Direkte Verformungsberechnung - biegebeanspruchte Bauteile

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Im Rahmen der Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit ist auch ein Verformungsnachweis zu führen. Dieser kann indirekt über die Biegeschlankheit geführt werden oder über eine direkte Verformungsberechnung. Die direkte Verformungsberechnung ist zwar aufwendiger, ergibt im Vergleich zum indirekten Verformungsnachweis aber genauere Ergebnisse. Auf dieser Seite werden die Einflüsse auf die Verformungen sowie Möglichkeiten der direkten Berechnung von Verformungen vorgestellt.

Allgemeines

Grundsätzlich bietet sich die direkte Verformungsberechnung immer dann an, wenn eine genauere Kenntnis der sich ergebenden Verformung erforderlich ist. Die direkte Verformungsberechnung kann vor allem unter folgenden Bedingungen sinnvoll sein:

  • schlanke bzw. schwingungsanfällige Bauteile
  • hoch ausgenutzte Bauteile
  • Decken mit hohen Einzellasten bei gleichzeitiger flächiger Verkehrslast
  • Bauteile bei denen Verformungen zum Verlust der Funktionsfähigkeit führen können (z.B. Bauteile unter Maschinen, Flachdächer (Entwässerung))
  • Bauteile deren Verformungen Schäden an angrenzenden Bauteilen hervorrufen können (z.B. Risse in Wänden auf dem Bauteil, Schäden Glasfassaden bzw. Schaufenstern)

Im Folgenden wird das numerische Verfahren und das Näherungsverfahren näher erläutert, anschließend wird auf die Durchbiegungsberechnung bei statisch unbestimmten Systemen eingegangen. Alle vorgestellten Verfahren sind gemäß EC 2 zulässig für die direkte Verformungsberechnung.

Materialkennwerte

Die Genauigkeit der verwendeten Werkstoffmodelle ist der Genauigkeit der Verformungsberechnung anzupassen. Wird ein genaues Berechnungsmodell verwendet aber die Werkstoffeigenschaften nicht realitätsnah genug beschrieben, entsteht ein hoher Aufwand für ein weniger genaues Ergebnis.

Für das Elastizitätsmodul und die Festigkeitswerte von Beton sind Mittelwerte zu verwenden. Im Bereich von sigma_c<0,4 f_ck kann davon ausgegangen werden, dass sich der Beton linear-elastisch verhält. Da im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit i.d.R. davon ausgegangen werden kann, dass diese Grenze nicht überschritten wird, kann ein linear-elastisches Tragverhalten für den Beton angenommen werden.

Für den Stahl darf eine bilinearen Spannungsdehnungslinie angenommen werden.

Grundlagen

Zusammenhang Belastung - Steifigkeit - Krümmung

Gemäß den allgemeinen Zusammenhängen der Mechanik sind die Krümmung abhängig von der Belastung und der Steifigkeit:

Die Durchbiegung ergibt sich durch zweifache Integration der Krümmung:

Die Durchbiegung ist dementsprechend abhängig von der Systemlänge, der Belastung und der Steifigkeit. Unter Annahme eines zum Krümmungsverlauf affinen Momentenverlaufes lässt sich das Doppelintegral der Krümmung unter zur Hilfenahme des Prinzips der virtuellen Kräfte zu folgendem Ausdruck umstellen:

Die virtuelle Kraft für die Bestimmung der virtuellen Momente ist an der Stelle aufzubringen, an der die Verformung berechnet werden soll.

Steifigkeit

Die Verformungen von Stahlbetonbauteilen sind maßgeblich von der Steifigkeit abhängig. Diese wird stark vom Stand der Rissbildung abhängig, im Rahmen des Rissbildungsprozesses kommt es zum Abfall der Steifigkeit. Nimmt die Steifigkeit ab, nehmen die Verformungen zu. Die Steifigkeit eines Bauteils im Zustand II (abgeschlossene Rissbildung) ist geringer als im Zustand I (umgerissen). Näheres zum Prozess der Rissbildung kann der Seite zur Biegebemessung entnommen werden.

Prinzipdarstellung: Vergleich der wirkenden Belastung und des Rissmomentes zur Beurteilung des Zustandwechsels

Die Verformungsberechnung von Stahlbetonbauteilen wird dadurch erschwert, dass sich nicht das ganze Bauteil im Zustand I bzw. II befindet, sodass die Steifigkeiten abschnittsweise differieren. Vereinfachend wird in der Durchbiegungsberechnung bei der Ermittlung der Steifigkeiten nur zwischen dem umgerissenen und dem vollständig gerissenen Zustand unterschieden. Die Steifigkeit während des Rissbildungsprozesses wird vernachlässigt [1].

Durch die Vernachlässigung des Rissbildungsprozesses bei der Berechnung kommt es an der Grenze zwischen dem Bereich im Zustand I und dem im Zustand II zu einem sprunghaften Abfall der Steifigkeit; würde er berücksichtigt werden, fände der Abfall der Steifigkeit kontinuirlich statt. Vernachlässigt man den Rissbildungsprozess wird die Steifigkeit unterschätzt, sodass die Vernachlässigung auf der sichern Seite liegende Ergebnisse ergibt.

wobei:

untersuchter Dehnungsparameter (Dehnung, Krümmung oder Rotation)
untersuchter Dehnungsparameter im Zustand I
untersuchter Dehnungsparameter im Zustand II
Verteilungsbeiwert zur Berücksichtigung der Rissbildung und der Mitwirkung des Betons zwischen den Rissen

Für ungerissene Querschnitte ist der Verteilungsbeiwert ; für gerissene Querschnitte ergibt er sich nach folgender Gleichung:

wobei:

Koeffizient zur Berücksichtigung der Belastungsdauer und der Lastwiederholungen ( bei Kurzzeitbelastung; bei Langzeitbelastung oder vielen Zyklen wiederholender Belastung)
die Spannung in der Zugbewehrung bei Annahme eines gerissenen Querschnitts unter einer Einwirkungskombination, die zur Erstrissbildung führt
die Spannung in der Zugbewehrung bei Annahme eines gerissenen Querschnitts (Spannung im Riss)

Eine Zusammenfassung der Querschnittswerte für den Zustand I und Zustand II lässt sich der Literatur entnehmen [2].

Krümmung

Eine Krümmung entsteht bei unterschiedlichen Dehnungen an der Ober- und Unterkante des Bauteils. Im Zustand I ist sie abhängig von der Betondehnung an der Unterkante und der Betonstauchung an der Oberkante, im Zustand II von der Betonstauchung an der Oberkante und der Dehnung der Zugbewehrung. Für die Krümmungen sind im allgemeinen die gleichen Einflussgrößen maßgebend wie für die Verformungen.

Der Krümmungsverlauf ist affin zum Momentenverlauf. Die Beziehungen zwischen Momenten und Krümmungen lassen sich mithilfe der Momenten-Krümmungs-Beziehungen beschreiben.

Einflüsse auf die Verformung

Generell wird die Verformung durch alle Faktoren beeinflusst, die die Dehnungen und somit auch die Krümmung eines Bauteils beeinflussen. Grund hierfür ist der Zusammenhang zwischen Belastung und Krümmung. Im Folgenden wird auf die wichtigsten Einflussfaktoren für die Verformungen eingegangen:

Material

Die Verformung wird maßgeblich durch die Festigkeit und die zeitlich veränderlichen Eigenschaften (z.B. Kriechen und Schwinden) der verwendeten Materialien beeinflusst. Der Einfluss des Betons ist hierbei bedeutender als der der Bewehrung. Von der Zugfestigkeit des Betons ist abhängig, wann das Bauteil in den Zustand II übergeht. Je größer die Zugfestigkeit des Betons ist, desto kleiner ist der Bereich des Bauteils, der sich im Zustand II befindet und desto kleiner ist die Verformung. Auf den Einfluss von Kriechen und Schwinden wird in separaten Abschnitten eingegangen.

Unter Dauerblastung nimmt die wirksame Zugfestigkeit mit der Zeit ab, sodass sich der Bereich der sich im Zustand II befindet vergrößert. Gleiches gilt wegen des Zusammenhangs zwischen Steifigkeit und Verformung auch für die Verformungen [3]. Dieser Umstand ist bei der Berechnung zu berücksichtigen (vgl. Belastungsgeschicht).

Bauteilgeometrie

Die Größe der auftretenden Verformung ist maßgeblich abhängig von den Flächenträgheitsmomenten und somit auch von der Bauteilhöhe und Breite. Mit steigender Bauteilhöhe und Bauteilbreite nehmen die Verformungen ab. Der Einfluss der Bauteilbreite ist dabei geringer als der der Höhe. Dies lässt sich auch an der Gleichung für die Ermittlung des Flächenträgheitsmoments deutlich erkennen.

wobei:

Breite
Höhe


Mit zunehmender Systemlänge nehmen die Verformungen zu.

Bewehrungslage/-menge

Auch die Lage und Menge der Bewehrung hat einen Einfluss auf das Flächenträgheitsmoment und somit auf die Verformungen. Je größer der Abstand der Bewehrung vom Schwerpunkt ist und je mehr Bewehrung vorhanden ist, desto größer wird das Flächenträgheitsmoment. Der Einfluss der Bewehrung auf die Bauteilsteifigkeit spielt allerdings erst im Zustand II eine größere Rolle, im Zustand I ist ihr Einfluss unbedeutend gering.

Mit zunehmender Menge an Bewehrung sinkt bei gleicher Belastung außerdem die Stahldehnungen, sodass die Krümmungen und somit auch die Verformungen abnehmen.

Belastung

Mit steigender Belastung vergrößert sich der Bereich der sich im Zustand II befindet, sodass die Steifigkeit abnimmt und die Verformungen zunehmen. Unter kurzzeitiger Belastung treten kleinere Verformungen auf als unter langzeitiger.

Belastungsgeschichte

Wenn ein Bauteil einmal in den gerissenen Zustand übergegangen ist, nimmt die Steifigkeit irreversibel ab. Sinkt die Last wieder unter die Last, bei der es zur Rissbildung kommt, nimmt die Steifigkeit nicht wieder zu. Wenn das Bauteil planmäßig Lasten ausgesetzt ist, welche zur Rissbildung führen oder wenn dies nicht ausgeschlossen werden kann, ist diesem Umstand bei der Verformungsberechnung durch Vergrößerung des Bereichs im Zustand II Rechnung zu tragen, auch wenn unter den Lasten, die der Berechnung zu Grunde liegen keine Risse entstehen.

Berücksichtigen lässt sich die Belastungsgeschichte indem die Größe des Bereichs im Zustand II unter seltener Einwirkungskombination bei Ansatz der Kurzzeitzugfestigkeit ermittelt wird. Die Berücksichtigung der Verringerung der wirksamen Zugfestigkeit ist bei dieser Variante nicht erforderlich, da davon ausgegangen wird, dass die Vergrößerung des Bereichs im Zustand II mithilfe dieses Modells ausreichend ist [3].

Kriechen

Unter Kriechen versteht man die zeitabhängige Verformungszunahme unter konstanter Belastung. Auf die Grundlagen für und die Einflüsse auf das Kriechen wird auf einer gesonderten Seite eingegangen. Allgemein lässt sich feststellen, dass je größer der Kriecheinfluss ist, desto mehr nehmen die Verformungen zu. Berücksichtigt werden kann der Kriecheinfluss durch die Abminderung des Elastizitätsmoduls mithilfe der Kriechzahl.

Schwinden

Auch für nähere Informationen zum Schwinden steht eine gesonderte Seite zur Verfügung. Der Einfluss des Schwindens auf die Verformungen resultiert aus der unterschiedlich stark behinderten Schwindverformung durch die Bewehrung über die Querschnittshöhe. Im Zugbereich wird die Schwindverformung durch die Zugbewehrung behindert. Ist im Druckbereich keine oder nur wenig Bewehrung vorhanden, finden die Schwindverformungen ungehindert statt. Durch die unterschiedlichen Dehnungen an Bauteilober- und -unterseite entsteht eine Krümmung und infolgedessen eine Durchbiegung. Die größere Krümmung wird rechnerisch durch einen zusätzlichen Krümmungsanteil berücksichtigt.

Die Krümmungen infolge Schwinden sind belastungsunabhängig, sie hängen nur von der Bauteilgeometrie ab. Die Krümmungen infolge Schwinden sind somit bei konstantem Querschnitt über die Bauteillänge bekannt.

Temperatur

Die Temperatur teilt sich in einen konstanten und einen linearen Anteil auf. Der konstante Anteil führt zu einer konstanten Verformung (statisch bestimmte Systeme) bzw. Spannung (statisch unbestimmte Systeme) über die Querschnittshöhe. Der lineare Temperaturanteil entsteht, wenn eine Seite wärmer bzw. kälter ist als die andere, hieraus resultiert eine veränderliche Dehnung über die Querschnittshöhe und somit eine Krümmung. Wegen des allgemeinen Zusammenhangs von Krümmung und Durchbiegung, entsteht infolgedessen auch eine Durchbiegung.

Mitwirkung des Betons zwischen den Rissen

Zwischen den Rissen werden die Zugkräfte aus dem Beton wieder in den Beton übertragen, wodurch die Stahldehnung abnimmt. Wird die Mitwirkung des Betons zwischen den Rissen nicht berücksichtigt, wird die Verformung überschätzt, da die Krümmung überschätzt wird. Berücksichtigt werden kann sie über den Verteilungsbeiwert.

Statisch bestimmte Systeme

Näherungsverfahren nach EC2

Im Näherungsverfahren wird von einer konstanten Steifigkeit über das gesamte Bauteil ausgegangen. Die Krümmungen im Zustand I und II werden am Punkt der maximalen Belastung ermittelt und auf die gesamte Länge übertragen [4]. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Querschnitte über die Bauteillänge ist mit dem Näherungsverfahren nicht möglich.

Die Verformungsberechnung mithilfe des Näherungsverfahrens läuft folgendermaßen ab:

Im ersten Schritt wird die Krümmung im Zustand I an der Stelle des Maximalmoments ermittelt.

wobei:

Krümmung im Zustand I
einwirkendes Moment
effektives Elastizitätsmodul (Berücksichtigung des Kriechens)
Trägheitsmoment im Zustand I

wobei:

mittleres Elastizitätsmodul
Kriechzahl


Anschließend wird die Krümmung an der Stelle des maximalen Moments für den vollständig gerissenen Querschnitt ermittelt.

wobei:

Krümmung im Zustand II
Stahldehnung im Zustand II
statische Nutzhöhe
Druckzonenhöhe im Zustand II

wobei:

Verhältnis der Elastizitätsmoduli
Längsbewehrungsgrad
Bewehrungsquerschnittsfläche

Darauf folgend kann mithilfe des Verteilungsbeiwerts der wahrscheinliche Wert der Krümmung ermittelt werden. Statt über die Spannungen kann der Verteilungsbeiwert auch mithilfe des einwirkenden Moments und des Rissmoments ermittelt werden.

wobei:

Anrissspannung im Zustand II
Rissbildungsmoment
Betonzugfestigkeit
Abstand des Schwerpunkts vom Zugrand

Für nähere Erläuterungen zum Verteilungsbeiwert vgl. oben.

Nach diesen Schritten werden die Krümmungen infolge Schwinden im Zustand I und II ermittelt.

Steifigkeitsbeiwert für den Zustand II[5]

wobei:

Krümmung infolge Schwinden
Schwindmaß
Flächenmoment 1. Grades der Querschnittsfläche der Bewehrung, bezogen auf den Schwerpunkt des Querschnitts im Zustand I
Flächenmoment 1. Grades der Querschnittsfläche der Bewehrung, bezogen auf den Schwerpunkt des Querschnitts im Zustand II
Flächenträgheitsmoment im Zustand I
Flächenträgheitsmoment im Zustand II
Steifigkeitsbeiwert für den Zustand II (vgl. Grafik)

Mit diesen beiden Werten und dem Verteilungsbeiwert kann der wahrscheinliche Wert der Krümmung infolge Schwinden ermittelt werden.

Beiwert für die Momentenverteilung[6]

Im letzten Schritt werden die einzelnen Krümmungsanteile addiert und schlussendlich aus der Gesamtkrümmung die Durchbiegung berechnet.

wobei:

Durchbiegung
Beiwert für die Momentenverteilung (vgl. Grafik)
Systemlänge

Beispiel für die Verformungsberechnung mithilfe des Näherungsverfahrens

Numerische Integration

Prinzipdarstellung: Krümmungsverlauf nach numerischer Integration
Prinzipdarstellung: Beurteilung des Zustandwechsels anhand der Ordinaten xcr,1;2

Die numerische Integration stellt eine weitere Möglichkeit zur Berechnung der Verformungen eines Bauteils dar. Im Rahmen dieses Verfahrens werden die Krümmungen über die Bauteillänge integriert, die Krümmungen in den betrachteten Abschnitten werden mitthilfe der Momenten-Krümmungs-Beziehungen bestimmt. Der größere Rechenaufwand ermöglicht eine genauere Berücksichtigung der unterschiedlichen Beanspruchung über die Bauteillänge.

Die grundlegende Annahme ist auch hier der Zusammenhang aus Krümmung, Belastung und Steifigkeit des Querschnittes:

(Herleitung siehe oben)

Die Integration kann als numerische Integration mithilfe der Newton-Cotes Formeln erfolgen, dies eignet sich besonders gut für eine computerbasierte Umsetzung. Die gebräuchlichsten Verfahren sind die Trapez- und die Simpsonregel.

Simpsonregel:

wobei:

Länge eines Intervalls

Das Bauteil wird in eine beliebige Anzahl an Intervallen unterteilt, bei Verwendung der Simpsonregel muss die Anzahl der Intervalle gerade bzw. die Anzahl der Stützstellen ungerade sein. Je höher die Anzahl der betrachteten Querschnitte gewählt wird, desto genauer lässt sich die Durchbiegung ermitteln. Für eine genaue Näherung an die Durchbiegung reicht bereits eine Unterteilung in 9 Stützstellen bzw. 8 Intervalle aus. Eine Vergrößerung der Einteilung liefert letztlich nur geringe Verbesserungen, die den erheblich größeren Rechenaufwand nicht rechtfertigen.

Für jeden betrachteten Querschnitt werden die virtuellen Momentenschnittgrößen sowie die Krümmung ermittelt. Die virtuellen Momente sind abhängig vom Ort der Verformungsermittlung und dem statischen System, die Krümmungen von der Belastung (vgl. Momenten-Krümmungs-Beziehungen).

Bei symmetrischen Systemen mit symmetrischer Belastung ist die Betrachtung einer Bauteilhälfte ausreichend.

Eine Differenzierung zwischen den Zuständen I und II lässt sich über folgenden Ausdruck ermitteln[7]:

Mcr Rissmoment
pk Belastung

Der Ansatz liefert zwei Ordinaten: erstere gibt Aufschluss über den Wechsel von Zustand I in den Zustand II; zweitere gibt Aufschluss über den Wechsel von Zustand II in den Zustand I.

Beispiel für die Verformungsberechnung mithilfe der numerischen Integration

Statisch unbestimmte Systeme

Prinzipdarstellung: Abhängigkeiten der Krümmungsberechnung statisch unbestimmter Systeme

Bei statisch unbestimmten Systemen steht die Schnittgrößenverteilung in einem direkten Zusammenhang mit der Steifigkeitsverteilung. Diese wiederum ist maßgeblich abhängig von der Rissbildung und somit von der Größe der Bereiche im Zustand I bzw. II. Aufgrund dieses Zusammenhangs ist nur eine iterative Berechnung der Durchbiegung möglich.

In einem ersten Schritt können für eine frei wählbare Steifigkeitsverteilung die Schnittgrößen ermittelt werden. Anschließend wird für diese Schnittgrößenverteilung die Größe der Bereiche im Zustand I bzw. II festgelegt und die sich hieraus ergebende Steifigkeitsverteilung mit der angenommenen verglichen. Ist die Differenz zwischen angenommener und berechneter Steifigkeitsverteilung zu groß, wird der Vorgang mit der neuen, berechneten Steifigkeitsverteilung wiederholt.

Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis die Differenz ausreichend gering ist. Das akzeptierte Maß dieser Differenz ist frei wählbar, je kleiner sie ist, desto größer ist die Genauigkeit.

Wenn die Iteration beendet ist, kann die Durchbiegung wie bereits besprochen durch numerische Integration Krümmungen über die Bauteillänge oder mit dem Näherungsverfahren berechnet werden.

Wegen des hohen Aufwands und der Fehleranfälligkeit einer händischen Berechnung bietet sich für die direkte Verformungsberechnung statisch unbestimmter Systeme eine computerbasierte Umsetzung an.


Quellen

  1. DIN EN 1992-1-1, Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau, Beuth-Verlag, 2011
  2. Goris, Alfons; Bender, Michél: Stahlbetonbau-Praxis nach Eurocode 2, Band 1, 6. Überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin: Beuth Verlag GmbH; S. 270, 271
  3. 3,0 3,1 Zilch,K., Zehetmaier,G., Bemessung im konstruktiven Betonbau, 2. Auflage, Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, 2006
  4. Goris, Alfons; Bender, Michél: Stahlbetonbau-Praxis nach Eurocode 2, Band 1, 6. Überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin: Beuth Verlag GmbH; S. 300ff
  5. Deutscher Aussschuss für Stahlbeton: Bemessungshilfen zu Eurocode 2, Teil 1, Planung von Stahlbeton und Spannbetonwerken; DAfStb Heft 425
  6. Litzner, H.-U.: Grundlagen der Bemessung nach Eurocode 2, BK 1995
  7. Strohbusch, Jens: Beitrag zur Verformungsberechnung im Stahlbetonbau mit kritischer Bewertung bestehender Regelungen. Universität Siegen, Fachbereich Bauingenieurwesen, Dissertation, 2010; S. 95


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