Carbonbeton
Carbonbeton ist ein Komposit bestehend aus Carbon und Beton. Analog zum Stahlbetonbau werden die Druckkräfte vom Beton und die Zugkräfte von der Bewehrung aufgenommen, welche im Fall des Carbonbetons aus Carbongelegen oder -stäben besteht.
Allgemeines
Aktueller Stand der Technik sind getränkte Carbongelege. Ungetränkte Gelege wurden in den meisten Anwendungsbereichen verdrängt, da getränkte Gelege eine weitaus bessere Zugtragfähigkeit und ein besseres Verbundverhalten aufweisen. Außerdem ist die höhere Formstabilität ein Vorteil, z.B. bei der Herstellung eines Bauteils im Gießverfahren. Es gibt aber auch für ungetränkte Gelege noch sinnvolle Anwendungsbereiche, z.B. bei gekrümmten Bauteilen, da viele Tränkungsmittel die freie Formgebung der Bewehrung verhindern. Carbonstäben werden aktuell aufgrund der ungleichmäßigen Ausnutzung der Einzelfilamente über den gesamten Querschnitt und des schlechten Verbundverhaltens überwiegend bei Forschungsprojekten eingesetzt.
Diese Seite konzentriert sich vor allem auf getränkte Carbongelege, bei einem Einsatz ungetränkter Gelege bzw. von Stäben sind deren Besonderheiten hinsichtlich des Tragverhaltens zu beachten.
Im Folgenden werden die Begriffe Carbonbeton und Textilbeton synonym verwendet, da es sich bei den Carbongelegen um eine Schnittmenge beider Bauweisen handelt.
Material
Carbon
Herstellung
Carbonfasern (auch als Filamente bezeichnet) werden mittels kontrollierter Pyrolyse aus einem Vorläuferstoff (Precursor) gewonnen. Als Precursor wird aktuell mit einem Marktanteil von 95\% Polyacrylnitril (PAN) verwendet [1] ; da PAN ein erdölbasierter Stoff ist, ist die Ökobilanz von Carbonfasern eher mäßig. Aktuell wird an der Verwendung von Lignin als Precursor geforscht; Lignin ist ein nachwachsender Rohstoff, welcher als Abfallprodukt der Holz- und Papierindustrie nahezu unbegrenzt zur Verfügung steht und das Potential hat, die Ökobilanz von Carbonfasern signifikant zu verbessern [1]. Außerdem steht Pech als Precursor zur Verfügung, mit welchem Carbonfasern mit höherer Zugfestigkeit hergestellt werden können; allerdings ist die Gewinnung von Carbonfasern aus Pech kostenintensiv, weshalb sie nur in besonderen Fällen verwendet wird [1].
Der Herstellungsprozess läuft wie folgt ab: In einem ersten Schritt wird der Precursor bei 250°C-300°C thermisch stabilisiert, hierbei werden die linearen Polymerketten in thermisch stabilere hexagonale Ringstrukturen umgewandelt. Im nächsten Schritt werden die PAN-Ringe bei 700°C dehydriert und anschließend werden bei 1400°C in einer sauerstoffreichen Umgebung Fremdatome abgespalten, sodass eine fremdatomarme Kohlenstoffstruktur entsteht. In einem weiteren Schritt werden die Carbonfasern im plastischen Bereich des Carbons, d.h. bei über 2400°C , verstreckt, dadurch können die mechanischen Eigenschaften der Fasern signifikant verbessert werden [1]. Da die Carbonfasern eine energiearme Oberfläche aufweisen, sodass sich nur ein schwacher Verbund mit der Beton- bzw. Tränkungsmatrix einstellt, wird die Carbonfaser in einem letzten Schritt einer Oberflächenbehandlung unterzogen, z.B. durch Auftrag einer Beschichtung (Schlichte) [2].
Für den Einsatz als Bewehrung werden hunderte bis zehntausende Einzelfilamente mit einem Durchmesser von 5-25µm zu Multifilamentgarnen (nachfolgend Rovings) weitervearbeitet, aus welchen im weiteren Prozess durch Kettwirkmaschinen bi- oder multiaxiale Gelege hergestellt werden [3]. Bei den Gelegen wird zwischen Kettrovings (Rovings parallel zur Produktionsrichtung) und Schussrovings (Rovings senkrecht zur Produktionsrichtung) unterschieden, welche abhängig von der Herstellungsart unterschiedliche Eigenschaften aufweisen können. Die Kett- und Schussrovings werden durch den Wirkfaden verbunden.
Je nach Lage des Wirkfadens wird in Fransen- und Trikotbindung unterschieden [3]. Bei der Fransenbindung wird der Wirkfaden um den Kettroving geführt und sorgt an den Knotenpunkten für die Verbindung von Kett- und Schussroving. Durch den Wirkfaden wird der Schussroving weniger komprimiert als der Kettroving, wodurch eine bessere Durchdringung mit der Beton- bzw. Tränkungsmatrix erreicht wird [3]; aus diesem Umstand folgen die teilweise divergierenden Eigenschaften in Kett- und Schussrichtung. Der Kettroving weist meist eine annähernd runde Querschnittsform auf, während die des Schussrovings meist elliptisch ist.
Bei der Trikotbindung wird der Wirkfaden parallel zum Kettroving geführt, und nur an den Knotenpunkten mit dem Kett- und Schussfaden verbunden, beide Rovings weisen eine elliptische Querschnittsform auf [3].
Die Fransenbindung ist die favorisierte Bindungsart für getränkte Textilien, da der Wirkfaden bei der Trikotbindung ein störendes Element beim Tränkungsprozess darstellt. Bei ungetränkten Textilien wird meist die Trikotbindung verwendet, da durch die durch den Wirkfaden vergrößerte Oberfläche ein besserer Verbund mit der Betonmatrix eingegangen wird und die wenig komprimierten Querschnitte eine gute Durchdringung mit den relativ groben Teilchen der Betonmatrix zulassen [3].
Eigenschaften
Carbon weist folgende Eigenschaften auf:
-geringe Dichte
-hohe Anisotropie: hohe Zugfestigkeit, hohe Querdruckempfindlichkeit
-hohe Bruchdehnungen
-hohes Elastizitätsmodul
-Korrosionsbeständigkeit
-keine Duktilität
-geringe Kriechneigung
Die Festigkeit und das Elastizitätsmodul der Bewehrung sind abhängig von der Temperatur, welche beim Herstellungsprozess der Fasern erreicht werden. Je nach Anwendungsbereich können die Eigenschaften dementsprechend gesteuert werden. Allgemein lässt sich sagen, dass für ein hohes Elastizitätsmodul hohe Temperaturen nötig sind, während die maximale Zugfestigkeit bei ca. 1300°C erreicht wird [1].
Die erreichbare Zugfestigkeit ist außerdem vom Durchmesser der Einzelfilamente abhängig; mit zunehmendem Durchmesser nimmt die Zugfestigkeit ab, da mehr Oberflächenfehler auftreten[3].
Aufgrund der fehlenden Duktilität findet keine Versagensankündigung durch Vergrößerung der Rissbreiten statt; allerdings sind im Carbonbetonbau aufgrund der großen Bruchdehnungen große Verformungen möglich, bevor das Versagen eintritt, sodass sich ein Versagen solchermaßen ankündigt.
Bei der Herstellung und dem Einbau der Bewehrung ist darauf zu achten, dass die Filamente in möglichst gestreckter Form vorliegen und keine bzw. nur eine geringe Welligkeit aufweisen, denn diese führt dazu, dass bei Belastung erst alle Filamente gestreckt werden müssen, wodurch anfänglich die Zugfestigkeit kleiner ist. Außerdem entstehen beim Geradeziehen der Filamente Umlenkkräfte, welche in Verbindung mit den meist geringen Betondeckungen zu Betonabplatzungen führen können. Die herstellungsbedingte Welligkeit hat sich in den vergangenen Jahren durch Fortschritte im Entwicklungsprozess stark verringert [4].
In der Druckzone stellen die druckschlaffen Rovings eine Fehlstelle im Beton dar.
Bei der Querschnittsfläche des Rovings ist in Brutto- und Nettoquerschnittsfläche zu unterscheiden, da sich zwischen den Filamenten Luft bzw. Tränkungsmaterial befindet, welches sich nicht am Lastabtrag beteiligt [3]. Die Bruttoquerschnittsfläche wird mit der Feinheit Tt ermittelt, da die Addition der Querschnitte der Einzelfilamente nicht praxistauglich ist. Bei der Feinheit handelt es sich um eine Materialkenngröße aus der Textilindustrie, welche mit der Einheit tex angegeben wird. Mit den folgenden Formeln können die Feinheit und die Nettoquerschnittsfläche der Rovings ermittelt werden.
Die Spannungs-Dehnungs-Linie von Carbon ist linear. Mit zunehmender Länge und Anzahl der Filamente nimmt die Bruchspannung und -dehnung, aufgrund der zunehmenden Fehlstellen ab; dieser Effekt wird nur bis zu einer bestimmten Länge und Anzahl beobachtet, bei weiterer Zunahme der beiden Größen findet dann keine Abminderung mehr statt. Daher wird die mittlere Bruchspannung mithilfe von $\alpha_{eff}$ auf 85\% der mittleren Bruchspannung und- dehnung abgemindert [5].
Sekundärbeschichtung/ Tränkung
Durch die Tränkung werden das Verbund- und Zugtragverhalten signifikant verbessert [3][6], da eine Homogenisierung der Verbundeigenschaften innerhalb des Rovings stattfindet, durch welche sich alle Filamente gleichmäßig am Lastabtrag beteiligen.
Als Tränkungsmaterialien werden zumeist polymere Kunststoffe verwendet, die Tränkungsmaterialien mit dem größten Marktanteil sind Epoxidharz (EP), Styrol-Butadien-Copolymere (SB) und Acrylate (ACR).
Da die geringe Temperaturbeständigkeit oft ein Hindernis beim Einsatz textiler Bewehrungen darstellt wird aktuell an Tränkungen basierend auf mineralischen Bindemitteln geforscht; diese beeinflussen nicht nur das Hochtemperaturverhalten, sondern auch das Verbundtragverhalten der Bewehrung positiv[7].
Herstellung
Das Aufbringen einer Sekundärbeschichtung ist ein zusätzlicher Schritt nach der Herstellung der Rovings. Sie werden hierbei erst durch eine Wanne mit der in flüssiger Form vorliegenden Tränkungsmatrix geführt. Anschließend wird durch Umlenkrollen die Tränkung in den Roving gequetscht und überflüssiges Material entfernt [3]. Abhängig vom Tränkungsmaterial findet die Erhärtung der Matrix als Warm- oder Kalterhärtung statt. Die Kalterhärtung erfolgt bei Raumtemperatur, die Warmerhärtung setzt ab ca. 150°C ein. Mit der Warmerhärtung können in der Regel bessere mechanische Eigenschaften erzielt werden. Um Formprofile herstellen zu können, werden Prepregs verwendet, das sind Textilien, welche erst stark verzögert oder unter Temperaturbeanspruchung erhärten[6]. Teilweise ist es auch möglich, die ausgehärtete Tränkung durch Wärmezufuhr wieder formbar zu machen. Bei der Herstellung von Formprofilen kann die Zugfestigkeit abnehmen, da durch den zusätzlichen Prozessschritt Fehlstellen entstehen[6].
Eigenschaften
Die Tränkungsmaterialien sollten folgende Eigenschaften aufweisen [6]:
-hohe Viskosität, um eine gute Durchdringung zu gewährleisten
-hohe Kohäsionsfestigkeit für eine hohe Verbundfestigkeit
-dauerhafte und hohe Temperaturbeständigkeit
Die gewünschte Steifigkeit ist vom Einsatzbereich abhängig. So werden z.B. für die Verwendung für Formprofile steife Tränkungsmaterialien benötigt, da diese formstabiler sind; bei gekrümmten Bauteilen werden meist weichere Tränkungsmaterialien verwendet, da sich diese besser an die Krümmung anpassen.
Die verschiedenen Tränkungsmaterialien unterscheiden sich stark in ihren Eigenschaften, wegen der unterschiedliche Möglichkeiten ihrer Zusammensetzung können nicht einmal allgemeine Aussagen zu einzelnen Tränkungsmaterialien getroffen werden [3].
Beton
Aus den unterschiedlichen Eigenschaften von Carbon und Beton folgen auch unterschiedliche Anforderungen an die Betonmatrix[8]. Da aufgrund der Korrosionsbeständigkeit des Carbons keine dauerhaftigkeitsrelevante Betondeckung nötig ist, kann sie auf ein Minimum zur Sicherstellung des Verbunds minimiert werden. Außerdem kann aus demselben Grund der Portlandzementklinkeranteil des Betons verringert werden, was sich positiv auf die Ökobilanz auswirkt; durch einen hinsichtlich des Klinkeranteils optimierten Beton können bis zu 40% der CO2-Emissionen bei der Zementherstellung vermieden werden. Wegen der geringen Abstände der Bewehrungslagen, den geringen Gitteröffnungsweiten der Gelege und der meist filigranen Struktur der Carbonbetonbauteile ist der Größtkorndurchmesser zu begrenzen. Außerdem ist eine hohe Fließfähigkeit anzustreben, um eine gute Verarbeitbarkeit zu gewährleisten.
In der Regel werden selbstverdichtende hochfeste Feinbetone verwendet, welche außerdem eine hohe Packungsdichte aufweisen. Feinbetone bezeichnen Betone, welche aufgrund eines Größtkorndurchmesser von weniger als 4mm laut Norm eigentlich den Mörteln zugeordnet werden müssten, aufgrund ihrer Verwendung als Konstruktionsbeton und ihren den Hochleistungsbetonen gleichenden Eigenschaften aber eher den Betonen zugehörig sind [9]. In einigen Forschungsprojekten wurden für die Verwendung als Carbonbeton optimierte Betonzusammensetzungen entwickelt [8].
Carbonbetonbauteile können im Gieß-, Laminier- und Spritzverfahren hergestellt werden.
Die Spannungs-Dehnungs-Linie des Betons kann wie aus dem Stahlbetonbau bekannt mit dem Parabel-Rechteck-Diagramm beschrieben werden. Auch die Verwendung eines linearen bzw. rechteckförmigen Verlaufs ist ohne Genauigkeitsverluste möglich, durch diese geometrisch einfacheren Verläufe ist eine geschlossene Lösung des Widerstandsmoments möglich[5].
Langzeitverhalten
Dauerhaftigkeit
Die Carbonfasern verhalten sich inert gegenüber anderen Medien. Bei den verwendeten Tränkungen sind allerdings teilweise Expositionen bekannt, welche zu einer Dauerhaftigkeitsminderung führen, z.B. UV-Strahlung bei einer Epoxidharztränkung[10]. Mit einer Lebensdauer von 200 Jahren sind Carbonbetonbauteile deutlich dauerhafter als Stahlbetonbauteile[11].
Dauerstandverhalten
Bei Beanspruchung durch eine Dauerlast ist keine Abminderung der Festigkeit im Vergleich zur Kurzzeitfestigkeit zu beobachten[10].
Ermüdungsverhalten
Bei einer zyklischen Belastung werden mit einer abnehmenden Oberlast mehr Schwingspiele erreicht, selbes gilt bei einer zunehmenden Unterlast bzw. einer abnehmenden Amplitude. Mit steiferen Tränkungen kann eine größere Schwingspielzahl erreicht werden[12].
Ein Versagen tritt erst bei einer Oberspannung von 80\% der Bruchspannung auf, ein Einfluss der zyklischen Belastung auf die Resttragfähigkeit ist nicht erkennbar[12].
Brand-/Hochtemperaturverhalten
Die Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften der Carbonbewehrung ist maßgeblich von der Glasübergangstemperatur TG der Tränkung abhängig; die Glasübergangstemperatur beschreibt die Temperatur, bei welcher die Konsistenz der Tränkung von fest zu gummiartig bzw. zähflüssig wechselt. Es wird empfohlen getränkte Carbongelege nur in Temperaturbereichen unter der Glasübergangstemperatur der Tränkung zu verwenden[13].
Unter Hochtemperaturbeanspruchung müssen die Zugfestigkeit und die Verbundfestigkeit getrennt voneinander betrachtet werden aufgrund der unterschiedlich starken Ausprägung des Einflusses der Tränkung.
Die erste wesentliche Abnahme der Zugfestigkeit findet bei Überschreitung der Glasübergangstemperatur statt, die Festigkeit entspricht an diesem Punkt ungefähr derjenigen eines ungetränkten Geleges. Anschließend ist die Zugfestigkeit bis zu einer Temperatur von 600°C konstant, ab dieser Temperatur beginnt die Zersetzung der Carbonfasern. Ab 700-800°C ist keine Aufnahme von Kräften mehr möglich[13].
Die Verbundfestigkeit nimmt deutlich schneller ab, da sie maßgeblich von der Tränkung abhängig ist. Aufgrund der Steifigkeitsabnahme der Tränkung beträgt die Verbundfestigkeit schon vor Überschreitung der Glasübergangstemperatur nur noch 50\% derjenigen bei Raumtemperatur. Ab einer Temperatur von ca. 300°C ist keine Übertragung von Verbundkräften mehr möglich[13].
Verbund
Bei Carbonbetonbauteilen muss neben dem Verbund zwischen Beton und Roving auch der Verbund der Fasern im Inneren der Rovings betrachtet werden[3]. Wenn keine Tränkung vorhanden ist, dann findet aufgrund der Partikelgröße der Betonmatrix nur ein direkter Verbund mit den äußern Filamenten statt; die inneren Filamente werden nur durch Reibung am Lastabtrag beteiligt und in der Folge wird die Zugfestigkeit erheblich gesenkt. Die Tränkung sorgt für eine Homogenisierung der Verbundeigenschaften über den Rovingquerschnitt, sodass eine bessere Ausnutzung der teuren Carbonfasern stattfindet[3].
Auch der äußere Verbund ist abhängig von der Tränkung. Bei einer ausreichend steifen Tränkung (z.B. Epoxidaharztränkung) wird neben Haft- und Reibverbund auch Formverbund aktiviert; bei ungetränkten Textilien und solchen mit einer weichen Tränkung werden nur Haft- und Reibverbund aktiviert[14].
Einflüsse auf den Verbund
Das Verbundverhalten wird maßgeblich durch die Oberfläche und die Zugfestigkeit der Rovings beeinflusst; je größer die Oberfläche, desto mehr Verbundkräfte können übertragen werden und je höher die Zugfestigkeit, desto mehr Verbundkräfte müssen übertragen werden.
Durch den Wirkfaden werden die Rovings an den Knotenpunkten mehr komprimiert als die Zwischenräume; dadurch entsteht eine Aufweitung in Breitenrichtung, deren Wirkung bei einer ausreichend steifen Tränkung mit der einer Rippe eines Bewehrungsstahls vergleichbar ist. Diese periodische Aufweitung kann beim Abquetschprozess bei der Herstellung der Tränkung noch verstärkt werden und führt dazu, dass Formverbund aktiviert werden kann, was das Verbundverhalten signifikant verbessert[6]. Dies ist auch durch den Wirkfaden bei einer steifen Tränkung möglich, dessen Einfluss ist allerdings deutlich geringer als der der Aufweitung[14].
Durch die glatte Oberfläche der getränkten Rovings findet eine Abminderung der über Reibung übertragbaren Verbundkräfte statt.
Bei getränkten Rovings ist keine Abhängigkeit des Verbunds von der Betonzusammensetzung und -güte zu erkennen, da die Zwischenräume zwischen den Fasern bereits mit der Tränkungsmatrix ausgefüllt sind. Auch der Reibverbund wird nicht vom Beton beeinflusst aufgrund dessen geringen Größtkorndurchmessers[14].
Durch Querdruck wird aufgrund der Querdruckempfindlichkeit des Carbons kein positiver Einfluss auf den Verbund festgestellt, Querzug führt wegen der Längsrissbildung zu einer Verschlechterung des Verbundverhaltens[14].
Verbundspannungs-Schlupf-Beziehungen
Die Verbundspannungs-Schlupf-Beziehungen (VSB) lassen sich in drei Bereiche einteilen[15][16], dabei muss zwischen Textilien mit weicher Tränkung und solchen mit steifer Tränkung unterschieden werden[14].
Mit einer weichen Tränkung z. B. einer solchen mit Styrol-Butadien können nur der Haft- und der Reibverbund aktiviert werden. Im ersten Bereich der VSB steigen die Verbundspannungen linear, der Verbund erfolgt in diesem Bereich über Haftung, die Kräfte werden über Adhäsion übertragen. Wenn die Adhäsionskräfte überschritten werden, löst sich das Textil sukzessive vom Beton, in den betreffenden Bereichen, werden die Kräfte nur noch über Reibung übertragen. In den VSB ist dieser Vorgang durch einen linear fallenden Bereich darstellbar. Im dritten Bereich hat sich das Textil vollkommen vom Beton gelöst, die gesamten Verbundkräfte müssen über Reibung übertragen werden. Der Verlauf der VSB ist horizontal.
Bei Textilien mit einer steifen Tränkung z. B. einer Epoxidharztränkung kann neben dem Haft- und Reibverbund auch der Formverbund aktiviert werden. Die VSB haben den gleichen Verlauf wie bei einer weichen Tränkung, allerdings spielt der Haftverbund keine Rolle mehr aufgrund der deutlich größeren Kräfte, welche über den Formverbund übertragen werden können. Im ersten linear ansteigenden Bereich wird der Formverbund aktiviert, bis die Betonkonsole oder die Rippe versagen; im Textilbetonbau ist meist das Versagen der Rippe maßgebend. Anschließend nehmen die VSB linear ab, bis der Formverbund an allen Stellen versagt hat und Verbundkräfte im dritten horizontalen Bereich nur noch über Reibung übertragen werden können.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Kirsten, M.; Freudenberg, C.; Cherif, C. "Carbonfaser, der Werkstoff des 21. Jahrhunderts". In: Beton- und Stahlbetonbau Spezial (2015), S. 8-15
- ↑ Ehrenstein, G. W. "Faserverbundkunststoffe: Werkstoffe-Verarbeitung-Eigenschaften. 2. Auflage. München; Wien: Hanser, 2006
- ↑ 3,00 3,01 3,02 3,03 3,04 3,05 3,06 3,07 3,08 3,09 3,10 3,11 Kulas, C. H. "Zum Tragverhalten getränkter textiler Bewehrungselemente für Betonbauteile". Dissertation. Rheinisch-Westfälische Technische Universität Aachen, 2013
- ↑ Lorenz, E. et al. "Effizienzsteigerung von Textilbeton durch Einsatz textiler Bewehrungen nach dem erweiterten Nähwirkverfahren". In: Beton- und Stahlbetonbau. 106. Heft 1 (2011) S. 21-30
- ↑ 5,0 5,1 Rempel, S. "Zur Zuverlässigkeit der Bemessung von biegebeanspruchten Betonbauteilen mit textiler Bewehrung". Dissertation. Rheinisch-Westfälische Technische Universität Aachen,2018
- ↑ 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 Preinstorfer, P. "Zur Spaltrissbildung von textilbewehrtem Beton". Dissertation. Technische Universität Wien,2019
- ↑ Schneider, K. et al. " Verbundverhalten mineralisch gebundener und polymergebundener Bewehrungsstrukturen aus Carbonfasern bei Temperaturen bis 500°C". In: Beton- und Stahlbetonbau. 113. Heft 12 (2018), S. 886-894
- ↑ 8,0 8,1 Schneider, K.; Butler, M.; Mechtcherine, V. "Carbon Concrete Composites C³ - Nachhaltige Bindemittel und Betone für die Zukunft". In: Beton- und Stahlbetonbau. 112, Heft 12 (2017), S. 784-794
- ↑ Lorenz, E.; Schütze, E.; Weiland, S. "Textilbeton - Eigenschaften des Verbundwerkstoffs". In: Beton- und Stahlbetonbau Spezial (2015), S.29-41
- ↑ 10,0 10,1 Curbach, M. et al. "Verstärken mit Carbonbeton". In: BetonKalender. Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Instandhaltung (2022), S. 761-804
- ↑ Seifert, W.; Lieboldt, M. "Ressourcenverbrauch im globalen Stahlbetonbau und Potentiale der Carbonbetonbauweise. Globale Herausforderungen des Bauwesens". In: Beton- und Stahlbetonbau. 115, Heft 6 (2020), S. 469-478
- ↑ 12,0 12,1 Wagner, J. "Zum Tragverhalten von Carbonbeton unter Ermüdungsbeanspruchungen ". Dissertation. Technische Universität Dresden, 2021
- ↑ 13,0 13,1 13,2 Holz, K. "Carbonbeton unter Hochtemperaturbeanspruchung". Dissertation. Technische Universität Dresden, 2021
- ↑ 14,0 14,1 14,2 14,3 14,4 Lorenz, E. "Endverankerung und Übergreifung textiler Bewehrungen in Betonmatrices". Dissertation. Technische Universität Dresden, 2014
- ↑ Naaman, A. et al. "Fiber Pullout and Bond Slip II: Experimental Validation". In: ASCE Journal of Structural Engineering. 117. Heft 9 (1991), S. 2791-2800
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