Biegebemessung (einachsige Biegung): Unterschied zwischen den Versionen

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<math> M_{Ed}\leq M_{Rd} \qquad\qquad N_{Ed}\leq N_{Rd} </math>
 
<math> M_{Ed}\leq M_{Rd} \qquad\qquad N_{Ed}\leq N_{Rd} </math>
 
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wobei:
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| <math> M_{Ed} </math> … || einwirkendes Moment
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| <math> N_{Ed} </math> … || einwirkende Normalkraft
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| <math> M_{Rd} </math> … || aufnehmbares Moment
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| <math> N_{Rd} </math> … || aufnehmbare Normalkraft
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=Tragverhalten=
 
=Tragverhalten=
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Beeinflusst wird die Tragfähigkeit von Biegebauteilen durch die Festigkeiten von Stahl und Beton, deren Zusammenhang mit den Dehnungswerten sowie durch die Querschnittswerte (Breite, Höhe und Form der Druckzone, statische Nutzhöhe, Bewehrungsquerschnittsfläche).
 
Beeinflusst wird die Tragfähigkeit von Biegebauteilen durch die Festigkeiten von Stahl und Beton, deren Zusammenhang mit den Dehnungswerten sowie durch die Querschnittswerte (Breite, Höhe und Form der Druckzone, statische Nutzhöhe, Bewehrungsquerschnittsfläche).
  
Die Bemessung im Grenzzustand setzt voraus, dass die Bruchdehnung der Bewehrung  oder des Betons (vgl. Bild… und Bild …) überschritten wird und dementsprechend ein Stahl- oder Betonversagen eintritt. Abhängig von der Beton- und Stahldehnung können dabei fünf Dehnungsbereiche unterschieden werden<ref Name = "Q1">Wommelsdorff,O., Albert,A., Fischer,J., Stahlbetonbau-Bemessung und Konstruktion Teil 1, 11. Auflage, Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2017</ref>:
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Die Bemessung im Grenzzustand setzt voraus, dass die Bruchdehnung der Bewehrung  oder des Betons überschritten wird und dementsprechend ein Stahl- oder Betonversagen eintritt. Abhängig von der Beton- und Stahldehnung können dabei fünf Dehnungsbereiche unterschieden werden<ref Name = "Q1">Wommelsdorff,O., Albert,A., Fischer,J., Stahlbetonbau-Bemessung und Konstruktion Teil 1, 11. Auflage, Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2017</ref>:
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)2.png|right|thumb|500px|Dehnungsbereiche]]
  
 
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<math> 0>\varepsilon_c>\varepsilon_{c2u} </math></li>   
 
<math> 0>\varepsilon_c>\varepsilon_{c2u} </math></li>   
 
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wobei:
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| <math> \varepsilon_{s1} </math> … || vorhandene Stahlsdehnung
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| <math> \varepsilon_{su} </math> … || Bruchdehnung des Stahls
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| <math> \varepsilon_{c} </math> … || vorhandene Betondehnung
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| <math> \varepsilon_{c2u} </math> … || Bruchstauchung des Betons
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|}</li>
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<li>'''Dehnungsbereiche 3:'''
 
<li>'''Dehnungsbereiche 3:'''
 
Die Fließgrenze des Stahls wird überschritten, die Bruchdehnung der Bewehrung wird aber nicht erreicht. Die Bruchdehnung der Betondruckzone wird erreicht. Das Versagen findet durch das Versagen der Betondruckzone statt. Trotz des Betonversagens findet eine Versagensankündigung statt, da der Stahl vor dem Bruch plastizieren kann.<br />
 
Die Fließgrenze des Stahls wird überschritten, die Bruchdehnung der Bewehrung wird aber nicht erreicht. Die Bruchdehnung der Betondruckzone wird erreicht. Das Versagen findet durch das Versagen der Betondruckzone statt. Trotz des Betonversagens findet eine Versagensankündigung statt, da der Stahl vor dem Bruch plastizieren kann.<br />
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<math> \varepsilon_c=\varepsilon_{c2u} </math></li>   
 
<math> \varepsilon_c=\varepsilon_{c2u} </math></li>   
 
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wobei:
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| <math> \varepsilon_{y} </math> … || Stahldehnung an der Fließgrenze
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<li>'''Dehnungsbereiche 4:'''
 
<li>'''Dehnungsbereiche 4:'''
 
Der Stahl erreicht die Fließgrenze nicht, die Bruchdehnung des Betons wir überschritten. Die maßgebende Versagensart ist das Betonversagen, da die Stahldehnung unter der Fließgrenze bleibt, findet keine Vorankündigung des Versagens statt. Da wegen der geringen Stahldehnung nicht die volle Zugfestigkeit des Stahls aktiviert wird, ergibt die Bemessung in diesem Bereich große, unwirtschaftliche Bewehrungsquerschnittsflächen <ref name = "Q2"></ref>.<br /><br />
 
Der Stahl erreicht die Fließgrenze nicht, die Bruchdehnung des Betons wir überschritten. Die maßgebende Versagensart ist das Betonversagen, da die Stahldehnung unter der Fließgrenze bleibt, findet keine Vorankündigung des Versagens statt. Da wegen der geringen Stahldehnung nicht die volle Zugfestigkeit des Stahls aktiviert wird, ergibt die Bemessung in diesem Bereich große, unwirtschaftliche Bewehrungsquerschnittsflächen <ref name = "Q2"></ref>.<br /><br />
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==Spannungsdehnungslinie==
 
==Spannungsdehnungslinie==
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)4.png|right|thumb|300px|Dehnungsverteilung im Zustand I und II]]
 
Unter der Voraussetzung, dass sich der Querschnitt in einem der Dehnungsbereiche 1 bis 3 befindet, kann die Spannungs-Dehnungs-Linie von biegebeanspruchten Stahlbetonbauteilen wie auch die für solche unter Zugbeanspruchung in verschiedene Bereiche bzw. Zustände eingeteilt werden:
 
Unter der Voraussetzung, dass sich der Querschnitt in einem der Dehnungsbereiche 1 bis 3 befindet, kann die Spannungs-Dehnungs-Linie von biegebeanspruchten Stahlbetonbauteilen wie auch die für solche unter Zugbeanspruchung in verschiedene Bereiche bzw. Zustände eingeteilt werden:
  
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Befindet sich der Querschnitt im Dehnungsbereich 4 gelten die gleichen Beziehungen abgesehen davon, dass Zustand III entfällt, da vor der Erreichung der Fließgrenze des Stahls das Betonversagen stattfindet.
 
Befindet sich der Querschnitt im Dehnungsbereich 4 gelten die gleichen Beziehungen abgesehen davon, dass Zustand III entfällt, da vor der Erreichung der Fließgrenze des Stahls das Betonversagen stattfindet.
  
Im Zustand I sind die Spannungen noch linear über den Querschnitt verteilt (vgl. Bild…), eine geschlossene Ermittlung der inneren Schnittgrößen ist daher möglich. Im Zustand II und III sind die Spannungen nicht mehr linear über den Querschnitt verteilt; in der Zugzone wird die Betonspannung null, da die Bemessung im Rissquerschnitt stattfindet. Außerdem wird die Spannungs-Dehnungs-Linie des Betons wegen der höheren Dehnungen nichtlinear<ref Name = "Q2">Zilch,K., Zehetmaier,G., Bemessung im konstruktiven Betonbau, 2. Auflage, Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, 2006</ref> (vgl. Bild…).
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Im Zustand I sind die Spannungen noch linear über den Querschnitt verteilt, eine geschlossene Ermittlung der inneren Schnittgrößen ist daher möglich. Im Zustand II und III sind die Spannungen nicht mehr linear über den Querschnitt verteilt; in der Zugzone wird die Betonspannung null, da die Bemessung im Rissquerschnitt stattfindet. Außerdem wird die Spannungs-Dehnungs-Linie des Betons wegen der höheren Dehnungen nichtlinear<ref Name = "Q2">Zilch,K., Zehetmaier,G., Bemessung im konstruktiven Betonbau, 2. Auflage, Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, 2006</ref>.
  
 
==Sicherstellung der Duktilität==
 
==Sicherstellung der Duktilität==
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=Bemessung=
 
=Bemessung=
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)3.png|right|thumb|300px|Darstellung der relevanten Kräfte und geometrischen Größen für die Bemessung]]
 
Die Biegebemessung erfolgt für Bauteile im Zustand II im Rissquerschnitt<ref Name = "Q4"></ref>. Eine geschlossene Lösung ist wegen der Nichtlinearität im Zustand II nicht mehr möglich. Aus demselben Grund ist auch die getrennte Bemessung für Normalkraft und Momente ausgeschlossen, da die Superposition der Auswirkung beider Lastfälle nicht mehr möglich ist<ref name = "Q2"></ref>.
 
Die Biegebemessung erfolgt für Bauteile im Zustand II im Rissquerschnitt<ref Name = "Q4"></ref>. Eine geschlossene Lösung ist wegen der Nichtlinearität im Zustand II nicht mehr möglich. Aus demselben Grund ist auch die getrennte Bemessung für Normalkraft und Momente ausgeschlossen, da die Superposition der Auswirkung beider Lastfälle nicht mehr möglich ist<ref name = "Q2"></ref>.
  
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<math>A_{s,est}=\frac{M_{Eds,est}}{f_{yd}\cdot z_{est}}+\frac{N_{Ed}}{f_{yd}}</math>
 
<math>A_{s,est}=\frac{M_{Eds,est}}{f_{yd}\cdot z_{est}}+\frac{N_{Ed}}{f_{yd}}</math>
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wobei:
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:{|
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| <math> A_{s,est} </math> … || geschätzte Bewehrungsquerschnittsfläche
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| <math> M_{Eds,est} </math> … || geschätztes auf die Schwerelinie der Bewehrung bezogenes Bemessungsmoment
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|-
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| <math> f_{yd} </math> … || Bemessungsfestigkeit des Stahls
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|-
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| <math> z_{est} </math> … || geschätzter Hebelarm der inneren Kräfte
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|}</li>
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mit:
 
mit:
  
 
<math>M_{Eds,est}=M_{Ed}-N_{Ed}\cdot z_{s1,est}</math>
 
<math>M_{Eds,est}=M_{Ed}-N_{Ed}\cdot z_{s1,est}</math>
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wobei:
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:{|
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| <math> z_{s1,est} </math> … || geschätzte Abstand der Schwerelinie der Bewehrung von der des Querschnitts
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|}</li>
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Anhaltswerte für <math>z_{est}</math> und <math>z_{s1,est}</math> ergeben sich wie folgt:
Anhaltswerte für <math>z_{est}</math> und <math>z_{s1,est}</math> ergeben sich wie folgt.
 
  
 
<table>
 
<table>
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   </tr>
 
   </tr>
 
</table>
 
</table>
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wobei:
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:{|
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|-
 +
| <math> h </math> … || Querschnittshöhe
 +
|-
 +
| <math> z_{I,c1}</math> … || Abstand der Schwerelinie vom Zugrand im Zustand I
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|}</li>
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Ergibt sich nach der Bemessung eine Abweichung der tatsächlichen statischen Nutzhöhe von der aus der Vorbemessung, ist die Bemessung mit der neuen statischen Nutzhöhe zu wiederholen. Darauf kann verzichtet werden, wenn die statisch Nutzhöhe größer wird, da das Bemessungsergebnis dann auf der sicheren Seite liegt.
 
Ergibt sich nach der Bemessung eine Abweichung der tatsächlichen statischen Nutzhöhe von der aus der Vorbemessung, ist die Bemessung mit der neuen statischen Nutzhöhe zu wiederholen. Darauf kann verzichtet werden, wenn die statisch Nutzhöhe größer wird, da das Bemessungsergebnis dann auf der sicheren Seite liegt.
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<math> M_{Eds}=M_{Ed}-N_{Ed}\cdot z_{s1} </math>
 
<math> M_{Eds}=M_{Ed}-N_{Ed}\cdot z_{s1} </math>
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wobei:
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:{|
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| <math> M_{Eds} </math> … || auf die Schwerelinie der Bewehrung bezogenes Bemessungsmoment
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|-
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| <math> z_{s1}</math> … || Hebelarm der inneren Kräfte
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|}</li>
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==Grundsätzliche Annahmen==
 
==Grundsätzliche Annahmen==
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<ul>
 
<ul>
 
<li>Die Hypothese von Bernoulli gilt, d.h. dass angenommen wird, dass die Dehnungen linear über den Querschnitt verteilt sind (Ebenbleiben der Querschnitte). Diese Annahme gilt für schlanke Bauteile (<math>l/h\geq</math>2 bzw. für Kragträger <math>l_k/h\geq1</math>), nicht erfüllt ist sie in Bereichen mit konzentrierter Lasteinleitung (z. B. unter Einzellasten oder im Auflagerbereich). Für Bereiche in denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Dehnungen linear über den Querschnitt verteilt sind, müssen andere Bemessungsverfahren verwendet werden z.B. Stabwerkmodelle.</li>
 
<li>Die Hypothese von Bernoulli gilt, d.h. dass angenommen wird, dass die Dehnungen linear über den Querschnitt verteilt sind (Ebenbleiben der Querschnitte). Diese Annahme gilt für schlanke Bauteile (<math>l/h\geq</math>2 bzw. für Kragträger <math>l_k/h\geq1</math>), nicht erfüllt ist sie in Bereichen mit konzentrierter Lasteinleitung (z. B. unter Einzellasten oder im Auflagerbereich). Für Bereiche in denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Dehnungen linear über den Querschnitt verteilt sind, müssen andere Bemessungsverfahren verwendet werden z.B. Stabwerkmodelle.</li>
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)5.png|right|thumb|250px|Dehnungsvertilung über den Querschnitt im Grenzzustand der Tragfähigkeit]]
  
 
<li>Die Zugfestigkeit des Betons wird in der Bemessung nicht angesetzt, die Bemessung erfolgt im Rissquerschnitt.</li>
 
<li>Die Zugfestigkeit des Betons wird in der Bemessung nicht angesetzt, die Bemessung erfolgt im Rissquerschnitt.</li>
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<li>Zwischen der Bewehrung und dem Beton wird starrer Verbund vorausgesetzt, d.h. die Dehnung der Bewehrung entspricht der der angrenzenden Betonfaser.</li>
 
<li>Zwischen der Bewehrung und dem Beton wird starrer Verbund vorausgesetzt, d.h. die Dehnung der Bewehrung entspricht der der angrenzenden Betonfaser.</li>
  
<li>Für die Spannungsdehnungslinie des Betons und der Bewehrung gelten die Zusammenhänge aus Bild … und Bild …. Für die Spannungsdehnungslinie des Stahls kann eine vereinfachte oder eine genauere Spannungsdehnungslinie verwendet werden. Bei der vereinfachten wird nach Überschreitung der Streckgrenze keine Spannungszunahme mehr berücksichtigt (horizontaler Ast), bei der genaueren schon (geneigter Ast)</li>
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<li>Für die Spannungsdehnungslinie des Betons und der Bewehrung gelten die dargestellten Zusammenhänge. Für die Spannungsdehnungslinie des Stahls kann eine vereinfachte oder eine genauere Spannungsdehnungslinie verwendet werden. Bei der vereinfachten wird nach Überschreitung der Streckgrenze keine Spannungszunahme mehr berücksichtigt (horizontaler Ast), bei der genaueren schon (geneigter Ast)</li>
 
</ul>
 
</ul>
 
[[File:Spannung Beton.PNG|right|thumb|200px|Spannungsdehnungslinie Beton]]
 
[[File:Spannung Beton.PNG|right|thumb|200px|Spannungsdehnungslinie Beton]]
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<math>\mu_{Eds}=\frac{M_{Eds}}{b\cdot d^2\cdot f_{cd}}</math>
 
<math>\mu_{Eds}=\frac{M_{Eds}}{b\cdot d^2\cdot f_{cd}}</math>
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wobei:
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| <math> \mu_{Eds} </math> … || bezogenes Moment
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| <math> b</math> … || Querschnittsbreite
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|-
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| <math> d</math> … || statische Nutzhöhe
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|-
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| <math> f_{cd}</math> … || Bemessungsdruckfestigkeit des Betons
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|}</li>
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Im Folgenden werden das allgemeine Bemessungsdiagramm, das <math>\omega</math>-Verfahren und das <math>k_d</math>-Verfahren vorgestellt. Anschließend findet auch noch eine Herleitung der Gleichungen für die Biegebemessung mit einem parabel-rechteckförmigen Spannungsverlauf in der Druckzone (iterative Lösung) und mit dem vereinfachten rechteckförmigen Spannungsblock (geschlossene Lösung) statt.
 
Im Folgenden werden das allgemeine Bemessungsdiagramm, das <math>\omega</math>-Verfahren und das <math>k_d</math>-Verfahren vorgestellt. Anschließend findet auch noch eine Herleitung der Gleichungen für die Biegebemessung mit einem parabel-rechteckförmigen Spannungsverlauf in der Druckzone (iterative Lösung) und mit dem vereinfachten rechteckförmigen Spannungsblock (geschlossene Lösung) statt.
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In der Regel kann bei der Bemessung trotz der Druckbewehrung mit der Bruttofläche der Betondruckzone gerechnet werden, da die Unterschiede im Vergleich zur Bemessung mit der Nettofläche gering sind<ref name = "Q2"></ref>.
 
In der Regel kann bei der Bemessung trotz der Druckbewehrung mit der Bruttofläche der Betondruckzone gerechnet werden, da die Unterschiede im Vergleich zur Bemessung mit der Nettofläche gering sind<ref name = "Q2"></ref>.
  
Für Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung stehen ebenfalls Bemessungshilfsmittel zur Verfügung<ref name = "Q4"></ref>. Es können auch die Bemessungshilfsmittel für Rechteckquerschnitte ohne Druckbewehrung verwendet werden, dabei ist dann das einwirkende Moment aufzuteilen (vgl. Bild …).
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Für Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung stehen ebenfalls Bemessungshilfsmittel zur Verfügung<ref name = "Q4"></ref>. Es können auch die Bemessungshilfsmittel für Rechteckquerschnitte ohne Druckbewehrung verwendet werden, dabei ist dann das einwirkende Moment aufzuteilen.
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)7.png|right|thumb|300px|Bemessung von Querschnitten mir Druckbewehrung durch Aufteilung des einwirkenden Moments]]
  
 
Zunächst läuft die Biegebemessung wie gewohnt ab. Als bezogenes Moment wird das verwendet, bei dem die angestrebte bezogene Druckzonenhöhe erreicht wird (z.B <math>\mu_{Eds}=0,296</math> für x/d=0,45). Mithilfe des bezogenen Moments kann das aufnehmbare Moment der so ermittelten Zugbewehrung berechnet werden. Dieses Moment wird im weiteren als Grenzmoment bezeichnet.
 
Zunächst läuft die Biegebemessung wie gewohnt ab. Als bezogenes Moment wird das verwendet, bei dem die angestrebte bezogene Druckzonenhöhe erreicht wird (z.B <math>\mu_{Eds}=0,296</math> für x/d=0,45). Mithilfe des bezogenen Moments kann das aufnehmbare Moment der so ermittelten Zugbewehrung berechnet werden. Dieses Moment wird im weiteren als Grenzmoment bezeichnet.
  
<math>lim\ M_{Eds}=lim\ \mu_{Eds}\cdot b^2\cdot d^2\cdot f_{cd}</math>
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<math>lim\ M_{Eds}=lim\ \mu_{Eds}\cdot b\cdot d^2\cdot f_{cd}</math>
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wobei:
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:{|
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| <math> lim\ M_{Eds} </math> … || Bemessungsmoment für x/d=0,45
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| <math> lim\ \mu_{Eds}</math> … || bezogenes Moment für x/d=0,45
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|}</li>
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<math>A_{s1,lim\ M}=\frac{1}{f_{yd}}\cdot\left(\frac{lim\ M_{Eds}}{z}+N_{Ed}\right)</math>
 
<math>A_{s1,lim\ M}=\frac{1}{f_{yd}}\cdot\left(\frac{lim\ M_{Eds}}{z}+N_{Ed}\right)</math>
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wobei:
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:{|
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| <math> A_{s1,lim\ M} </math> … || Querschnittsfläche der Zugbewehrung für x/d=0,45
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|-
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| <math> z</math> … || Hebelarm der inneren Kräfte
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|}</li>
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Die Differenz zwischen Gesamtmoment und Grenzmoment muss durch weitere Zugbewehrung und Druckbewehrung aufgenommen werden.
 
Die Differenz zwischen Gesamtmoment und Grenzmoment muss durch weitere Zugbewehrung und Druckbewehrung aufgenommen werden.
  
 
<math>\Delta M_{Eds}=M_{Eds}-lim\ M_{Eds}</math>
 
<math>\Delta M_{Eds}=M_{Eds}-lim\ M_{Eds}</math>
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wobei:
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:{|
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|-
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| <math> \Delta M_{Eds} </math> … || Anteil des Gesamtmoments, welcher über x/d=0,45 hinaus geht
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|}</li>
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Da dieser Momentenanteil nur durch die Druckbewehrung und die zusätzliche Zugbewehrung aufgenommen wird, liegen für diesen Momentenanteil wieder lineare Dehnungsverhältnisse vor und die erforderliche Bewehrung lässt sich mithilfe der folgenden Gleichung ermitteln.
 
Da dieser Momentenanteil nur durch die Druckbewehrung und die zusätzliche Zugbewehrung aufgenommen wird, liegen für diesen Momentenanteil wieder lineare Dehnungsverhältnisse vor und die erforderliche Bewehrung lässt sich mithilfe der folgenden Gleichung ermitteln.
  
 
<math>A_{s1,\Delta M}=\frac{1}{f_{yd}}\cdot\left(\frac{\Delta M_{Eds}}{d-d_2}\right)</math>
 
<math>A_{s1,\Delta M}=\frac{1}{f_{yd}}\cdot\left(\frac{\Delta M_{Eds}}{d-d_2}\right)</math>
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wobei:
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:{|
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|-
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| <math> A_{s1,\Delta M} </math> … || Querschnittsfläche der Zugbewehrung für \Delta M_{Eds}
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|-
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| <math> d_2 </math> … || Abstand der Schwerelinie der Druckbewehrung vom gedrückten Rand
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|}</li>
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<math>A_{s2}=\frac{1}{\sigma_{s2}}\cdot\left(\frac{\Delta M_{Eds}}{d-d_2}\right)</math>
 
<math>A_{s2}=\frac{1}{\sigma_{s2}}\cdot\left(\frac{\Delta M_{Eds}}{d-d_2}\right)</math>
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<br />
 +
wobei:
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:{|
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|-
 +
| <math> A_{s2} </math> … || Querschnittsfläche der Druckbewehrung
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|-
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| <math>\sigma_{s2} </math> … || Stahlspannung der Druckbewehrung
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|}</li>
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Die gesamte Querschnittsfläche der Zugbewehrung ergibt sich durch die Addition beider Anteile, die Querschnittsfläche der Druckbewehrung entspricht der für den zweiten Momentenanteil.
 
Die gesamte Querschnittsfläche der Zugbewehrung ergibt sich durch die Addition beider Anteile, die Querschnittsfläche der Druckbewehrung entspricht der für den zweiten Momentenanteil.
  
 
<math>A_{s1}=A_{s1,lim\ M}+A_{s1,\Delta M}</math>
 
<math>A_{s1}=A_{s1,lim\ M}+A_{s1,\Delta M}</math>
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wobei:
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| <math> A_{s1} </math> … || Querschnittsfläche der Zugbewehrung
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|}</li>
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Um ein frühzeitiges Ausknicken der Druckbewehrung zu vermeiden, ist diese ausreichend zu umbüglen (vgl. DIN EN 1992-1-1 9.1.2.1<ref name = "Q4"></ref>). In der Regel ist durch die ohnehin erforderliche Querkraftbewehrung eine ausreichende Umbügelung gegeben.
 
Um ein frühzeitiges Ausknicken der Druckbewehrung zu vermeiden, ist diese ausreichend zu umbüglen (vgl. DIN EN 1992-1-1 9.1.2.1<ref name = "Q4"></ref>). In der Regel ist durch die ohnehin erforderliche Querkraftbewehrung eine ausreichende Umbügelung gegeben.
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Ist die Druckzonenhöhe kleiner als die Höhe der Platte befindet sich die gesamte Druckzone in der Platte und ist somit rechteckförmig (<math> \xi<h_f/d</math>). Die Bemessung kann wie für Rechteckquerschnitte durchgeführt werden, als Querschnittsbreite ist die mitwirkende Plattenbreite anzusetzen.
 
Ist die Druckzonenhöhe kleiner als die Höhe der Platte befindet sich die gesamte Druckzone in der Platte und ist somit rechteckförmig (<math> \xi<h_f/d</math>). Die Bemessung kann wie für Rechteckquerschnitte durchgeführt werden, als Querschnittsbreite ist die mitwirkende Plattenbreite anzusetzen.
  
Übersteigt die Druckzonenhöhe die Plattenhöhe, ist die Druckzone nicht mehr rechteckförmig (<math> \xi>h_f/d</math>). Dies muss in der Bemessung berücksichtigt werden. Für diesen Fall stehen gesonderte Bemessungshilfsmittel zur Verfügung.
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)8.png|right|thumb|250px|Lage der Spannungsnulllinie in der Platte]]
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Übersteigt die Druckzonenhöhe die Plattenhöhe, ist die Druckzone nicht mehr rechteckförmig (<math> \xi>h_f/d</math> (wobei <math>h_f</math>...Plattenhöhe)). Dies muss in der Bemessung berücksichtigt werden. Für diesen Fall stehen gesonderte Bemessungshilfsmittel zur Verfügung.
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)9.png|right|thumb|250px|Lage der Spannungsnulllinie im Steg (positive Momente)]]
  
 
In Bereichen mit negativen Momenten befindet sich die Druckzone im Steg. Es ergibt sich eine rechteckförmige Druckzone, die Bemessung kann wie für Rechteckquerschnitte durchgeführt werden, als Querschnittsbreite ist die Stegbreite anzusetzen. Wenn die bezogene Druckzonenhöhe wie von der Norm gefordert auf 0,45 begrenzt wird, kann der Vergleich der Steghöhe mit der Druckzonenhöhe entfallen, da die Steghöhe in der Regel größer als die Plattenhöhe ist und dadurch von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass die Druckzone ganz im Steg liegt.
 
In Bereichen mit negativen Momenten befindet sich die Druckzone im Steg. Es ergibt sich eine rechteckförmige Druckzone, die Bemessung kann wie für Rechteckquerschnitte durchgeführt werden, als Querschnittsbreite ist die Stegbreite anzusetzen. Wenn die bezogene Druckzonenhöhe wie von der Norm gefordert auf 0,45 begrenzt wird, kann der Vergleich der Steghöhe mit der Druckzonenhöhe entfallen, da die Steghöhe in der Regel größer als die Plattenhöhe ist und dadurch von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass die Druckzone ganz im Steg liegt.
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)10.png|right|thumb|250px|Lage der Spannungsnulllinie im Steg (negative Momente)]]
  
 
==Bemessungshilfsmittel==
 
==Bemessungshilfsmittel==
 
===Allgemeines Bemessungsdiagramm===
 
===Allgemeines Bemessungsdiagramm===
 
Der Eingangswert für das allgemeine Bemessungsdiagramm ist das bezogene Moment, es handelt sich dementsprechend um eine dimensionsloses Bemessungshilfsmittel. Aufgrund dessen kann das allgemeine Bemessungsdiagramm auch für andere Stahlsorten als B500 verwendet werden.
 
Der Eingangswert für das allgemeine Bemessungsdiagramm ist das bezogene Moment, es handelt sich dementsprechend um eine dimensionsloses Bemessungshilfsmittel. Aufgrund dessen kann das allgemeine Bemessungsdiagramm auch für andere Stahlsorten als B500 verwendet werden.
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[[File:Biegebemessung(einachsige Biegung)6.png|right|thumb|250px|Allgemeines Bemssungsdiagramm]]
  
 
Bei der Verwendung des allgemeinen Bemessungsdiagramms ist zu beachten, dass es unterschiedliche Diagramme für normalfeste und hochfeste Betone gibt.
 
Bei der Verwendung des allgemeinen Bemessungsdiagramms ist zu beachten, dass es unterschiedliche Diagramme für normalfeste und hochfeste Betone gibt.
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Abgelesen werden können die Stahldehnung, die Betonstauchung, die bezogene Druckzonenhöhe und der bezogene Hebelarm der inneren Kräfte.
 
Abgelesen werden können die Stahldehnung, die Betonstauchung, die bezogene Druckzonenhöhe und der bezogene Hebelarm der inneren Kräfte.
  
Mithilfe der Stahldehnung und den Zusammenhängen aus Bild … lässt sich die Stahlspannung ermitteln. Mit dieser kann in einem nächsten Schritt die erforderliche Bewehrungsmenge ermittelt werden.  
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Mithilfe der Stahldehnung lässt sich die Stahlspannung ermitteln. Mit dieser kann in einem nächsten Schritt die erforderliche Bewehrungsmenge ermittelt werden.  
  
 
<math> A_{s1}=\frac{1}{\sigma_{sd}}\cdot\left(\frac{M_{Eds}}{z}+N_{Ed}\right)</math>
 
<math> A_{s1}=\frac{1}{\sigma_{sd}}\cdot\left(\frac{M_{Eds}}{z}+N_{Ed}\right)</math>
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wobei:
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| <math> \sigma_{sd} </math> … || Bemessungswert der Stahlspannung der Zugbewehrung(entspricht bei Verwendung des horizontalen Asts der Stahlkennlinie der Bemessungszugfestigkeit)
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[https://baustatik-wiki.fiw.hs-wismar.de/mediawiki/index.php/Biegebemessung_mit_dem_allgemeinen_Bemessungsdiagramm_(Bsp.) Beispiel]
  
 
====Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung====
 
====Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung====
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<math> A_{s2}=\frac{1}{\sigma_{s2d}}\cdot\frac{\Delta M_{Eds}}{d-d_2}</math>
 
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wobei:
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===<math>\omega</math>-Verfahren===
 
===<math>\omega</math>-Verfahren===
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<math>A_{s1}=\frac{1}{\sigma_{sd}}\cdot\left(\omega\cdot b\cdot d\cdot f_{cd}+N_{Ed}\right)</math>
 
<math>A_{s1}=\frac{1}{\sigma_{sd}}\cdot\left(\omega\cdot b\cdot d\cdot f_{cd}+N_{Ed}\right)</math>
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====Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung====
 
====Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung====
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<math>A_{s2}=\frac{1}{f_{yd}}\cdot\left(\omega_2\cdot b\cdot d\cdot f_{cd}\right)</math>
 
<math>A_{s2}=\frac{1}{f_{yd}}\cdot\left(\omega_2\cdot b\cdot d\cdot f_{cd}\right)</math>
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====Plattenbalkenquerschnitte====
 
====Plattenbalkenquerschnitte====
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<math>A_{s1}=\frac{1}{f{yd}}\cdot\left(\omega_1\cdot b_f\cdot d\cdot f_{cd}+N_{Ed}\right)</math>
 
<math>A_{s1}=\frac{1}{f{yd}}\cdot\left(\omega_1\cdot b_f\cdot d\cdot f_{cd}+N_{Ed}\right)</math>
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===<math>k_d</math>-Verfahren===
 
===<math>k_d</math>-Verfahren===
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Die Ermittlung der Querschnittsfläche der Zugbewehrung erfolgt mithilfe von <math>k_s</math>.
 
Die Ermittlung der Querschnittsfläche der Zugbewehrung erfolgt mithilfe von <math>k_s</math>.
  
<math>A_s[cm^2]=k_s\cdot\frac{M_{Eds}[kNm]}{d[cm]}+\frac{N_{Ed}[kN]}{43,5}</math>
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<math>A_{s1}[cm^2]=k_s\cdot\frac{M_{Eds}[kNm]}{d[cm]}+\frac{N_{Ed}[kN]}{43,5}</math>
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[https://baustatik-wiki.fiw.hs-wismar.de/mediawiki/index.php/Biegebemessung_mit_dem_kd-Verfahren_(Bsp.) Beispiel]
  
 
====Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung====
 
====Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung====
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<math>A_{s2}[cm^2]=\rho_2\cdot k_{s2}\cdot\frac{M_{Eds}[kNm]}{d[cm]}</math>
 
<math>A_{s2}[cm^2]=\rho_2\cdot k_{s2}\cdot\frac{M_{Eds}[kNm]}{d[cm]}</math>
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[https://baustatik-wiki.fiw.hs-wismar.de/mediawiki/index.php/Biegebemessung_mit_dem_kd-Verfahren_(Bsp.) Beispiel]
  
 
==Gleichungen für eine Handrechnung bzw. eine computerbasierte Lösung==
 
==Gleichungen für eine Handrechnung bzw. eine computerbasierte Lösung==
  
 
===parabel-rechteck-förmiger Verlauf der Druckspannungen (iterative Lösung)===
 
===parabel-rechteck-förmiger Verlauf der Druckspannungen (iterative Lösung)===
Ziel der Bemessung ist, dass das aufnehmbare Moment mindestens so groß wie das einwirkende Moment ist.
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Ziel der Bemessung ist, dass das aufnehmbare Moment mindestens so groß wie das einwirkende Moment ist. Es wird nur die iterative Berechnung von Rechteckquerschnitten ohne Druckbewehrung näher betrachtet. Eine Abwandlung der Gleichungen für Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung und Plattenbalken unter der Berücksichtigung der geänderten Umstände ist möglich.
  
 
<math> M_{Eds}=M_{Rd}</math>
 
<math> M_{Eds}=M_{Rd}</math>
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<math> M_{Eds}=M_{Rd}=(F_{s1}-N_{Ed})\cdot z=F_c\cdot z</math>
 
<math> M_{Eds}=M_{Rd}=(F_{s1}-N_{Ed})\cdot z=F_c\cdot z</math>
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wobei:
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| <math> F_{s1} </math> … || Stahlzugkraft
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Da die Bewehrungsquerschnittsfläche nicht bekannt ist wird im Weiteren mit der Betondruckkraft weiter gerechnet.
 
Da die Bewehrungsquerschnittsfläche nicht bekannt ist wird im Weiteren mit der Betondruckkraft weiter gerechnet.
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<math> F_c=\alpha_r\cdot b\cdot x\cdot f_c</math>
 
<math> F_c=\alpha_r\cdot b\cdot x\cdot f_c</math>
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wobei:
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| <math> \alpha_r </math> … || Völligkeitsgrad
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<math>\alpha_r=\left(\begin{matrix}
 
<math>\alpha_r=\left(\begin{matrix}
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<math> z=d-a</math>
 
<math> z=d-a</math>
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<math> a=\kappa_a\cdot x</math>
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wobei:
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| <math> a </math> … || Abstand der inneren Druckkraft
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| <math> \kappa_a </math> … || Höhenbeiwert
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<math>\kappa_a=\left(\begin{matrix}
 
<math>\kappa_a=\left(\begin{matrix}
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<math>A_{s}=\frac{1}{\sigma_s}\cdot\left(\eta\cdot\xi\cdot b\cdot d\cdot f_{cd}+N_{Ed}\right)</math>
 
<math>A_{s}=\frac{1}{\sigma_s}\cdot\left(\eta\cdot\xi\cdot b\cdot d\cdot f_{cd}+N_{Ed}\right)</math>
 
 
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Aktuelle Version vom 29. April 2024, 23:56 Uhr

Ziel der Bemessung bzw. des Nachweises eines überwiegend beanspruchten Bauteils ist nachzuweisen, dass der Querschnitt die äußeren Schnittgrößen ( und ) im Grenzzustand der Tragfähigkeit aufnehmen kann. Bei der Bemessung wird das aufnehmbare Moment durch die Veränderung der Bewehrungsquerschnittsfläche an die vorhandenen äußeren Schnittgrößen angepasst. Beim Nachweis eines biegebeanspruchten Bauteils wird für eine gegebene Bewehrung überprüft, ob die aufnehmbaren Schnittgrößen die einwirkenden Schnittgrößen übersteigt.


wobei:

einwirkendes Moment
einwirkende Normalkraft
aufnehmbares Moment
aufnehmbare Normalkraft


Tragverhalten

Dehnungsbereiche

Beeinflusst wird die Tragfähigkeit von Biegebauteilen durch die Festigkeiten von Stahl und Beton, deren Zusammenhang mit den Dehnungswerten sowie durch die Querschnittswerte (Breite, Höhe und Form der Druckzone, statische Nutzhöhe, Bewehrungsquerschnittsfläche).

Die Bemessung im Grenzzustand setzt voraus, dass die Bruchdehnung der Bewehrung oder des Betons überschritten wird und dementsprechend ein Stahl- oder Betonversagen eintritt. Abhängig von der Beton- und Stahldehnung können dabei fünf Dehnungsbereiche unterschieden werden[1]:

Dehnungsbereiche
  • Dehnungsbereiche 1: Im gesamten Querschnitt treten ausschließlich Zugdehnungen auf. Die Bewehrung erreicht ihre Bruchdehnung von 25‰, das Versagen findet durch das Versagen der Bewehrung statt. Da vor dem Versagen die Fließgrenze überschritten wird, findet eine Ankündigung des Versagens durch breite Risse statt.



    wobei:
    untere Randspannung
    obere Randspannung

  • Dehnungsbereiche 2: Die Grenzdehnung der Zugbewehrung wird erreicht, in der Druckzone sind noch Tragreserven vorhanden. Das Versagen findet durch Versagen der Zugbewehrung mit Vorankündigung statt.



  • wobei:
    vorhandene Stahlsdehnung
    Bruchdehnung des Stahls
    vorhandene Betondehnung
    Bruchstauchung des Betons


  • Dehnungsbereiche 3: Die Fließgrenze des Stahls wird überschritten, die Bruchdehnung der Bewehrung wird aber nicht erreicht. Die Bruchdehnung der Betondruckzone wird erreicht. Das Versagen findet durch das Versagen der Betondruckzone statt. Trotz des Betonversagens findet eine Versagensankündigung statt, da der Stahl vor dem Bruch plastizieren kann.



  • wobei:
    Stahldehnung an der Fließgrenze


  • Dehnungsbereiche 4: Der Stahl erreicht die Fließgrenze nicht, die Bruchdehnung des Betons wir überschritten. Die maßgebende Versagensart ist das Betonversagen, da die Stahldehnung unter der Fließgrenze bleibt, findet keine Vorankündigung des Versagens statt. Da wegen der geringen Stahldehnung nicht die volle Zugfestigkeit des Stahls aktiviert wird, ergibt die Bemessung in diesem Bereich große, unwirtschaftliche Bewehrungsquerschnittsflächen [2].



  • Dehnungsbereiche 5: Im gesamten Querschnitt treten nur Druckbeanspruchungen auf. Das Versagen findet durch Versagen des Betons ohne Vorankündigung statt.



Für überwiegend biegebeanspruchte Bauteile sind die Dehnungsbereiche 2 bis 4 relevant. Querschnitt im Dehnungsbereich 1 und 5 sind überwiegend längskraftbeansprucht. Bei der Bemessung ist stets ein Versagen mit Vorankündigung anzustreben, die Querschnitte sollten sich dementsprechend in den Dehnungsbereichen 2 oder 3 befinden.

Spannungsdehnungslinie

Dehnungsverteilung im Zustand I und II

Unter der Voraussetzung, dass sich der Querschnitt in einem der Dehnungsbereiche 1 bis 3 befindet, kann die Spannungs-Dehnungs-Linie von biegebeanspruchten Stahlbetonbauteilen wie auch die für solche unter Zugbeanspruchung in verschiedene Bereiche bzw. Zustände eingeteilt werden:

  • Zustand I: In diesem Zustand ist der Beton noch ungerissen, die Betonzugfestigkeit wurde noch in keinem Punkt überschritten, er endet mit der erstmaligen Überschreitung der Betonzugfestigkeit und somit mit der Entstehung des Erstrisses. Im Zustand I spielt die Bewehrung, wegen der geringen Dehnung, welche auch nur eine geringe Zugfestigkeit bewirkt, noch keine Rolle. Das Elastizitätsmodul entspricht dem des Betons.
  • Zustand IIa: Dies ist der Bereich, in dem die Rissbildung stattfindet. Er endet, wenn die Rissabstände so gering sind, dass die Zugfestigkeit des Betons zwischen den Rissen nicht mehr überschritten wird. In der Zugzone des Rissquerschnitts beteiligt sich der Beton nicht mehr am Lastabtrag. Die Rissbildung ist mit einem Steifigkeitsabfall verbunden.
  • Zustand IIb: Die Rissbildung ist abgeschlossen, bei zunehmender Stahlspannung treten keine neuen Risse mehr auf. Die mit der zunehmenden Stahlspannung verbundenen Stahldehnungen führen zu einer Verbreiterung der vorhandenen Risse. Zustand II a endet, wenn die Fließgrenze des Stahls erreicht wird.
  • Zustand III: Der Stahl beginnt nach der Überschreitung der Fließgrenze zu plastizieren. Es findet noch eine leichte Steigerung der Stahlspannungen statt. Zustand III endet mit dem Versagen der Bewehrung (Dehnungsbereich 1 und 2) oder der Betondruckzone (Dehnungsbereich 3).

Befindet sich der Querschnitt im Dehnungsbereich 4 gelten die gleichen Beziehungen abgesehen davon, dass Zustand III entfällt, da vor der Erreichung der Fließgrenze des Stahls das Betonversagen stattfindet.

Im Zustand I sind die Spannungen noch linear über den Querschnitt verteilt, eine geschlossene Ermittlung der inneren Schnittgrößen ist daher möglich. Im Zustand II und III sind die Spannungen nicht mehr linear über den Querschnitt verteilt; in der Zugzone wird die Betonspannung null, da die Bemessung im Rissquerschnitt stattfindet. Außerdem wird die Spannungs-Dehnungs-Linie des Betons wegen der höheren Dehnungen nichtlinear[2].

Sicherstellung der Duktilität

Um eine ausreichende Versagensankündigung zu garantieren, ist sicherzustellen, dass die bei der Rissbildung freiwerdenden Zugkräfte durch die Zugbewehrung ohne schlagartiges Versagen aufgenommen werden können. Dies wird durch die Anordnung einer Mindestbewehrung sichergestellt.

Außerdem ist sicherzustellen, dass die Stahldehnung zum Versagenszeitpunkt über der Fließgrenze liegt. Hierfür ist die Druckzonenhöhe zu begrenzen. Wenn die Betonstauchung am oberen Rand der Bruchstauchung des Betons entspricht, findet eine Erhöhung der aufnehmbaren Betondruckkraft nur noch durch die Vergrößerung der Druckzone statt[2], hierdurch sinkt der Hebelarm der inneren Kräfte. Aufgrund der linearen Dehnungsverteilung über die Querschnittshöhe nimmt außerdem mit steigender Druckzonenhöhe x die Dehnung der Zugbewehrung ab. Wenn die Stahldehnung der Zugbewehrung dabei unter die Fließgrenze fällt, kommt es zu unwirtschaftlichen Bemessungsergebnissen und zu einem Versagen ohne Vorankündigung.

Der theoretische Wert der bezogenen Druckzonenhöhe, bei dem die Dehnung der Zugbewehrung die Fließgrenze noch geradeso erreicht, beträgt x/d=0,617. Gemäß DIN EN 1992-1-1/NA 5.4[3] sollte x/d für normalfeste Beton kleiner 0,45 und für hochfeste Betone kleiner 0,35 sein.

Um die bezogene Druckzonenhöhe zu begrenzen, gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist eine Verbreiterung der Druckzone (vgl. Plattenbalken), die zweite die Anordnung von Druckbewehrung (vgl. Druckbewehrung).

Bemessung

Darstellung der relevanten Kräfte und geometrischen Größen für die Bemessung

Die Biegebemessung erfolgt für Bauteile im Zustand II im Rissquerschnitt[4]. Eine geschlossene Lösung ist wegen der Nichtlinearität im Zustand II nicht mehr möglich. Aus demselben Grund ist auch die getrennte Bemessung für Normalkraft und Momente ausgeschlossen, da die Superposition der Auswirkung beider Lastfälle nicht mehr möglich ist[2].

Vorbemessung

Da für die Bemessung die statische Nutzhöhe bekannt sein muss, welche wiederum abhängig von der Geometrie und Anordnung der Bewehrung ist, ist eine Vorbemessung der Bewehrung erforderlich, diese kann mit den folgenden Gleichungen erfolgen.


wobei:

geschätzte Bewehrungsquerschnittsfläche
geschätztes auf die Schwerelinie der Bewehrung bezogenes Bemessungsmoment
Bemessungsfestigkeit des Stahls
geschätzter Hebelarm der inneren Kräfte


mit:


wobei:

geschätzte Abstand der Schwerelinie der Bewehrung von der des Querschnitts


Anhaltswerte für und ergeben sich wie folgt:

Platten und Balken
Plattenbalken


wobei:

Querschnittshöhe
Abstand der Schwerelinie vom Zugrand im Zustand I


Ergibt sich nach der Bemessung eine Abweichung der tatsächlichen statischen Nutzhöhe von der aus der Vorbemessung, ist die Bemessung mit der neuen statischen Nutzhöhe zu wiederholen. Darauf kann verzichtet werden, wenn die statisch Nutzhöhe größer wird, da das Bemessungsergebnis dann auf der sicheren Seite liegt.

äußere Schnittgrößen

In der Regel ist es sinnvoll die äußeren Schnittgrößen auf die Schwerelinie der Bewehrung zu beziehen. Verschiebt man die Normalkraft für die Bemessung gedanklich auf die Schwerelinie der Bewehrung, ist dies auch beim einwirkdenden Moment zu berücksichtigen.


wobei:

auf die Schwerelinie der Bewehrung bezogenes Bemessungsmoment
Hebelarm der inneren Kräfte


Grundsätzliche Annahmen

Die folgenden Voraussetzungen werden der Biegebemessung zugrunde gelegt[5]:

  • Die Hypothese von Bernoulli gilt, d.h. dass angenommen wird, dass die Dehnungen linear über den Querschnitt verteilt sind (Ebenbleiben der Querschnitte). Diese Annahme gilt für schlanke Bauteile (2 bzw. für Kragträger ), nicht erfüllt ist sie in Bereichen mit konzentrierter Lasteinleitung (z. B. unter Einzellasten oder im Auflagerbereich). Für Bereiche in denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Dehnungen linear über den Querschnitt verteilt sind, müssen andere Bemessungsverfahren verwendet werden z.B. Stabwerkmodelle.
  • Dehnungsvertilung über den Querschnitt im Grenzzustand der Tragfähigkeit
  • Die Zugfestigkeit des Betons wird in der Bemessung nicht angesetzt, die Bemessung erfolgt im Rissquerschnitt.
  • Zwischen der Bewehrung und dem Beton wird starrer Verbund vorausgesetzt, d.h. die Dehnung der Bewehrung entspricht der der angrenzenden Betonfaser.
  • Für die Spannungsdehnungslinie des Betons und der Bewehrung gelten die dargestellten Zusammenhänge. Für die Spannungsdehnungslinie des Stahls kann eine vereinfachte oder eine genauere Spannungsdehnungslinie verwendet werden. Bei der vereinfachten wird nach Überschreitung der Streckgrenze keine Spannungszunahme mehr berücksichtigt (horizontaler Ast), bei der genaueren schon (geneigter Ast)
Spannungsdehnungslinie Beton
Spannungsdehnungslinie des Stahls mit hotizontalem (Linie I) oder geneigtem Ast (Linie II)

Die Ermittlung des Bauteilwiderstands erfolgt durch Variation der Dehnungsebenen, bis sich innere und äußere Schnittgrößen im Gleichgewicht befinden. Da dies ein iterativer Prozess ist, der bei einer Handrechnung einen hohen Aufwand bedeutet, werden i.d.R Bemessungshilfsmittel verwendet, diese können gängigen Tabellenwerekn z.B. Schneider Bautabellen[4] entnommen werden. Für die Erstellung von Bemessungshilfsmitteln bietet sich die Verwendung von dimensionslosen Beiwerten an, häufig wird das bezogene Moment als Eingangswert verwendet.


wobei:

bezogenes Moment
Querschnittsbreite
statische Nutzhöhe
Bemessungsdruckfestigkeit des Betons


Im Folgenden werden das allgemeine Bemessungsdiagramm, das -Verfahren und das -Verfahren vorgestellt. Anschließend findet auch noch eine Herleitung der Gleichungen für die Biegebemessung mit einem parabel-rechteckförmigen Spannungsverlauf in der Druckzone (iterative Lösung) und mit dem vereinfachten rechteckförmigen Spannungsblock (geschlossene Lösung) statt.

Druckbewehrung

Durch die Anordnung einer Druckbewehrung wird die Betondruckzone entlastet und die Druckzonenhöhe reduziert bzw. nicht mehr gesteigert. In der Regel kann bei der Bemessung trotz der Druckbewehrung mit der Bruttofläche der Betondruckzone gerechnet werden, da die Unterschiede im Vergleich zur Bemessung mit der Nettofläche gering sind[2].

Für Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung stehen ebenfalls Bemessungshilfsmittel zur Verfügung[4]. Es können auch die Bemessungshilfsmittel für Rechteckquerschnitte ohne Druckbewehrung verwendet werden, dabei ist dann das einwirkende Moment aufzuteilen.

Bemessung von Querschnitten mir Druckbewehrung durch Aufteilung des einwirkenden Moments

Zunächst läuft die Biegebemessung wie gewohnt ab. Als bezogenes Moment wird das verwendet, bei dem die angestrebte bezogene Druckzonenhöhe erreicht wird (z.B für x/d=0,45). Mithilfe des bezogenen Moments kann das aufnehmbare Moment der so ermittelten Zugbewehrung berechnet werden. Dieses Moment wird im weiteren als Grenzmoment bezeichnet.


wobei:

Bemessungsmoment für x/d=0,45
bezogenes Moment für x/d=0,45



wobei:

Querschnittsfläche der Zugbewehrung für x/d=0,45
Hebelarm der inneren Kräfte


Die Differenz zwischen Gesamtmoment und Grenzmoment muss durch weitere Zugbewehrung und Druckbewehrung aufgenommen werden.


wobei:

Anteil des Gesamtmoments, welcher über x/d=0,45 hinaus geht


Da dieser Momentenanteil nur durch die Druckbewehrung und die zusätzliche Zugbewehrung aufgenommen wird, liegen für diesen Momentenanteil wieder lineare Dehnungsverhältnisse vor und die erforderliche Bewehrung lässt sich mithilfe der folgenden Gleichung ermitteln.


wobei:

Querschnittsfläche der Zugbewehrung für \Delta M_{Eds}
Abstand der Schwerelinie der Druckbewehrung vom gedrückten Rand



wobei:

Querschnittsfläche der Druckbewehrung
Stahlspannung der Druckbewehrung


Die gesamte Querschnittsfläche der Zugbewehrung ergibt sich durch die Addition beider Anteile, die Querschnittsfläche der Druckbewehrung entspricht der für den zweiten Momentenanteil.


wobei:

Querschnittsfläche der Zugbewehrung


Um ein frühzeitiges Ausknicken der Druckbewehrung zu vermeiden, ist diese ausreichend zu umbüglen (vgl. DIN EN 1992-1-1 9.1.2.1[4]). In der Regel ist durch die ohnehin erforderliche Querkraftbewehrung eine ausreichende Umbügelung gegeben.

Plattenbalken

Da bei Plattenbalken nur die stegnahen Bereiche vollständig mitwirken und sich die Platte mit zunehmendem Abstand zum Steg der aufgezwungenen Verformung entzieht, wurde die mitwirkende Plattenbreite eingeführt. In diesem Bereich wird die komplexe Form der Druckverteilung zu einer mit konstantem Verlauf vereinfacht.

Bei der Bemessung von Plattenbalken können abhängig von der Lage der Spannungsnulllinie unterschiedliche Fälle unterschieden werden.

Ist die Druckzonenhöhe kleiner als die Höhe der Platte befindet sich die gesamte Druckzone in der Platte und ist somit rechteckförmig (). Die Bemessung kann wie für Rechteckquerschnitte durchgeführt werden, als Querschnittsbreite ist die mitwirkende Plattenbreite anzusetzen.

Lage der Spannungsnulllinie in der Platte

Übersteigt die Druckzonenhöhe die Plattenhöhe, ist die Druckzone nicht mehr rechteckförmig ( (wobei ...Plattenhöhe)). Dies muss in der Bemessung berücksichtigt werden. Für diesen Fall stehen gesonderte Bemessungshilfsmittel zur Verfügung.

Lage der Spannungsnulllinie im Steg (positive Momente)

In Bereichen mit negativen Momenten befindet sich die Druckzone im Steg. Es ergibt sich eine rechteckförmige Druckzone, die Bemessung kann wie für Rechteckquerschnitte durchgeführt werden, als Querschnittsbreite ist die Stegbreite anzusetzen. Wenn die bezogene Druckzonenhöhe wie von der Norm gefordert auf 0,45 begrenzt wird, kann der Vergleich der Steghöhe mit der Druckzonenhöhe entfallen, da die Steghöhe in der Regel größer als die Plattenhöhe ist und dadurch von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass die Druckzone ganz im Steg liegt.

Lage der Spannungsnulllinie im Steg (negative Momente)

Bemessungshilfsmittel

Allgemeines Bemessungsdiagramm

Der Eingangswert für das allgemeine Bemessungsdiagramm ist das bezogene Moment, es handelt sich dementsprechend um eine dimensionsloses Bemessungshilfsmittel. Aufgrund dessen kann das allgemeine Bemessungsdiagramm auch für andere Stahlsorten als B500 verwendet werden.

Allgemeines Bemssungsdiagramm

Bei der Verwendung des allgemeinen Bemessungsdiagramms ist zu beachten, dass es unterschiedliche Diagramme für normalfeste und hochfeste Betone gibt.

Bei diesem Bemessungshilfsmittel ist die Genauigkeit der Bemessungsergebnisse geringer als beim - und -Verfahren, da die Ablesegenauigkeit beschränkt ist.

Rechteckquerschnitt ohne Druckbewehrung

Abgelesen werden können die Stahldehnung, die Betonstauchung, die bezogene Druckzonenhöhe und der bezogene Hebelarm der inneren Kräfte.

Mithilfe der Stahldehnung lässt sich die Stahlspannung ermitteln. Mit dieser kann in einem nächsten Schritt die erforderliche Bewehrungsmenge ermittelt werden.


wobei:

Bemessungswert der Stahlspannung der Zugbewehrung(entspricht bei Verwendung des horizontalen Asts der Stahlkennlinie der Bemessungszugfestigkeit)


Beispiel

Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung

Verwendet man für die Ermittlung des bezogenen Moments das Grenzmoment, ist auch die Bemessung von Rechteckquerschnitten mit Druckbewehrung möglich. Zusätzlicher Eingagnswert ist das Verhältnis , zusätzlicher Ablesewerte ist die Stauchung der Druckbewehrung.

Die Ermittlung der Bewehrungsquerschnittsflächen erfolgt mit den folgenden Gleichungen:


wobei:

Bemessungswert der Stahlspannung der Druckbewehrung (entspricht i.d.R. der Bemessungszugfestigkeit)


Beispiel

-Verfahren

Das -Verfahren stellt die tabellarische Umsetzung des allgemeinen Bemessungsdiagramms dar. Die Ablesewerte können entweder auf der sicheren Seite liegend aufgerundet oder interpoliert werden. Durch die Interpolation werden genauere Ergebnisse im Vergleich zum allgemeinen Bemessungsdiagramm erzielt.

Eingangswert ist das bezogene Moment, es handelt sich dementsprechend um ein dimensionsloses Bemessungshilfsmittel.Da alle Eingangswerte dimensionslos sind, kann das -Verfahren auch für andere Stähle als B500 verwendet werden, allerdings sind die angegebenen Stahlspannungen dann nicht mehr gültig.

Zusätzlich zu den anderen bezogenen Größen wird der mechanische Bewehrungsgrad eingeführt. Dieser wird für die Ermittlung der Bewehrung ermittelt.

Bei der Verwendung des -Verfahrens ist darauf zu achten, dass es unterschiedliche Tafeln für normalfeste und hochfeste Betone gibt.

Rechteckquerschnitt ohne Druckbewehrung

Neben dem mechanischen Bewehrungsgrad können auch die bezogene Betondruckzonenhöhe, der bezogene Hebelarm der inneren Kräfte, die Betonstauchung und die Stahldehnung abgelesen werden. Außerdem können auch die Stahlspannungen abgelesen werden, die sich für einen B500 ergeben. Dabei sind die Stahlspannungen beruhend auf der Spannungs-Dehnungs-Linie mit horizontalem und geneigtem Ast ablesbar.


wobei:

mechanischer Bewehrungsgrad


Beispiel

Rechteckquerschnitt mit Druckbewehrung

Für die Bemessung von Rechteckquerschnitten mit Druckbewehrung stehen gesonderte Bemessungstafeln zur Verfügung. Zusätzliche Eingangswerte sind das Verhältnis und die angestrebte bezogene Druckzonenhöhe.

Außerdem müssen für unterschiedliche Stahlsorten und Teilsicherheitsbeiwerte des Stahls unterschiedliche Tafeln verwendet werden.

Abgelesen werden können der mechanische Zugbewehrungsgrad und der mechanische Druckbewehrungsgrad, mit welchen die Ermittlung der Querschnittsfläche der Druck- und Zugbewehrung möglich ist.

Beispiel

Plattenbalkenquerschnitte

Auch für Plattenbalkenquerschnitte stehen gesonderte Bemessungstafeln zur Verfügung. Diese sind grundsätzlich zu verwendet, wenn die Druckzone des Plattenbalkens nicht rechteckförmig ist, können aber auch für Plattenbalken mit einer rechteckförmigen Druckzone verwendet werden.

Für unterschiedliche Stahlsorten und Teilsicherheitsbeiwerte des Stahls müssen unterschiedliche Tafeln verwendet werden. Außerdem wird hier nur der vereinfachte horizontale Verlauf der Spannungs-Dehnungslinie des Stahls verwendet.

Eingangswerte sind neben dem bezogenen Moment das Verhältnis der Plattenhöhe zur statischen Nutzhöhe und das von mitwirkender Plattenbreite zu Stegbreite. Ablesewert ist der mechanische Bewehrungsgrad .

Die Anordnung von Druckbewehrung in Plattenbalken kann mit diesem Bemessungshilfsmittel nicht berücksichtigt werden.

Die Ermittlung der Bewehrung erfolgt wie gewohnt mit . Die für die Bemessung verwendete Querschnittsbreite ist die mitwirkende Plattenbreite.


wobei:

mitwirkende Plattenbreite


Beispiel

-Verfahren

Bei dem -Verfahren handelt es sich um ein dimensionsgebundenes Verfahren, bei der Ermittlung von und ist daher unbedingt auf die Verwendung der richtigen Einheiten zu achten. Eingangswerte bei Verwendung der Bemessungstafeln ist neben die Betonfestigkeitsklasse.

Auch hier stehen wieder Bemessungstafeln getrennt für normalfesten und hochfesten Beton zur Verfügung. Diese Tafeln gelten ebenfalls für eine bestimmte Stahlsorte und einen bestimmten Teilsicherheitsbeiwert für den Stahl.

Die Ablesewerte sind entweder auf der sicheren Seite liegend aufzurunden oder für genauere Ergebnisse zu interpolieren.

Rechteckquerschnitte ohne Druckbewehrung

Abgelesen werden können , die bezogene Druckzonenhöhe, der bezogene Hebelarm der inneren Kräfte sowie die Stauchung des Betons und die Dehnung der Zugbewehrung.

Die Ermittlung der Querschnittsfläche der Zugbewehrung erfolgt mithilfe von .

Beispiel

Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung

Die Bemessung von Rechteckquerschnitten mit Druckbewehrung mit dem -Verfahren ist möglich, hierfür werden die zusätzlichen Beiwerte , und eingeführt.

Zusätzlicher Eingangswert ist die angestrebte bezogene Druckzonenhöhe. Für die Ablesung von und wird außerdem das Verhältnis von benötigt. Die Ablesewerte sind ,, und .

Die Querschnittsfläche der Zugbewehrung kann mithilfe von und , die der Druckbewehrung mithilfe von und ermittelt werden.

Beispiel

Gleichungen für eine Handrechnung bzw. eine computerbasierte Lösung

parabel-rechteck-förmiger Verlauf der Druckspannungen (iterative Lösung)

Ziel der Bemessung ist, dass das aufnehmbare Moment mindestens so groß wie das einwirkende Moment ist. Es wird nur die iterative Berechnung von Rechteckquerschnitten ohne Druckbewehrung näher betrachtet. Eine Abwandlung der Gleichungen für Rechteckquerschnitte mit Druckbewehrung und Plattenbalken unter der Berücksichtigung der geänderten Umstände ist möglich.

Wird der Drehpunkt in den Angriffspunkt der Stahlzugkraft bzw. der Betondruckkraft gelegt, ergibt sich das aufnehmbare Moment wie folgt.


wobei:

Stahlzugkraft
Betondruckkraft


Da die Bewehrungsquerschnittsfläche nicht bekannt ist wird im Weiteren mit der Betondruckkraft weiter gerechnet.

Die Betondruckkraft und der Hebelarm der inneren Kräfte können mit den folgenden Gleichungen ermittelt werden.


wobei:

Völligkeitsgrad
Druckzonenhöhe



wobei:

Abstand der inneren Druckkraft
Höhenbeiwert


Sowohl der Hebelarm der inneren Kräfte als auch die Betondruckkraft ist abhängig von der Stahldehnung bzw. der Betonstauchung. Diese werden im Weiteren so lange variiert, bis das Gleichgewicht zwischen innerem und äußerem Moment gegeben ist. Wenn die maßgebende Versagensform das Stahlversagen ist, entspricht die Stahldehnung der Bruchdehnung und die Betonstauchung wird variiert. Wird Betonversagen maßgebend, wird entspricht die Stauchung des Betons der Bruchstauchung und die Stahldehnung wird variiert.

Nach Abschluss der Iteration lässt sich die Querschnittsfläche der Zugbewehrung mit den folgenden Gleichungen ermitteln.

Kontrollieren lässt sich das Bemessungsergebnis durch Aufstellen des Gleichgewichts der horizontalen Kräfte.


rechteckförmiger Verlauf der Druckspannungen (geschlossene Lösung)

Gemäß DIN EN 1992-1-1[5] kann neben einer parabel-rechteck-förmigen auch eine rechteckförmige Spannungsverteilung in der Druckzone für die Bemessung verwendet werden. Vorteil der Verwendung des Spannungsblocks für die Bemessung ist, dass eine geschlossene Lösung möglich ist. Hierdurch ist eine einfache Handrechnung ohne Bemessungshilfsmittel möglich ist.

Für die Verwendung des Spannungsblocks werden folgende Beiwerte eingeführt[5].

1,00 0,80

Die Bemessung kann mit den folgenden Gleichungen erfolgen.

Quellen

  1. Wommelsdorff,O., Albert,A., Fischer,J., Stahlbetonbau-Bemessung und Konstruktion Teil 1, 11. Auflage, Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2017
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Zilch,K., Zehetmaier,G., Bemessung im konstruktiven Betonbau, 2. Auflage, Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, 2006
  3. DIN EN 1992-1-1/NA, Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau, Beuth-Verlag, 2013
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Albert,A., Bautabellen fü Ingenieure, Auflage 26, Bundesanzeigerverlag, 2024
  5. 5,0 5,1 5,2 DIN EN 1992-1-1, Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau, Beuth-Verlag, 2011
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