Zwang - verringerte Zwangsbeanspruchungen

Aus Baustatik-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Allgemeines

Die in diesem Abschnitt behandelten Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Zwangsschnittgrößen in Sohlplatten und Wänden gelten als Empfehlung, die im „Lohmeyer Stahlbetonbau“ [1] gegeben wird und stellen eine Ergänzung zu der in der DIN EN 1992-1-1 [2] angegebenen Ermittlung der rissbreitenbegrenzenden Bewehrung dar.

verminderter Zwang in Sohlplatten

Kann eine Beanspruchung aus spätem Zwang, z.B. während der Bauphase oder des Nutzungszeitraumes, ausgeschlossen werden, darf der Nachweis für den frühen Zwang aus dem Abfließen der Hydratationswärme geführt werden. Zusätzlich dazu kann die Zwangsspannung vermindert werden, wenn in der Sohlplatte keine anderen Zwangsbeanspruchungen wirken und die Sohlplattenbewegungen nicht durch Festpunkte behindert werden. Die rechnerische Zugspannung in der Sohlplatte σct,d ist abhängig vom Reibungsbeiwert μd, der Spannung σ0 und der Länge L der verschiebbaren Sohlplatte.

Bemessungswert der wirksamen Betonzugspannung, die durch die Reibung auf dem Untergrund entsteht, wenn sich die Sohlplatte verkürzt
Sicherheitsbeiwert im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit
γct = 1,0 wenn die Zwangsspannung durch das Abfließen der Hydratationswärme hervorgerufen wird
Bemessungswert des Reibungsbeiwertes
Reibungslänge der Sohlplatte
halbe Sohlplattenlänge, da der Verformungsnullpunkt in Plattenmitte angenommen wird
Betonquerschnittsfläche, die auf Zug beansprucht ist

Reibungsbeiwerte für unterschiedliche Untergründe sind in der folgenden Tabelle aufgelistet. Ein Reibungsbeiwert darf nur bei Sohlplatten mit ebener Unterseite angesetzt werden, die sich auf dem Untergrund frei bewegen können und deren Verformungen nicht durch Fundamentvertiefungen, wie z.B. bei Aufzugschächten behindert werden. [1]

Reibungsbeiwerte [1] [3] [4]
1 2 3
Unterkonstruktion a) Trennlage Reibungsbeiwert μ0 für die erste Verschiebung
1 grobkörniger Baugrund ohne Sandbettung keine 1,4 … 2,1 e)
2 Kies-Sand-Bodenaustausch (nicht bindig) bei Dicke der Bodenplatte h = 0,2m > 1,4
3 bei Dicke der Bodenplatte h = 0,8m ≈ 0,9
4 sandiger Baugrund oder grobkörniger Baugrund mit Sandbettung unter der Sohlplatte keine 0,9 … 1,1 e)
5 Noppenbahn (d ≈ 0,6mm) 0,8 … 1,0 d), e)
6 1 Lage PE-Folie b) 0,5 … 0,7 d), e)
7 Sandbett (Dicke 6 … 10cm, mittlere Korngröße 0,35mm) keine (Direktauflagerung auf nicht feinkörnigem, bindigem Boden) 0,7
8 Perimeterdämmung auf Unterbeton bei beliebigem Baugrund bei Dicke der Bodenplatte h ≤ 0,3m ≈ 0,8 d)
9 bei Dicke der Bodenplatte h ≥ 0,8m ≈ 0,5 d)
10 Unterbeton abgezogen (makrorau) 2 Lagen PE-Folie b) je 0,2mm:
11 bei Dicke der Bodenplatte h = 0,3m ≤ 2,0
12 bei Dicke der Bodenplatte h = 1,5m ≤ 1,3
13 Bitumenschweißbahn c) 0,35 … 0,7 d), e)
14 Dickbitumen c) 0,03 … 0,2 d), e)
15 Trennschicht aus 2 Lagen dicker PE-Folie b) mit zwischenliegender Schicht aus Silikonfett als Schmiermittel ≈ 0,8
16 Unterbeton mit Flügelglättung 1 Lage PE-Folie b) 0,8 … 1,4 d), e)
17 2 Lagen PE- Folie b) ≤ 0,8
18 mit PTFE b) beschichtete Folie 0,2 … 0,5 e)
19 Trennschicht aus 2 Lagen dicker PE-Folie b) mit zwischenliegender Schicht aus Silikonfett als Schmiermittel ≈ 0,3
20 1- bis 2-lagige Bitumenschweißbahn c), stumpf gestoßen:
21 bei Dicke der Bodenplatte h = 0,3m ≈ 0,45
22 bei Dicke der Bodenplatte h > 1,0m ≈ 0,2
23 Sicherheitsbeiwert für Reibung h) γR = 1,35 f)
24 γR =1,25 g)
25 Bemessungswert der Reibung
a) Die Oberfläche der Unterkonstruktion muss den Anforderungen der Ebenheit nach DIN 18202 entsprechen.

b) PE = Polyethylen, PTFE = Polytetrafluor- Ethylen

c) Bituminöse Trennschichten sind nur bei ausreichender Schichtdicke und Temperaturen in der Trennschicht >10°C wirksam.

d) Vorschlag der Autoren der Fachliteraturquellen

e) Bewegt sich der Reibungsbeiwert in einer Spannbreite empfehlen die Autoren der Fachliteraturquellen die Annahme des höheren Wertes, wenn kein Einfluss auf die Ausführung besteht.

f) nach "Lohmeyer Stahlbetonbau" [1] und "Weiße Wannen einfach und sicher - 9.Auflage" [3]

g) nach "Weiße Wannen einfach und sicher - 11.Auflage"[4]

h) Die Autoren der Fachliteraturen empfehlen mit den angegebenen Sicherheitsbeiwerten zu rechnen, da die Auswahl des Reibungsbeiwertes mit einiger Unsicherheit behaftet ist.

verminderter Zwang in Wänden

Durch das nachträgliche Betonieren einer Wand auf eine Sohlplatte entstehen in der Wand Zwangsspannungen infolge der Verformungsbehinderung durch den Verbund beider Bauteile. Die ersten wesentlichen Zwangsbeanspruchungen treten in der Wand beim Abfließen der Hydratationswärme auf. [1]
Wenn der späte Zwang z.B. Temperaturänderungen im Tages- oder Jahreswechsel mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, darf die in der Wand entstehende Zwangsspannung wie folgt abgeschätzt werden.

Rechenwert der Betonzugspannung, die infolge Zwangsspannungen durch das Abfließen der Hydratationswärme entsteht
Beiwert für die Behinderung der Verformungsmöglichkeit eines Bauteils
k = 1,0 für Wände, die auf ein anderes Bauteil, z.B. eine Sohlplatte betoniert werden
Temperaturausdehnungskoeffizient des Betons
αT = 10 ∙ 10-6 1/K
wirksamer Elastizitätsmodul des Betons zum Zeitpunkt tmaxT der Entstehung der Betonzugspannungen
Ec,t = αE ∙ Ecm
tmaxT = 1 + 0,8 ∙ h h in m
Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Bauteiltemperatur der Wand und der Sohlplatte

Anhand der folgenden Tabelle lässt sich der Verhältniswert αE der Elastizitätsmoduln in Abhängigkeit des Bauteilalters tmaxT bei Entstehung der Betonzugspannungen ablesen.

Verhältniswert αE [1]
1 2
Betonalter Verhältniswert αE = Ec,t/Ecm
1 12 Stunden 0,25
2 16 Stunden 0,45
3 24 Stunden 0,65
4 48 Stunden 0,85
5 14 Tage 1

Die Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Bauteiltemperatur der Wand und der Bauteiltemperatur der Sohlplatte bzw. des Fundamentes lässt sich wie folgt ermitteln.[1]

mittlere Bauteiltemperatur der Wand
Bauteiltemperatur des Fundamentes bzw. der Sohlplatte
Beiwert zur Berücksichtigung des Temperaturverlaufs in der Wand
für h < 0,5m
für h = 0,5 ... 3,0m
für h > 0,5m
Frischbetontemperatur der Wand
Temperaturdifferenz, um die sich die Frischbetontemperatur bei der Hydratation erhöht
Beiwert zur Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der tatsächlichen Temperaturerhöhung im Bauteil und der theoretischen Temperaturerhöhung der Wanddicke
Zementgehalt
Hydratationswärme des Zementes
Wärmekapazität des Betons
Cc0 ≈ 2.500 kJ/(m3 ∙ K)

Anhand der folgenden Tabelle lässt sich der Beiwert αb zur Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der tatsächlichen Temperaturerhöhung im Bauteil und der theoretischen Temperaturerhöhung der Wanddicke ablesen.

Verhältniswert αb [1]
1 2
Bauteildicke h [m] Verhältniswert αb = ΔTb,H/ΔTth
1 0,25 0,65
2 0,40 0,75
3 0,60 0,80
4 0,80 0,85
5 1,00 0,90
6 2,00 1,00
Spannungsverteilung in einer Wand[4]

Eine weitere Reduzierung der entstehenden Spannungen erfolgt durch die Relaxation (Verformung konstant, Abbau der Spannungen) und das Kriechen (Spannungen konstant, Abbau der Verformungen). Der Nachweis hierfür ist jedoch sehr aufwendig und wird an dieser Stelle nicht aufgeführt, was zu Ergebnissen auf der sicheren Seite liegend, führt. [1]
Die Größe der Zwangsbeanspruchungen ist unter anderem vom Verhältnis der Wandlänge L zur Wandhöhe H abhängig. Nach den Untersuchungsergebnissen von H. Falkner nehmen die Zwangsspannungen bei zunehmendem Verhältnis L/H zu und streben bei L/H ≈ 10 ihren Größtwert an.[1]
Der Maximalwert der in der Wand entstehenden Zwangsspannung stellt sich am Wandfuß ein. Da der Verbund mit der Sohlplatte jedoch bis in eine Wandhöhe von 1/4 ∙ H bzw. ca. 80 cm über Oberkante Sohlplatte rissbreitenbegrenzend wirkt, wird die Bemessung mit dieser Spannung empfohlen (siehe dazu das nebenstehende Bild). Da sich die Sohlplatte beim Temperaturanstieg in der Wand kurz nach dem Betonieren erwärmt und somit die Verteilung der Zwangsspannungen im Bereich der Fuge allmählich erfolgt, darf die in der Spannungsverteilung entstehende spitze Ecke ausgerundet werden. Die empfohlene Anpassung des Spannungsverlaufes in der Wand an die Realität bzgl. der Spannungsordinate und der Ausrundung dieser werden mit dem Beiwert kct,d wie folgt berücksichtigt.[1]

Bemessungswert der Betonzugspannungen in ca. 1/4 ∙ H
Beiwert zur Anpassung des Spannungsverlaufes in Abhängigkeit vom Verhältnis der Wandlänge L zur Wandhöhe H
Rechenwert der Betonzugspannung, die infolge Zwangsspannungen durch das Abfließen der Hydratationswärme entsteht

In der nachfolgenden Tabelle werden die Beiwerte kct,d in Abhängigkeit des Verhältnisses L/H angegeben.

Beiwert kct,d [1]
1 2
Verhältnis L/H a) Beiwert kct,d
1 ≤ 1 ≈ 0,35
2 ≤ 2 ≈ 0,50
3 ≤ 3 ≈ 0,60
4 ≤ 4 ≈ 0,70
5 ≤ 6 ≈ 0,85
6 ≤ 8 ≈ 0,95
7 ≤ 10 ≈ 1,00
8 > 10 = 1,00
a) Verhältnis der Wandlänge L (Abstand zwischen zwei Fugen) zur Wandhöhe H

Quellen

Fachliteratur / Normen
  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 Baar, S.; Ebeling, K.: Lohmeyer Stahlbetonbau. Bemessung-Konstruktion-Ausführung. 10.Auflage. Wiesbaden 2017
  2. DIN EN 1992-1-1 Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken. Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau mit Nationalem Anhang. Beuth Verlag GmbH 2016
  3. 3,0 3,1 Lohmeyer, G.; Ebeling, K.: Weiße Wannen - einfach und sicher. Konstruktion und Ausführung wasserundurchlässiger Bauwerke aus Beton. 9. überarbeitete und erweiterte Auflage. Düsseldorf 2009
  4. 4,0 4,1 4,2 Lohmeyer, G.; Ebeling, K.: Weiße Wannen - einfach und sicher. Konstruktion und Ausführung wasserundurchlässiger Bauwerke aus Beton. 11. überarbeitete Auflage. Düsseldorf 2018



Seiteninfo
Quality-flag-white.gif
Status: Seite in Bearbeitung