Zwang - Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung

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Allgemeines

Risse entstehen im Betonbauteil, wenn die Betonfestigkeit durch eine Last- oder Zwangsbeanspruchung oder einer Kombination beider überstiegen wird. Die Breite dieser Risse muss begrenzt werden, um die Gebrauchstauglichkeit und die Dauerhaftigkeit des Bauteils weiterhin zu gewährleisten. Die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit beinhaltet das Erscheinungsbild, die Dichtheit und die Nutzungsfähigkeit eines Bauteils, bei der Dauerhaftigkeit ist insbesondere die Korrosionsgefahr von Bedeutung. Neben der Begrenzung der Rissbreite ist eine ausreichende Betondeckung von weitaus größerer Bedeutung für die Einhaltung der Anforderungen an die Dauerhaftigkeit und die Gebrauchstauglichkeit. [F 1] [F 2]

zulässige Rissbreite

Die zulässige Rissbreite stellt den Grenzwert dar und ist von der Art der Konstruktion (Stahl- oder Spannbeton) und vom Anwendungsbereich, also von der Expositionsklasse abhängig. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Rissbreite nicht nur für die Nutzung, sondern auch für die Bauphase des Bauwerks gilt und somit die Expositionsklasse entsprechend anzupassen ist. Die Grenzwerte welche durch die DIN EN 1992-1-1 empfohlen werden, sind in der folgenden Tabelle aufgelistet. Für horizontale Flächen, die mit Chloriden beansprucht werden, beispielsweise in Parkhäusern, reichen die angegebenen Grenzwerte nicht aus und es sollten höhere Anforderungen definiert werden. [F 1] [F 2]

zulässige Rissbreiten [mm] nach DIN EN 1992-1-1 [N 1]
1 2 3 4 5
Expositionsklasse Konstruktion
Stahlbeton und Spannbeton mit Vorspannung ohne Verbund Spannbeton mit Vorspannung mit nachträglichem Verbund Spannbeton mit Vorspannung mit sofortigem Verbund
Einwirkungskombination
quasi-ständig häufig häufig selten
1 X0, XC1 0,4 0,2 0,2 -
2 XC2, XC3, XC4 0,3 0,2 0,2
3 XS1, XS2, XS3

XD1, XD2, XD3

Dekompression 0,2
Bei den Expositionsklassen X0 und XC1 hat die Rissbreite keinen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit und dient im Allgemeinen nur des Erscheinungsbildes. Fehlen entsprechende Anforderungen an das Erscheinungsbild, darf dieser Grenzwert erhöht werden.

Zusätzlich ist der Nachweis der Dekompression unter der quasi-ständigen Einwirkungskombination zu führen.

Wenn der Korrosionsschutz anderweitig sichergestellt wird (Hinweise hierzu in den Zulassungen der Spannverfahren), darf der Dekompressionsnachweis entfallen.

Bei dieser Expositionsklasse können besondere Maßnahmen erforderlich sein.

Die entstehenden Risse sind nach der voranstehenden Norm mit einer Mindestbewehrung in ihrer Breite zu begrenzen, sodass die Grenzwerte nicht überschritten werden. Bei folgen Bauteilen kann die Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung entfallen: [F 1]

  • Innenbauteile zu denen Feuchtigkeit keinen Zugang hat (Expositionsklasse XC1)
  • Bauteile ohne Korrosionsgefahr bei denen breite Risse mit z.B. einer Abdeckung geschützt werden
  • beigebeanspruchte Platten mit einer Gesamtdicke von maximal 20cm, die nur unwesentlich durch zentrischen Zug beansprucht sind, bei denen eine Mindestbewehrung nach DIN EN 1992-1-1 angeordnet ist und bei denen keine zusätzlichen Anforderungen an die Dauerhaftigkeit und das Erscheinungsbild gestellt werden


Vorgang der Rissbildung

Die Rissbildung kann in zwei Zustände unterschieden werden, die Erstrissbildung und das abgeschlossene Rissbild. Bei der Erstrissbildung entsteht beim Überschreiten der Betonzugfestigkeit ein Einzelriss, der im Wirkungsbereich der Mindestbewehrung mit hoher Wahrscheinlichkeit die zulässige Rissbreite nicht übersteigt. Durch die Begrenzung der Rissbreite kann die volle Zwangskraft jedoch nicht nur durch diesen einen Riss abgebaut werden. Daher entstehen weitere Risse bis die Zwangskraft vollständig abgebaut ist. [F 1]
Bei der Rissbildung wird die freiwerdende Zugkraft, die im Beton zum Riss führt, vom Stahlquerschnitt aufgenommen. Von den Rissufern beginnend wird diese Kraft vom Stahl wieder in den Beton eingeleitet. Da die Zwangsschnittgröße durch den Riss abgebaut wird, übersteigen die Spannungen im Beton zunächst nicht wieder die Betonzugfestigkeit. Erst wenn die Zwangsspannungen und damit auch die Zugspannung im Beton weiter ansteigen und die Betonzugfestigkeit überschreiten, entsteht der nächste Riss. Das abgeschlossene Rissbild ist erreicht, wenn die Zwangsbeanspruchung vollständig abgebaut ist und die Zugfestigkeit im Betonquerschnitt nicht mehr überschritten wird. [F 2]
Der Rissabstand ergibt sich aus der Einleitungslänge, also der Länge, über welche die Kraft aus dem Stahl in den Beton eingeleitet wird. Bei einer geringen Beanspruchung entspricht der maximale Rissabstand der doppelten Einleitungslänge, steigt die Beanspruchung an, verringert sich der Rissabstand auf die Größe der Einleitungslänge. [F 2]
Außerhalb des Wirkungsbereiches der Bewehrung laufen die enstehenden Einzelrisse zu Sammelrissen zusammen. Da diese Sammelrisse eine größere Breite als der vorgegebene Maximalwert haben, muss die Mindestbewehrung über die gesamte Höhe der Zugzone am Bauteilrand verteilt werden. Bei gegliederten Querschnitten muss die Bewehrung zusätzlich für die Teilquerschnitte einzeln ermittelt werden. [F 1]
Dabei ist sowohl die frühe Rissbildung durch den Zwang aus dem Abfließen der Hydratationswärme als auch die späte Rissbildung aus einer Überlagerung aus Last- und Zwangsbeanspruchungen zu berücksichtigen. Auch der Einfluss einer möglichen Überfestigkeit des Betons bei der Rissbildung infolge des späten Zwangs darf nicht vernachlässigt werden. Die Mindestbewehrung wird meist auf die mittlere Betonzugfestigkeit ausgelegt. Bei einer Überfestigkeit des Betons ist der Stahlquerschnitt jedoch nicht in der Lage die freiwerdende Zugkraft aufzunehmen, ohne sich plastisch zu verformen. [F 1] [F 2]
Nach der DIN EN 1992-1-1 darf die Bemessung der Mindestbewehrung zur Rissbreitenbegrenzung mit der Zwangsspannung σct,d erfolgen, wenn die Zwangsspannung kleiner als die Rissschnittgröße, die Spannung die zum Riss führt, ist. Empfehlungen aus dem „Lohmeyer Stahlbetonbau“ zur Ermittlung der Zwangsspannung werden auf der Seite „verringerte Zwangsbeanspruchungen“ gegeben. [F 1]

Ermittlung der Mindestbewehurng

Entsteht ein Riss im Stahlbetonbauteil wird die Zugkraft, welche zum Riss geführt hat, frei und muss vom Stahlquerschnitt aufgenommen werden. Aufgrund der Gleichgewichtsbedingungen, die im Bauteil herrschen, lässt sich daraus folgende Beziehung ableiten.

mit

und

ergibt sich die Beziehung


Quellen

Normen
  1. DIN EN 1992-1-1 Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken. Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau mit Nationalem Anhang. Beuth Verlag GmbH 2016


Fachliteratur
  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Baar, S.; Ebeling, K.: Lohmeyer Stahlbetonbau. Bemessung-Konstruktion-Ausführung. 10.Auflage. Wiesbaden 2017
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Fingerloos, F.; Hegger, J.; Zilch, K.: EUROCODE 2 für Deutschland. Kommentierte und konsolidierte Fassung. 2., überarbeitete Auflage. Beuth Verlag GmbH 2016


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