der bislang durchgeführten De- und Remontage-Projekte, verwendeten Fertigteile aus dem Großtafelbau der ehemaligen DDR. Es zeigte sich, dass der Einsatz der rückgewonnenen Bauteile, in Abhängigkeit des Zustandes, dem der Erstnutzung entsprechen oder eine andere Verwendung fanden. Denkbar und bereits realisierte Einsatzbereiche sind:

  • Hochbau (Wohngebäude, Vereinsgebäude, Unterstände)
  • Garten- und Landschaftsbau (Wegbefestigung, Gestaltung)
  • Landwirtschaft (Befestigungen, Siloanlagen, Überquerungen) [5].

Ouellen

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Landesamt für Bauen und Verkehr, Dezernat 35 – Bautechnisches Prüfamt.: Wiederverwendung von Fertigteilen aus Beton, Stahl- und Spannbeton. Cottbus, 24.08.2012.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 METTKE, A.: Wiederverwendung von Bauelementen des Fertigteilbaus. Eberhard Blottner Verlag, Taunnusstein, 1. Auflage, 1995.
  3. 3,0 3,1 3,2 HEYN, S.; METTKE, A; THOMAS, C.: Rückbau industrieller Bausubstanz – Großformatige Betonelemente im ökologischen Kreislauf: Teil 2: Wieder- und Weiterverwendung großformatiger Betonbauteile. Brandenburgische Technische Universität Cottbus, 2008.
  4. PAANANEN, T. SUUR-ASKOLA, P.: Ist die Baubranche bereit für die Kreislaufwirtschaft?: Peikko und die Kreislaufwirtschaft, Praktische Überlegungen. Peikko Group Corporation, Lahti, ohne Datum.
  5. ASMUS, S.; DECHANTSREITER, U.; HORST, P.; KNAPPE, F.; LAU J.J.; METTKE, A.; REINHARDT, J.; SCHMIDT, S.; THEIS, S.: Instrumente zur Wiederver-wendung von Bauteilen und hochwertigen Verwertung von Baustoffen. Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, 1. Ausgabe, 2015.
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