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Beispiel 1 - Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite in einer Wand für eine verringerte Zwangsbeanspruchung
Aufgabenstellung
Ansicht und Schnitt der Wand
Als Vergleich soll für die Wand aus dem Beispiel "Zwang - Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung für eine Wand (Bsp.)" die verringerte Zwangsbeanspruchung und die zugehörige Mindestbewehrung ermittelt werden.
Diese Ermittlung der verminderten Zwangsbeanspruchung gilt als Ergänzung zur DIN EN 1992-1-1[1] und wird im "Lohmeyer Stahlbetonbau" [2] empfohlen.
Diese Empfehlung darf nur für eine Beanspruchung aus dem Abfließen der Hydratationswärme angewendet werden, wenn ein späterer Zwang mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Im Anschluss an diese Berechnung wird ein Vergleich mit dem Beispiel "Zwang - Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung für eine Wand (Bsp.)" durchgeführt.
Vorgaben
Wandabmessungen L / H / h: |
4,70 / 2,50 / 0,30 m
|
Expositionsklasse: |
XC4 - Außenbauteil mit direkter Beregnung
|
Betonfestigkeitsklasse: |
C25/30
|
Betonzugfestigkeit: |
fctm = 2,6 N/mm2
|
Bewehrung aus der Statik: |
ø = 12 , s = 15 cm
|
|
aS,1 = aS,2 = 7,54 cm2/m
|
Betondeckung: |
cv = cnom = 25 + 15 = 40 mm
|
Elastizitätsmodul des Betons: |
Ecm = 31.000 N/mm2
|
Temperaturausdehnungskoeffizient des Betons: |
αT = 10 ∙ 10-6 1/K
|
Wärmekapazität des Betons: |
Cc0 = 2.500 kJ/(m3K)
|
Temperatur der Sohlplatte: |
TF = 15°C
|
Frischbetontemperatur: |
Tc0 = 18°C
|
Zementmenge: |
z = 350 kg/m3
|
Hydratationswärme des Zementes: |
QH = 175 kJ/kg
|
Eine Beanspruchung aus spätem Zwang kann ausgeschlossen werden.
Es ist eine zentrische Zwangsbeanspruchung aus dem Abfließen der Hydratationswärme maßgebend.
Lösung
Ermittlung der zulässigen Rissbreite
Die Wand besteht aus Stahlbeton und es ist die Expositionsklasse XC4 vorgegeben.
Somit beträgt die zulässige Rissbreite
- .
zulässige Rissbreiten [mm] nach DIN EN 1992-1-1
[1]
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
Expositionsklasse
|
Konstruktion
|
Stahlbeton und Spannbeton mit Vorspannung ohne Verbund
|
Spannbeton mit Vorspannung mit nachträglichem Verbund
|
Spannbeton mit Vorspannung mit sofortigem Verbund
|
Einwirkungskombination
|
quasi-ständig
|
häufig
|
häufig
|
selten
|
1
|
X0, XC1
|
0,4a)
|
0,2
|
0,2
|
-
|
2
|
XC2, XC3, XC4
|
0,3
|
0,2b),c)
|
0,2b)
|
3
|
XS1, XS2, XS3
XD1, XD2, XD3d)
|
Dekompression
|
0,2
|
a)Bei den Expositionsklassen X0 und XC1 hat die Rissbreite keinen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit und dieser Grenzwert wird i. Allg. zur Wahrung eines akzeptablen Erscheinungsbildes gesetzt. Fehlen entsprechende Anforderungen an das Erscheinungsbild, darf dieser Grenzwert erhöht werden.
b)Zusätzlich ist der Nachweis der Dekompression unter der quasi-ständigen Einwirkungskombination zu führen.
c)Wenn der Korrosionsschutz anderweitig sichergestellt wird (Hinweise hierzu in den Zulassungen der Spannverfahren), darf der Dekompressionsnachweis entfallen.
d)Bei dieser Expositionsklasse können besondere Maßnahmen erforderlich sein.
|
Ermittlung der wirksamen Betonzugspannung
-
Ermittlung des Beiwertes k
Die Wand wird auf eine Sohlplatte betoniert.
Ermittlung des wirksamen Elastizitätsmoduls
Für die Ermittlung des Verhältniswertes der Elastizitätsmoduln wird der Zeitpunkt, zu dem Betonzugspannungen entstehen benötigt.
Verhältniswert αE
[2]
|
1
|
2
|
Betonalter
|
Verhältniswert αE = Ec,t / Ecm
|
1
|
12 Stunden
|
0,25
|
2
|
16 Stunden
|
0,45
|
3
|
24 Stunden
|
0,65
|
4
|
48 Stunden
|
0,85
|
5
|
14 Tage
|
1
|
Durch Interpolation der Werte aus der vorangehenden Tabelle ergibt sich der Verhältniswert zu
- .
Damit ergibt sich der wirksame Elastizitätsmodul zu
- .
Ermittlung der Temperaturdifferenz zwischen Wand und Sohlplatte
Der Verhältniswert αb ergibt sich durch Interpolation anhand der nachfolgenden Tabelle zu
Verhältniswert αb
[2]
|
1
|
2
|
Bauteildicke h [m]
|
Verhältniswert αb = ΔTb,H / ΔTth
|
1
|
0,25
|
0,65
|
2
|
0,40
|
0,75
|
3
|
0,60
|
0,80
|
4
|
0,80
|
0,85
|
5
|
1,00
|
0,90
|
6
|
2,00
|
1,00
|
- .
Die Temperatur des Frischbetons erhöht sich somit bei der Hydratation um
- .
Damit ergibt sich die mittlere Bauteiltemperatur der Wand mit
- für h < 0,5 m
zu
- .
Die Temperaturdifferenz beträgt somit
- .
Ermittlung der rechnerischen Betonzugspannung
Ermittlung des Bemessungswertes der Betonzugspannungen
Mit einem Verhältnis der Wandlänge L zur Wandhöhe H von
ergibt sich anhand der nachfolgenden Tabelle ein Beiwert von
- .
Beiwert kct,d
[2]
|
1
|
2
|
Verhältnis L/H a)
|
Beiwert kct,d
|
1
|
≤ 1
|
≈ 0,35
|
2
|
≤ 2
|
≈ 0,50
|
3
|
≤ 3
|
≈ 0,60
|
4
|
≤ 4
|
≈ 0,70
|
5
|
≤ 6
|
≈ 0,85
|
6
|
≤ 8
|
≈ 0,95
|
7
|
≤ 10
|
≈ 1,00
|
8
|
> 10
|
= 1,00
|
a) Verhältnis der Wandlänge L (Abstand zwischen zwei Fugen) zur Wandhöhe H
|
Damit ergibt sich der Bemessungswert der Betonzugspannungen zu
- .
Da die Zwangsschnittgröße geringer als die wirksame Betonzugfestigkeit ist, darf die Bemessung der Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung mit dem Bemessungswert der Betonzugspannungen σct,d durchgeführt werden.
Abschätzen der erforderlichen Bewehrung
Festigkeits-Zeitbeiwert
Diagramm zum Abschätzen der Bewehrung zur Rissbreitenbegrenzung für zentrischen Zwang aus dem Abfließen der Hydratationswärme
[2]
Umrechnung der Bewehrung aus dem Diagramm
Bewehrung aus dem Diagramm: |
|
mit |
|
|
|
|
|
Ermittlung der Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung
Betondeckung und statische Nutzhöhe
- (aus der Statik)
-
Wirkungsbereich der Bewehrung
|
mit
|
|
|
|
|
|
|
Ermittlung der Beiwerte
|
für reinen Zug
|
Die Zugspannungen werden vom Bauteil selber hervorgerufen.
|
|
Die Querschnittshöhe beträgt h = 30cm.
|
Ermittlung des Grenzdurchmessers
Höhe der Zugzone unmittelbar vor Rissbildung
[3]
|
mit
|
|
und
|
- Der kleinere Wert ist maßgebend, d.h. der Grenzdurchmesser beträgt
- .
Ermittlung der Stahlspannung
|
mit
|
|
und
|
Alternativ kann die Stahlspannung auch aus der in der DIN EN 1992-1-1[1] angegebenen Tabelle abgelesen werden.
Ermittlung der Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Da es sich um eine Mindestbewehrung handelt, ist der kleinere Wert maßgebend, d.h. zur Begrenzung der Rissbreite müssen
eingelegt werden.
Vergleich der abgeschätzten mit der errechneten Bewehrung
Bewehrungsanordnung in der Wand
Das Abschätzen der Bewehrung mit den Diagrammen nach Meyer & Meyer ist sehr genau und damit für einen ersten Überschlag geeignet.
Da die rechnerische Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung geringer als die statisch erforderliche Bewehrung ist, müssen keine weiteren Bewehrungseisen eingelegt werden.
Vergleich mit dem Beispiel "Zwang - Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung für eine Wand (Bsp.)"
Kann die Verringerung der Zwangsbeanspruchung nicht angewendet werden, weil z.B. der späte Zwang nicht ausgeschlossen werden kann, ist die benötigte Bewehrungsmenge zur Begrenzung der Rissbreiten größer.
Quellen
- Fachliteratur / Normen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 DIN EN 1992-1-1 Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken. Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau mit Nationalem Anhang. Beuth Verlag GmbH 2016
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Baar, S.; Ebeling, K.: Lohmeyer Stahlbetonbau. Bemessung - Konstruktion - Ausführung. 10.Auflage. Wiesbaden 2017
- ↑ Fingerloos, F.; Hegger, J.; Zilch, K.: EUROCODE 2 für Deutschland. Kommentierte und konsolidierte Fassung. 2., überarbeitete Auflage. Beuth Verlag GmbH 2016
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