Biegebemessung (einachsige Biegung)

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Querschnitt unter reiner Biegung

Ziel der Bemessung bzw. des Nachweises eines überwiegend biegebeanspruchten Bauteils ist nachzuweisen, dass der Querschnitt die äußeren Schnittgrößen (MEd und NEd) im Grenzzustand der Tragfähigkeit aufnehmen kann. Bei der Bemessung wird der zur Aufnahme der einwirkenden Schnittgrößen erforderliche Bewehrungsquerschnitt ermittelt. Beim Nachweis der Tragfähigkeit eines biegebeanspruchten Bauteils wird für eine gegebene Situation überprüft, ob der Tragwiderstand zur Aufnahme der einwirkenden Schnittgrößen ausreicht. Beides sind unterschiedliche Aufgabenstellungen, die jedoch den gleichen Regeln folgen. Daher wird im Folgenden vereinfacht von Biegebemessung gesprochen. Die Aussagen sind aber in gleicher Weise auf die Nachweisaufgabe übertragbar.


Tragverhalten

Dehnungsbereiche

Beeinflusst wird die Tragfähigkeit von Biegebauteilen durch die Festigkeiten von Stahl und Beton, durch die aus dem Verhältnis von Längkraft und Biegung resultierenden Dehnungswerten sowie durch die Querschnittsgeometrie (Breite, Höhe und Form der Druckzone, statische Nutzhöhe, Bewehrungsquerschnittsfläche).

Der Verlust an Tragfähigkeit (das Versagen) ergibt sich, wenn die Bruchdehnung der Bewehrung oder des Betons überschritten wird und dementsprechend ein Stahl- oder Betonversagen eintritt. Abhängig von der Beton- und Stahldehnung können dabei fünf Dehnungsbereiche unterschieden werden[1]:

Dehnungsbereiche
  • Dehnungsbereich 1: Im gesamten Querschnitt treten ausschließlich Zugdehnungen auf. Die Bewehrung erreicht ihre Bruchdehnung von 25 ‰, das Versagen findet durch das Reißen der Bewehrung am höher beanspruchten Rand statt. Da vor dem Versagen die Fließgrenze überschritten wird, findet eine Ankündigung des Versagens durch plastische Verformungen und das Entstehen breite Risse statt.


    wobei:
    untere Randspannung
    obere Randspannung
  • Dehnungsbereich 2: Die Grenzdehnung der Zugbewehrung von 25 ‰ wird erreicht, in der Druckzone sind noch Tragreserven vorhanden. Das Versagen findet durch das Reißen der Zugbewehrung mit Vorankündigung statt.

  • wobei:
    vorhandene Stahldehnung
    Bruchdehnung des Stahls
    vorhandene Betondehnung
    Bruchstauchung des Betons
  • Dehnungsbereich 3: Die Fließgrenze des Stahls wird überschritten, seine Bruchdehnung wird aber nicht erreicht. Die Bruchdehnung der Betondruckzone wird erreicht. Das Versagen findet schließlich durch das Versagen der Betondruckzone statt. Trotz des Betonversagens findet eine mehr oder weniger deutliche Versagensankündigung statt, da der Stahl vor dem Bruch plastizieren kann.

  • wobei:
    Stahldehnung an der Fließgrenze
  • Dehnungsbereich 4: Der Stahl erreicht die Fließgrenze nicht, die Bruchdehnung des Betons wir überschritten. Die maßgebende Versagensart ist das Betonversagen. Da die Stahldehnung unter der Fließgrenze bleibt, findet keine Vorankündigung des Versagens statt. Da wegen der geringen Stahldehnung nicht die volle Zugfestigkeit des Stahls aktiviert wird, ergibt die Bemessung in diesem Bereich große, unwirtschaftliche Bewehrungsquerschnitte [2].

  • Dehnungsbereich 5: Im gesamten Querschnitt treten nur Druckspannungen auf. Das Versagen tritt durch Überschreiten der Tragfähigkeit des Betons ohne Vorankündigung ein. Ein duktiles Verhalten von Druckgliedern kann bei Bedarf auf andere Weise sichergestellt werden (z. B. enge Umschnürung der Längsbewehrung).

Für überwiegend biegebeanspruchte Bauteile sind die Dehnungsbereiche 2 - 4 relevant. Querschnitt im Dehnungsbereich 1 und 5 sind überwiegend längskraftbeansprucht. Bei der Bemessung ist stets ein Versagen mit Vorankündigung anzustreben, die Querschnitte sollten sich dementsprechend in den Dehnungsbereichen 2 oder 3 befinden. Bei Querschnitten im Dehnungsbereich 4 wird in der Regel Druckbewehrung zur Herstellung eines duktilen Bauteilverhaltens angeordnet.

prinzipielles Querschnitts-Tragverhalten

Dehnungsverteilung im Zustand I und II

Unter der Voraussetzung, dass sich der Querschnitt in einem der Dehnungsbereiche 1 bis 3 befindet, können im Tragverhalten von biegebeanspruchten Stahlbetonbauteilen wie auch für solche unter Zugbeanspruchung verschiedene Bereiche bzw. Zustände unterschieden werden:

  • Zustand I: In diesem Zustand ist der Beton noch ungerissen, die Betonzugfestigkeit wurde noch in keinem Punkt überschritten. Der Zustand I endet mit der erstmaligen Überschreitung der Betonzugfestigkeit und somit mit der Entstehung des Erstrisses. Im Zustand I spielt die Bewehrung, wegen der geringen Dehnung, welche auch nur eine geringe Zugspannung im Stahl bewirkt, noch keine besondere Rolle. Für die Ermittlung der Biegesteifigkeit E*I entspricht der E-Modul etwa dem des Betons.
  • Zustand IIa: Dies ist der Zustand, in dem die Rissbildung stattfindet. Er endet, wenn die Rissabstände so gering sind, dass die Zugfestigkeit des Betons zwischen den Rissen nicht mehr überschritten wird und sich demzufolge auch keine Risse mehr bilden können. In der Zugzone des Rissquerschnitts beteiligt sich der Beton nicht mehr am Lastabtrag. Die Rissbildung ist mit einem Steifigkeitsabfall verbunden.
  • Zustand IIb: Die Rissbildung ist abgeschlossen, bei zunehmender Stahlspannung treten keine neuen Risse mehr auf. Die mit der zunehmenden Stahlspannung verbundenen Stahldehnungen führen zu einer Verbreiterung der vorhandenen Risse. Der Zustand II b endet, wenn die Fließgrenze des Stahls erreicht wird.
  • Zustand III: Der Stahl beginnt nach der Überschreitung der Fließgrenze zu plastizieren. Infolge der Verfestigung des Stahls und des Anwachsens des Hebelarms der inneren Kräfte findet noch eine leichte Steigerung der Momententragfähigkeit statt. Der Zustand III endet mit dem Reißen der Bewehrung (Dehnungsbereich 1 und 2) oder des sekundären Versagens der eingeschnürten Betondruckzone (Dehnungsbereich 3).

Befindet sich der Querschnitt im Dehnungsbereich 4 gelten die gleichen Beziehungen, abgesehen davon, dass der Zustand III entfällt, da vor dem Erreichen der Fließgrenze des Stahls das Betonversagen stattfindet.

Im Zustand I sind die Spannungen noch linear über den Querschnitt verteilt, eine geschlossene Ermittlung der inneren Schnittgrößen ist daher möglich. Im Zustand II und III sind die Spannungen nicht mehr linear über den Querschnitt verteilt. In der Zugzone wird die Betonspannung gleich Null, da die Bemessung im Rissquerschnitt stattfindet. Außerdem nimmt die Spannungs-Dehnungs-Linie des Betons wegen der höheren Dehnungen einen nichtlinearen (Parabel-Rechteck-förmigen) Verlauf an[2].

Sicherstellung der Duktilität

Um eine ausreichende Versagensankündigung zu garantieren, ist sicherzustellen, dass die bei der Rissbildung freiwerdenden Zugkräfte durch die Zugbewehrung ohne schlagartiges Versagen aufgenommen werden können. Dies wird durch die Anordnung einer Mindestbewehrung sichergestellt.

Außerdem ist sicherzustellen, dass die Stahldehnung zum Versagenszeitpunkt über der Fließgrenze liegt. Hierfür ist die Druckzonenhöhe zu begrenzen. Wenn die Betonstauchung am oberen Rand der Bruchstauchung des Betons entspricht, findet eine Erhöhung der aufnehmbaren Betondruckkraft nur noch durch die Vergrößerung der Druckzone statt[2], hierdurch sinkt der Hebelarm der inneren Kräfte. Aufgrund der linearen Dehnungsverteilung über die Querschnittshöhe nimmt außerdem mit steigender Druckzonenhöhe x die Dehnung der Zugbewehrung ab. Wenn die Stahldehnung der Zugbewehrung dabei unter die Fließgrenze fällt, kommt es zu unwirtschaftlichen Bemessungsergebnissen und zu einem Versagen ohne Vorankündigung.

Der theoretische Wert der bezogenen Druckzonenhöhe, bei dem die Dehnung der Zugbewehrung die Fließgrenze noch geradeso erreicht, beträgt ξ = x/d = 0,617. Gemäß DIN EN 1992-1-1/NA 5.4[3] sollte ξ ≤ 0,45 (normalfester Beton) und ξ ≤ 0,35 (hochfester Beton), damit noch eine angemessene Plastizierung der Bewehrung stattfinden kann.

Um die bezogene Druckzonenhöhe zu begrenzen, gibt es drei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ergibt sich durch Erhöhung der Betonfestigkeit, die zweite besteht in einer Verbreiterung der Druckzone (vgl. Plattenbalken) und die dritte wird durch die Anordnung von Druckbewehrung gebildet (vgl. Druckbewehrung).

Bemessungsgrundlagen

Darstellung der relevanten Kräfte und geometrischen Größen für die Bemessung

Die Biegebemessung von Bauteilen im Grenzzustand der Tragfähigkeit erfolgt im Zustand II im Rissquerschnitt[4]. Eine Mitwirkung des Betons auf Zug ist ausgeschlossen. Eine geschlossene Lösung ist wegen der Nichtlinearität im Zustand II nicht mehr möglich. Aus demselben Grund ist auch die getrennte Bemessung für Normalkräfte und Momente mit späterer Superposition der Beanspruchungen ausgeschlossen, da das Superpositionsgesetz bei den vorweg genannten Annahmen nicht mehr gilt[2].

Transformation der äußeren Schnittgrößen

In der Regel ist es sinnvoll, die äußeren Schnittgrößen M und N auf die Schwerelinie der Bewehrung zu beziehen. Auf diese Weise können später die gleichen Bemessungshilfsmittel für alle möglichen Kombinationen von Längskraft und Biegung angewendet werden. Verschiebt man also die Normalkraft für die Bemessung gedanklich aus der Schwerachse des Querschnitts in die Schwerelinie der Bewehrung, dann ist dies auch durch eine Korrektur des einwirkenden Moments zu berücksichtigen.


wobei:

auf die Schwerelinie der Bewehrung bezogenes Bemessungsmoment
Abstand der Schwerachse der Bewehrung von der Schwerachse des Querschnitts

Vorbemessung

Da für die Bemessung die statische Nutzhöhe bekannt sein muss, welche wiederum abhängig von der Geometrie und Anordnung der Bewehrung ist, ist eine Vorbemessung der Bewehrung erforderlich. Diese kann z. B. mit den folgenden Näherungsformeln erfolgen.


wobei:

geschätzte Querschnittsfläche der Bewehrung
geschätztes, auf die Schwerelinie der Bewehrung bezogenes Bemessungsmoment
Bemessungswert der Stahlfestigkeit
geschätzter Hebelarm der inneren Kräfte

mit:


wobei:

geschätzte Abstand der Schwerelinie der Bewehrung von der des Querschnitts

Anhaltswerte für und können wie folgt angenommen werden:

Platten und Balken
Plattenbalken

wobei:

Querschnittshöhe
Abstand der Schwerelinie des Querschnitts vom Zugrand im Zustand I

Es ist zu beachten, dass alle Größen mit dem Index (est) im Zuge der späteren "richtigen" Bemessung neu zu ermitteln sind, da es sich bei den im Rahmen der Vorbemessung ermittelten Werten um Schätzwerte handelt. Ergibt sich nach der Bemessung eine Abweichung der tatsächlichen statischen Nutzhöhe von der aus der Vorbemessung, so ist die Bemessung mit der neuen statischen Nutzhöhe zu wiederholen. Darauf kann verzichtet werden, wenn die statisch Nutzhöhe größer wird, da das Bemessungsergebnis dann auf der sicheren Seite liegt.

Grundsätzliche Annahmen

lineare Dehnungsverteilung über den Querschnitt, starrer Verbund (Annahmen 1 und 2)

Die folgenden Annahmen werden der Biegebemessung zugrunde gelegt[5]:

  1. Die Hypothese von Bernoulli gilt, d.h. dass angenommen wird, dass die Dehnungen linear über den Querschnitt verteilt sind (Ebenbleiben der Querschnitte). Diese Annahme gilt für schlanke Bauteile (2 bzw. für Kragträger ), nicht erfüllt ist sie in Bereichen mit konzentrierter Lasteinleitung (z. B. unter Einzellasten oder im Auflagerbereich). Für Bereiche in denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Dehnungen linear über den Querschnitt verteilt sind, müssen andere Bemessungsverfahren verwendet werden z.B. Stabwerkmodelle.
  2. Zwischen der Bewehrung und dem Beton wird starrer Verbund vorausgesetzt, d.h. die Dehnung der Bewehrung entspricht der der angrenzenden Betonfaser.
  3. Die Bemessung erfolgt im Rissquerschnitt, d. h. die Zugfestigkeit des Betons wird in der Bemessung nicht angesetzt.
  4. Annahmen für die Materialkennlinie des Betons (Annahme 4)
    Für die rechnerischen Annahmen zur Spannungsdehnungslinie (Materialkennlinie) des Betons gelten die dargestellten Zusammenhänge. Prinzipiell können drei verschiedene Näherungen für den Spannungsverlauf in der Druckzone angewendet werden: das Parabel-Rechteck-Diagramm, die bilineare Materialkennlinie und der Spannungsblock. Die allermeisten Bemessungshilfsmittel beruhen auf dem Parabel-Rechteck-Diagramm. Die Verwendung des Spannungsblocks erlaubt eine direkte (geschlossene) Berechnung ohne die Anwendung von Bemessungshilfsmitteln, da im Unterschied zu den beiden anderen Materialkennlinien die Lage der resultierenden Betondruckkraft unveränderlich ist.
  5. Annahmen für die Materialkennlinie des Stahls (Annahme 5)
    Für die Spannungsdehnungslinie (Materialkennlinie) des Stahls gibt es ebenfalls zwei Näherungen, die jeweils einen bilinearen Verlauf abbilden. Bei der vereinfachten Materialkennlinie erfolgt nach Überschreitung der Streckgrenze keine Zunahme der Festigkeit mehr (horizontaler Ast). Bei der genaueren Materialkennlinie kann die Festigkeit abhängig von der erreichten Stahldehnung εs1 linear bis zur Zugfestigkeit gesteigert werden (geneigter Ast). Die Grenzdehnung des Stahls liegt bei εud = 25 ‰ (normalduktiler Stahl) bzw. 50 ‰ (hochduktiler Stahl).

Die Ermittlung des Bauteilwiderstands erfolgt durch Variation der Dehnungsebenen, bis sich innere und äußere Schnittgrößen im Gleichgewicht befinden. Da dies ein iterativer Prozess ist, der bei einer Handrechnung einen hohen Aufwand bedeutet, werden i.d.R Bemessungshilfsmittel verwendet. Diese Bemessungshilfsmittel beruhen in der Regel auf allgemeingültigen bezogenen Parametern, die für jede konkrete Dehnungsverteilung auch mit einem konkreten Wert angegeben werden können. Typische bezogene Parameter sind z. B.:

bezogenes Moment
bezogene Betondruckkraft
bezogene Höhe der Betondruckzone
bezogener Hebelarm der inneren Kräfte
mechanischer Bewehrungsgrad

Die Bemessungshilfsmittel können gängigen Tabellenwerken z.B. Schneider Bautabellen[4] entnommen werden. Im Folgenden werden das allgemeine Bemessungsdiagramm, das -Verfahren und das -Verfahren vorgestellt. Anschließend findet man auch noch eine Herleitung der Bestimmungsgleichungen für die Biegebemessung mit einem parabel-rechteckförmigen Spannungsverlauf in der Druckzone (iterative Lösung) und mit dem vereinfachten rechteckförmigen Spannungsblock (geschlossene Lösung).

Druckbewehrung

Gelangt ein Querschnitt bei der Bemessung in den Dehnungsbereich 4 bzw. überschreitet die bezogene Betondruckzonenhöhe einen Wert von ξ = 0,45 (normalfester Beton) bzw. ξ = 0,35 (hochfester Beton), dann muss (sofern keine anderen Maßnahmen getroffen werden) Druckbewehrung angeordnet werden, um eine angemessene Duktilität zu gewährleisten. Durch die Anordnung einer Druckbewehrung wird die Druckzone des Querschnitts verstärkt und die Druckzonenhöhe reduziert. Auf diese Weise kann die Bewehrung bei steigender Belastung zunächst wieder ausreichend plastizieren, bevor es zum Versagen kommt. Durch die Anordnung der Druckbewehrung wird der Beton in der Druckzone in einem geringen Teilbereich verdrängt, d. h. die Fläche der Betondruckzone wird um den Anteil der Querschnittsfläche der Bewehrung reduziert. Dieser Einfluss ist (zumindest bei normalfestem Beton) gering und wird daher bei der Bemessung in der Regel vernachlässigt [2].

Bemessung von Querschnitten mir Druckbewehrung durch Aufteilung des einwirkenden Moments

Bei der Bemessung von Querschnitten mit Druckbewehrung wird die Dehnungslinie auf den letzten zulässigen Verlauf zurückgeführt (für normalfesten Beton ξlim = 0,45 ≙ lim μEds = 0,296). Danach wird der Gesamtquerschnitt gedanklich in zwei Querschnittsanteile aufgeteilt (siehe Abbildung). Der erste Querschnittsanteil ist bei der vorliegenden Dehnungsverteilung gerade noch ohne Druckbewehrung tragfähig, kann jedoch nur einen Teil des einwirkenden Moments (lim MEds) aufnehmen. Der zweite Querschnittsanteil besteht aus zusätzlicher Zug- und Druckbewehrung und dient zur Aufnahme des Restmoments ΔMEds. Die Bestimmungsgleichungen können dann wie folgt angegeben werden:

wobei:

vom Querschnitt ohne Druckbewehrung aufnehmbares Moment (für ξlim)
bezogenes Moment für

wobei:

Querschnittsfläche der Zugbewehrung für Querschnittsanteil 1
Hebelarm der inneren Kräfte (mit ζlim)

Das Restmoment ΔMEds, welches vom Querschnittsanteil 2 aufgenommen werden muss, ergibt sich dann wie folgt:

Da für den Querschnittsanteil 2 die gleiche Dehnungsverteilung gilt und außerdem die Wirkungslinien der resultierenden Zug- und Druckkraft bekannt sind (Schwerachsen der Bewehrungslagen), können die zusätzlichen Bewehrungsquerschnitte wie folgt bestimmt werden:

wobei:

Querschnittsfläche der zusätzlichen Zugbewehrung für ΔMEds
Abstand der Schwerelinie der Druckbewehrung vom gedrückten Rand

wobei:

Querschnittsfläche der Druckbewehrung
Stahlspannung der Druckbewehrung

Während das Erreichen der Streckgrenze in der Zugbewehrung durch die zugrunde liegende Dehnungsverteilung sichergestellt ist, muss für die Druckbewehrung noch geprüft werden, ob diese (abhängig von der Lage zum oberen Rand) die Streckgrenze auch erreicht.

Die gesamte Querschnittsfläche der Zugbewehrung ergibt sich durch die Addition beider Anteile, die Querschnittsfläche der Druckbewehrung entspricht der für den zweiten Momentenanteil.

wobei:

Querschnittsfläche der Zugbewehrung

Um ein frühzeitiges Ausknicken der Druckbewehrung zu vermeiden, ist diese ausreichend zu umbüglen (vgl. DIN EN 1992-1-1 9.1.2.1[4]). In der Regel ist durch die ohnehin erforderliche Querkraftbewehrung eine ausreichende Umbügelung gegeben. Für Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung stehen ebenfalls Bemessungshilfsmittel zur Verfügung[4]. Es können auch die Bemessungshilfsmittel für Rechteckquerschnitte ohne Druckbewehrung verwendet werden, dabei ist dann das einwirkende Moment aufzuteilen.

Plattenbalken

Da bei Plattenbalken nur die stegnahen Bereiche vollständig mitwirken und sich die Platte mit zunehmendem Abstand zum Steg der aufgezwungenen Verformung entzieht, wurde die mitwirkende Plattenbreite eingeführt. In diesem Bereich wird die komplexe Form der Druckverteilung zu einer mit konstantem Verlauf vereinfacht.

Bei der Bemessung von Plattenbalken können abhängig von der Lage der Spannungsnulllinie unterschiedliche Fälle unterschieden werden.

Ist die Druckzonenhöhe kleiner als die Höhe der Platte befindet sich die gesamte Druckzone in der Platte und ist somit rechteckförmig (). Die Bemessung kann wie für Rechteckquerschnitte durchgeführt werden, als Querschnittsbreite ist die mitwirkende Plattenbreite anzusetzen.

Lage der Spannungsnulllinie in der Platte

Übersteigt die Druckzonenhöhe die Plattenhöhe, ist die Druckzone nicht mehr rechteckförmig ( (wobei ...Plattenhöhe)). Dies muss in der Bemessung berücksichtigt werden. Für diesen Fall stehen gesonderte Bemessungshilfsmittel zur Verfügung.

Lage der Spannungsnulllinie im Steg (positive Momente)

In Bereichen mit negativen Momenten befindet sich die Druckzone im Steg. Es ergibt sich eine rechteckförmige Druckzone, die Bemessung kann wie für Rechteckquerschnitte durchgeführt werden, als Querschnittsbreite ist die Stegbreite anzusetzen. Wenn die bezogene Druckzonenhöhe wie von der Norm gefordert auf 0,45 begrenzt wird, kann der Vergleich der Steghöhe mit der Druckzonenhöhe entfallen, da die Steghöhe in der Regel größer als die Plattenhöhe ist und dadurch von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass die Druckzone ganz im Steg liegt.

Lage der Spannungsnulllinie im Steg (negative Momente)

Bemessungshilfsmittel

Allgemeines Bemessungsdiagramm

Allgemeines Bemssungsdiagramm

Das allgemeine Bemessungsdiagramm stellt die Beziehungen zwischen den verschiedenen bezogenen Parametern μEds, νcd, ξ, ζ sowie den Dehnungswerten εs1 und εc2 in grafischer Form dar. Alle Werte wurden dabei über dem bezogenen Moment μEds aufgetragen, da dieses häufig als Eingangswert für die Bemessung verwendet wird. Da es sich beim allgemeinen Bemessungsdiagramm um ein Bemessungshilfmittel mit dimensionslosen Werten handelt, kann es für unterschiedliche Beton- und Stahlfestigkeiten verwendet werden. Für hochfesten Beton gibt es allerdings gesonderte Diagramme, da hier die Materialkennlinien in ihrer mathematischen Beschreibung von der des normalfesten Betons abweicht. Bei diesem Bemessungshilfsmittel ist die Genauigkeit der Bemessungsergebnisse auf die Ablesegenauigkeit beschränkt.

Rechteckquerschnitt ohne Druckbewehrung

Abgelesen werden können die Stahldehnung, die Betonstauchung, die bezogene Druckzonenhöhe und der bezogene Hebelarm der inneren Kräfte.

Mithilfe der Stahldehnung lässt sich die Stahlspannung ermitteln. Mit dieser kann in einem nächsten Schritt die erforderliche Bewehrungsmenge ermittelt werden.


wobei:

Bemessungswert der Stahlspannung der Zugbewehrung(entspricht bei Verwendung des horizontalen Asts der Stahlkennlinie der Bemessungszugfestigkeit)


Beispiel

Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung

Verwendet man für die Ermittlung des bezogenen Moments das Grenzmoment, ist auch die Bemessung von Rechteckquerschnitten mit Druckbewehrung möglich. Zusätzlicher Eingagnswert ist das Verhältnis , zusätzlicher Ablesewerte ist die Stauchung der Druckbewehrung.

Die Ermittlung der Bewehrungsquerschnittsflächen erfolgt mit den folgenden Gleichungen:


wobei:

Bemessungswert der Stahlspannung der Druckbewehrung (entspricht i.d.R. der Bemessungszugfestigkeit)


Beispiel

-Verfahren

Das -Verfahren stellt die tabellarische Umsetzung des allgemeinen Bemessungsdiagramms dar. Die Ablesewerte können entweder auf der sicheren Seite liegend aufgerundet oder interpoliert werden. Durch die Interpolation werden genauere Ergebnisse im Vergleich zum allgemeinen Bemessungsdiagramm erzielt.

Eingangswert ist das bezogene Moment, es handelt sich dementsprechend um ein dimensionsloses Bemessungshilfsmittel.Da alle Eingangswerte dimensionslos sind, kann das -Verfahren auch für andere Stähle als B500 verwendet werden, allerdings sind die angegebenen Stahlspannungen dann nicht mehr gültig.

Zusätzlich zu den anderen bezogenen Größen wird der mechanische Bewehrungsgrad eingeführt. Dieser wird für die Ermittlung der Bewehrung ermittelt.

Bei der Verwendung des -Verfahrens ist darauf zu achten, dass es unterschiedliche Tafeln für normalfeste und hochfeste Betone gibt.

Rechteckquerschnitt ohne Druckbewehrung

Neben dem mechanischen Bewehrungsgrad können auch die bezogene Betondruckzonenhöhe, der bezogene Hebelarm der inneren Kräfte, die Betonstauchung und die Stahldehnung abgelesen werden. Außerdem können auch die Stahlspannungen abgelesen werden, die sich für einen B500 ergeben. Dabei sind die Stahlspannungen beruhend auf der Spannungs-Dehnungs-Linie mit horizontalem und geneigtem Ast ablesbar.


wobei:

mechanischer Bewehrungsgrad


Beispiel

Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung

Für die Bemessung von Rechteckquerschnitten mit Druckbewehrung stehen gesonderte Bemessungstafeln zur Verfügung. Zusätzliche Eingangswerte sind das Verhältnis und die angestrebte bezogene Druckzonenhöhe.

Außerdem müssen für unterschiedliche Stahlsorten und Teilsicherheitsbeiwerte des Stahls unterschiedliche Tafeln verwendet werden.

Abgelesen werden können der mechanische Zugbewehrungsgrad und der mechanische Druckbewehrungsgrad, mit welchen die Ermittlung der Querschnittsfläche der Druck- und Zugbewehrung möglich ist.

Beispiel

Plattenbalkenquerschnitte

Auch für Plattenbalkenquerschnitte stehen gesonderte Bemessungstafeln zur Verfügung. Diese sind grundsätzlich zu verwendet, wenn die Druckzone des Plattenbalkens nicht rechteckförmig ist, können aber auch für Plattenbalken mit einer rechteckförmigen Druckzone verwendet werden.

Für unterschiedliche Stahlsorten und Teilsicherheitsbeiwerte des Stahls müssen unterschiedliche Tafeln verwendet werden. Außerdem wird hier nur der vereinfachte horizontale Verlauf der Spannungs-Dehnungslinie des Stahls verwendet.

Eingangswerte sind neben dem bezogenen Moment das Verhältnis der Plattenhöhe zur statischen Nutzhöhe und das von mitwirkender Plattenbreite zu Stegbreite. Ablesewert ist der mechanische Bewehrungsgrad .

Die Anordnung von Druckbewehrung in Plattenbalken kann mit diesem Bemessungshilfsmittel nicht berücksichtigt werden.

Die Ermittlung der Bewehrung erfolgt wie gewohnt mit . Die für die Bemessung verwendete Querschnittsbreite ist die mitwirkende Plattenbreite.


wobei:

mitwirkende Plattenbreite


Beispiel

-Verfahren

Bei dem -Verfahren handelt es sich um ein dimensionsgebundenes Verfahren, bei der Ermittlung von und ist daher unbedingt auf die Verwendung der richtigen Einheiten zu achten. Eingangswerte bei Verwendung der Bemessungstafeln ist neben die Betonfestigkeitsklasse.

Auch hier stehen wieder Bemessungstafeln getrennt für normalfesten und hochfesten Beton zur Verfügung. Diese Tafeln gelten ebenfalls für eine bestimmte Stahlsorte und einen bestimmten Teilsicherheitsbeiwert für den Stahl.

Die Ablesewerte sind entweder auf der sicheren Seite liegend aufzurunden oder für genauere Ergebnisse zu interpolieren.

Rechteckquerschnitte ohne Druckbewehrung

Abgelesen werden können , die bezogene Druckzonenhöhe, der bezogene Hebelarm der inneren Kräfte sowie die Stauchung des Betons und die Dehnung der Zugbewehrung.

Die Ermittlung der Querschnittsfläche der Zugbewehrung erfolgt mithilfe von .

Beispiel

Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung

Die Bemessung von Rechteckquerschnitten mit Druckbewehrung mit dem -Verfahren ist möglich, hierfür werden die zusätzlichen Beiwerte , und eingeführt.

Zusätzlicher Eingangswert ist die angestrebte bezogene Druckzonenhöhe. Für die Ablesung von und wird außerdem das Verhältnis von benötigt. Die Ablesewerte sind ,, und .

Die Querschnittsfläche der Zugbewehrung kann mithilfe von und , die der Druckbewehrung mithilfe von und ermittelt werden.

Beispiel

Bemessung ohne Hilfsmittel

Bemessung mit dem Spannungsblock (geschlossene Lösung)

Gemäß DIN EN 1992-1-1[5] kann neben einer parabel-rechteck-förmigen auch eine rechteckförmige Spannungsverteilung in der Druckzone für die Bemessung verwendet werden. Vorteil der Verwendung des Spannungsblocks für die Bemessung ist, dass eine geschlossene Lösung möglich ist. Hierdurch ist eine einfache Handrechnung ohne Bemessungshilfsmittel möglich ist.

Für die Verwendung des Spannungsblocks werden folgende Beiwerte eingeführt[5].

1,00 0,80

Die Bemessung kann mit den folgenden Gleichungen erfolgen.

Bemessung mit Parabel-Rechteck-Diagramm (iterative Lösung)

Ziel der Bemessung ist, dass das aufnehmbare Moment mindestens so groß wie das einwirkende Moment ist. Es wird nur die iterative Berechnung von Rechteckquerschnitten ohne Druckbewehrung näher betrachtet. Eine Abwandlung der Gleichungen für Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung und Plattenbalken unter der Berücksichtigung der geänderten Umstände ist möglich.

Wird der Drehpunkt in den Angriffspunkt der Stahlzugkraft bzw. der Betondruckkraft gelegt, ergibt sich das aufnehmbare Moment wie folgt.


wobei:

Stahlzugkraft
Betondruckkraft


Da die Bewehrungsquerschnittsfläche nicht bekannt ist wird im Weiteren mit der Betondruckkraft weiter gerechnet.

Die Betondruckkraft und der Hebelarm der inneren Kräfte können mit den folgenden Gleichungen ermittelt werden.


wobei:

Völligkeitsgrad
Druckzonenhöhe



wobei:

Abstand der inneren Druckkraft
Höhenbeiwert


Sowohl der Hebelarm der inneren Kräfte als auch die Betondruckkraft ist abhängig von der Stahldehnung bzw. der Betonstauchung. Diese werden im Weiteren so lange variiert, bis das Gleichgewicht zwischen innerem und äußerem Moment gegeben ist. Wenn die maßgebende Versagensform das Stahlversagen ist, entspricht die Stahldehnung der Bruchdehnung und die Betonstauchung wird variiert. Wird Betonversagen maßgebend, wird entspricht die Stauchung des Betons der Bruchstauchung und die Stahldehnung wird variiert.

Nach Abschluss der Iteration lässt sich die Querschnittsfläche der Zugbewehrung mit den folgenden Gleichungen ermitteln.

Kontrollieren lässt sich das Bemessungsergebnis durch Aufstellen des Gleichgewichts der horizontalen Kräfte.

Quellen

  1. Wommelsdorff,O., Albert,A., Fischer,J., Stahlbetonbau-Bemessung und Konstruktion Teil 1, 11. Auflage, Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2017
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Zilch,K., Zehetmaier,G.: Bemessung im konstruktiven Betonbau; 2. Auflage, Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, 2006
  3. DIN EN 1992-1-1/NA, Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau, Beuth-Verlag, 2013
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Albert,A., Bautabellen fü Ingenieure, Auflage 26, Bundesanzeigerverlag, 2024
  5. 5,0 5,1 5,2 DIN EN 1992-1-1, Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau, Beuth-Verlag, 2011
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