Querkraftbemessung - Bauteile mit rechnerisch erforderlicher Querkraftbewehrung

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Kraftfluss innerhalb eines Querkraftbewehrten Trägers (Fachwerkmodell)


Da ein belastetes Bauteil ohne Querkraftbewehrung ein Querkraftversagen erleiden kann, noch bevor die Biegetragfähigkeit erreicht ist (siehe Schubtal nach KANI), muss der Querschnitt in solchen Fällen mit Querkraftbewehrung versehen werden. Durch eine Bewehrung, die die entstehenden Risse kreuzt, wird es möglich, die rechnerisch ansetzbare Biegetragfähigkeit tatsächlich zu erreichen. Durch die zusätzliche Verstärkung entsteht die zentrale Modellvorstellung des Kraftflusses bei querkraftbewehrten Bauteilen: das Fachwerkmodell. [1]


Tragmodell

Der Kraftfluss eines Bauteils, das sowohl auf Biegung als auch auf Querkraft beansprucht wird, lässt sich am anschaulichsten durch ein Stabwerkmodell darstellen. Das klassische Fachwerkmodell besteht aus einem Betondruckgurt sowie einem Zuggurt, der durch die Biegezugbewehrung gebildet wird. Beide Gurte verlaufen parallel zueinander entlang der Balkenränder. Die Druckdiagonalen (Betondruckstreben) verlaufen unter dem Winkel , der im Rahmen normativer Vorgaben (nach EC2) frei gewählt werden darf. Die Zugdiagonalen (Querkraftbewehrung) sind unter dem Winkel zwischen 45° und 90° zur Trägerachse geneigt. [1] [2]

Bemessung

Begrenzung des Druckstrebenwinkels

Mit der folgenden Gleichung wird der flachstmögliche Druckstrebenwinkel (entspricht dem maximalen ) ermittelt, der zur minimal erforderlichen Querkraftbewehrung führt. Der Druckstrebenwinkel darf jedoch zwischen dem berechneten Minimalwert und 45° bzw. 60° bei geneigten Bügeln frei gewählt werden. Der Querkraftanteil (Betontraganteil) kann als Vertikalkomponente der Reibungskräfte in einem Schrägriss gedeutet werden. Steigt der Längsdruck an, so reduziert sich der Querkraftanteil , da flachere Rissneigungen zu einer geringeren vertikalen Kraftkomponente entlang der Rissflächen führen. [3]



wobei:

cot ... Kotangens (1 / tanθ)
θ ... der Winkel zwischen Betondruckstreben und der rechtwinklig zur Querkraft verlaufenden Bauteilachse
σcp ... der Bemessungswert der Betonlängsspannung in Höhe des Schwerpunkts des Querschnitts σcp = NEd / Ac Betondruckspannungen sind positiv definiert
NEd ... die Normalkraft im Querschnitt infolge Lastbeanspruchung (Druck ist positiv einzusetzen und Zug negativ)
fcd ... der Bemessungswert der Betondruckfestigkeit
VRd,cc ... der Querkraftanteil des Betonquerschnitts mit Querkraftbewehrung
VEd ... der Bemessungswert der einwirkenden Querkraft
fck ... die charakteristische Betonfestigkeit
bw ... die kleinste Querschnittsbreite innerhalb der Zugzone des Querschnitts
z ... der innerer Hebelarm (0,9d)



Bei geneigter Querkraftbewehrung darf bis 0,58 (60°) ausgenutzt werden. Vereinfachend dürfen für die folgenden Werte angesetzt werden:

  • reine Biegung:

  • Biegung und Längsdruckkraft:

  • Biegung und Längszugkraft:

Bemessung des Querkraftwiderstands

Der Querkraftwiderstand von Bauteilen mit Querkraftbewehrung hängt von zwei Komponenten ab: dem Widerstand der Betondruckstrebe und dem Widerstand der Querkraftbewehrung . Beide Größen lassen sich aus dem Gelenkfachwerkmodell unter Berücksichtigung der Gleichgewichtsbedingungen ableiten und bilden die Grundlage für den Querkraftnachweis bei Bauteilen mit rechnerisch erforderlicher Querkraftbewehrung. [1] [3]

Dabei ist zwischen der vereinfachten Formel für lotrechte Bügel und der vollständigen Gleichung für geneigte Querkraftbewehrungen zu unterscheiden. Maßgebend ist stets der kleinere der beiden Widerstände (Betondruckstrebe oder Querkraftbewehrung), der größer sein muss als die einwirkende Querkraft , damit der Nachweis erfüllt ist. [3]

  • lotrechte Querkraftbewehrung

→ Widerstand der Querkraftbewehrung


→ Widerstand der Betondruckstrebe


  • geneigte Querkraftbewehrung

→ Widerstand der Querkraftbewehrung


→ Widerstand der Betondruckstrebe


wobei:

asw ... die Bewehrungsmenge je Längeneinheit asw = Asw / sw
Asw ... die Querschnittsfläche der Querkraftbewehrung
sw ... der Bügelabstand
z ... der innerer Hebelarm (0,9d)
fyd ... der Bemessungswert der Streckgrenze der Querkraftbewehrung
cot ... Kotangens (1 / tanθ)
θ ... Winkel zwischen Betondruckstreben und der rechtwinklig zur Querkraft verlaufenden Bauteilachse
bw ... die kleinste Querschnittsbreite innerhalb der Zugzone des Querschnitts
ν1 ... ein Abminderungsbeiwert für die Betonfestigkeit infolge schiefwinklig kreuzender Risse ν1 = 0,75 für ≤ C50/60
fcd ... der Bemessungswert der Betondruckfestigkeit
α ... der Winkel zwischen Querkraftbewehrung und der rechtwinklig zur Querkraft verlaufenden Bauteilachse


Versagensarten

Quellen

  1. 1,0 1,1 1,2 ZILCH, KONRAD und ZEHETMAIER, GERHARD: Bemessung im konstruktiven Betonbau, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2010
  2. BOLLE, GUIDO: Querkraftbemessung bei Bauteilen ohne Querkraftbewehrung, Stahlbetonbau I, Hochschule Wismar, Skript, TK 8, 2022
  3. 3,0 3,1 3,2 FINGERLOOS, FRANK; HEEGER, JOSEF und ZILCH, KONRAD: Eurocode 2 für Deutschland - Kommentierte Fassung, Beuth Verlag GmbH, 2016
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