Verankerungslänge: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Baustatik-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(19 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Die Verankerungslänge bezeichnet die Verlängerung von Bewehrungsstäben über ihre rechnerische Notwendigkeit hinaus, um die am Stabende noch vorhandene Randzugkraft in den Beton einzuleiten. Die Bestimmung der Verankerungslänge gehört zu den nötigen Nachweisen eines Bauteils und gliedert sich in die konstruktive Durchteilung ein.
+
[[Datei:Verankerungslänge 8.JPG‎|300px|right]]
 +
Die Verankerungslänge bezeichnet den Abschnitt am Ende eines Bewehrungsstabes, in dem die am Beginn der Verankerungslänge wirkende Zug- oder Druckkraft vollständig über Verbund in den Beton eingeleitet wird. Die Sicherstellung einer ausreichenden Verankerungslänge gehört zu den notwendigen Nachweisen eines Bauteils und gliedert sich in den Arbeitsabschnitt "konstruktive Durchbildung der Bewehrung" ein.
  
Zu erstellen:
 
  
- Seite Verankerungslänge
+
= Allgemeine Informationen =
  
- Bsp Endauflager
+
== Verbund zwischen Beton und Stahl ==
 
 
- Bsp Zwischenauflager
 
 
 
- Bsp Außerhalb vom Auflager
 
 
 
- Bsp Konsole
 
 
 
- Bsp Einzelfundament
 
 
 
- Bsp Kragarmende
 
 
 
== Allgemeine Informationen ==
 
 
 
=== Verbund zwischen Beton und Stahl ===
 
  
 
[[Datei:Verankerungslänge 1.JPG‎|300px|thumb|Kraftübertragung zwischen Beton und Stahl|right]]
 
[[Datei:Verankerungslänge 1.JPG‎|300px|thumb|Kraftübertragung zwischen Beton und Stahl|right]]
Die Übertragung von Kräften zwischen Beton und Bewehrungsstahl erfolgt über den Verbund zwischen beiden Materialien. Der gerippte Stahl überträgt durch Form- und Kraftschluss Belastung an den Beton. Von den Rippen strahlen kegelförmig Druckspannungskomponenten in den Beton aus. Aus Gleichgewichtsgründen bilden sich ab einem gewissen Punkt Zugspannungsringe senkrecht zur Stabachse.<ref>Vgl. Avak, Ralf: Stahlbetonbau in Beispielen. DIN 1045. Teil 1, Köln 2007 (5. Auflage), S. 53.</ref> Damit sich diese Zugringe bilden können, muss eine ausreichende Betondeckung vorhanden sein. Zu wenig Betondeckung oder Stababstand würde Längsrisse parallel zur Stabachse zur Folge haben.<ref>Vgl. Wommelsdorff, Otto; Albert, Andrej; Fischer, Jürgen: Stahlbetonbau. Bemessung und Konstruktion. Teil 1, Köln 2017 (11. Auflage), S. 87.</ref>
+
Die Übertragung von Kräften zwischen Beton und Bewehrungsstahl erfolgt über den Verbund zwischen beiden Materialien. Der gerippte Stahl überträgt durch Form- und Kraftschluss Belastung an den Beton. Von den Rippen strahlen kegelförmig Druckspannungskomponenten in den Beton aus. Aus Gleichgewichtsgründen bilden sich ab einem gewissen Punkt Zugspannungsringe senkrecht zur Stabachse.<ref>Vgl. Avak, Ralf: Stahlbetonbau in Beispielen. DIN 1045. Teil 1, Köln 2007 (5. Auflage), S. 53.</ref> Damit sich diese Zugringe bilden können, muss eine ausreichende Betondeckung vorhanden sein. Eine zu geringe Betondeckung oder ein zu geringer Stababstand können Längsrisse parallel zur Stabachse zur Folge haben und damit die Verbundwirkung beeinträchtigen.<ref>Vgl. Wommelsdorff, Otto; Albert, Andrej; Fischer, Jürgen: Stahlbetonbau. Bemessung und Konstruktion. Teil 1, Köln 2017 (11. Auflage), S. 87.</ref>
  
 
Die Stärke des Verbunds wird mit der Verbundspannung <math>f_{bd}</math> bezeichnet. Sie wird berechnet mit
 
Die Stärke des Verbunds wird mit der Verbundspannung <math>f_{bd}</math> bezeichnet. Sie wird berechnet mit
  
<br />
+
:<math>f_{bd} = 2,25 \cdot \eta_1 \cdot \eta_2 \cdot \frac{f_{ctk;0,05}}{\gamma_c}</math>
<math>f_{bd} = 2,25 \cdot \eta_1 \cdot \eta_2 \cdot \frac{f_{ctk;0,05}}{\gamma_c}</math>
 
  
<br />
 
  
Dabei ist
+
wobei:
  
{|
+
:{|
 
|-
 
|-
 
| <math>\eta_1</math> || ein Beiwert für die Verbundbedingungen
 
| <math>\eta_1</math> || ein Beiwert für die Verbundbedingungen
Zeile 41: Zeile 25:
 
| <math>f_{ctk;0,05}</math> || der 5 %-Quantil-Wert der charakteristischen Betonzugfestigkeit  
 
| <math>f_{ctk;0,05}</math> || der 5 %-Quantil-Wert der charakteristischen Betonzugfestigkeit  
 
|-
 
|-
| <math>\gamma_c</math> || der Materialbeiwert für Beton
+
| <math>\gamma_c</math> || der Teilsicherheitsbeiwert für die Betonfestigkeit
 
|}
 
|}
  
Zeile 48: Zeile 32:
 
Der Beiwert <math>\eta_1</math> beschreibt die Verbundbedingungen der Verankerung. Dabei gilt  
 
Der Beiwert <math>\eta_1</math> beschreibt die Verbundbedingungen der Verankerung. Dabei gilt  
  
{|
+
:{|
 
|-
 
|-
 
| <math>\eta_1 = 1,0</math> || für gute Verbundbedingungen
 
| <math>\eta_1 = 1,0</math> || für gute Verbundbedingungen
Zeile 55: Zeile 39:
 
|}
 
|}
  
<br />
+
Vereinfacht betrachtet befinden sich überwiegend horizontal angeordnete Bewehrungsstäbe im oberen Bereich eines Bauteils im mäßigen Verbund, weil während des Rüttelns Luft und Wasser im Beton nach oben transportiert werden und sich unter oben liegenden Stäben ansammeln können. Nach der Aushärtung des Betons bilden sich hier Poren oder Ablösungen, so dass der Verbund zwischen Beton und Stahl in diesem Bereich beeinträchtigt ist. Genaue Festlegungen zu gutem und mäßigen Verbund finden sich in EC 2, 8.4.2.
  
Vereinfacht betrachtet befinden sich Bewehrungsstäbe in den oberen 30 cm eines Bauteils im mäßigen Verbund, weil während des Rüttelns festere Bestandteile des Betons nach unten sinken und sich unter oben liegenden Stäben Wasserblasen bilden können, sodass der Verbund zwischen Beton und Stahl schwächer wird. Genaue Darstellungen guten und mäßigen Verbunds befinden sich in EC 2, 8.4.2.
+
Der Beiwert <math>\eta_2</math> berücksichtigt sehr große Stabdurchmesser. Ab einem Grenzwert von Ø<sub>s</sub> = 32 mm nimmt die Verbundfestigkeit bei sonst gleich bleibenden Bedingungen ab. Der Beiwert wird berechnet mit
  
Der Beiwert <math>\eta_2</math> betrachtet große Stabdurchmesser. Ab einem Grenzwert von <math>\O_s = 32 mm</math> nimmt die Verbundfestigkeit bei sonst gleich bleibenden Bedingungen ab. Der Beiwert wird berechnet mit
+
:{|
 
 
<br />
 
 
 
{|
 
 
|-
 
|-
| <math>\eta_2 = 1,0</math> || für <math>\O_s \, \leq \, 32 mm</math>
+
| <math>\eta_2 = 1,0</math> || für Ø<sub>s</sub> ≤ 32 mm
 
|-
 
|-
| <math>\eta_2 = (132 - \O_s)/100</math> || für <math>\O_s > 32 mm </math>
+
| <math>\eta_2 = (132 - \varnothing_s)/100</math> || für Ø<sub>s</sub> > 32 mm
 
|}
 
|}
  
 
<br />
 
<br />
  
Die Zugfestigkeit <math>f_{ctk;0,05}</math> ist auf die Betondruckfestigkeit <math>f_{ck}</math> zurückführbar. Deshalb existieren Tabellen, aus denen die Verbundfestigkeit <math>f_{bd}</math> in Abhängigkeit von <math>f_{ck}</math> ablesbar ist.<ref>Albert, Andrej (Hg.): Schneider Bautabellen für Ingenieure, Köln 2020 (24. Auflage), S. 5.108.</ref>
+
Die Zugfestigkeit <math>f_{ctk;0,05}</math> ist auf die Betondruckfestigkeit <math>f_{ck}</math> zurückführbar. Am einfachsten ist es daher, Tabellen zu benutzen, aus denen die Zugfestigkeit <math>f_{ctk;0,05}</math> bzw. die Verbundfestigkeit <math>f_{bd}</math> in Abhängigkeit von <math>f_{ck}</math> ablesbar sind.<ref>Albert, Andrej (Hg.): Schneider Bautabellen für Ingenieure, Köln 2020 (24. Auflage), S. 5.108.</ref>
  
 
<br />
 
<br />
  
=== Theoretischer Hintergrund der Verankerungslänge ===
+
== Kleine Herleitung der Verankerungslänge ==
  
 
Im Zuge der Bemessung eines Bauteils wird die nötige Bewehrung bereichsweise für die jeweils maximalen auftretenden Schnittgrößen bestimmt. In der anschließenden konstruktiven Durchbildung wird dann zum Beispiel im Rahmen der Zugkraftdeckung die ermittelte Zugbewehrung dem tatsächlichen Momentenverlauf angepasst und abgestuft. Die so entstehenden Stabenden können nicht direkt an dem Punkt, an dem sie rechnerisch nicht mehr benötigt werden, enden. Vielmehr muss die an diesem Punkt noch im Stab vorhandene Zugkraft im Beton „verankert“ werden, weshalb dieser zusätzliche Stababschnitt als Verankerungslänge <math>l_b</math> bezeichnet wird.
 
Im Zuge der Bemessung eines Bauteils wird die nötige Bewehrung bereichsweise für die jeweils maximalen auftretenden Schnittgrößen bestimmt. In der anschließenden konstruktiven Durchbildung wird dann zum Beispiel im Rahmen der Zugkraftdeckung die ermittelte Zugbewehrung dem tatsächlichen Momentenverlauf angepasst und abgestuft. Die so entstehenden Stabenden können nicht direkt an dem Punkt, an dem sie rechnerisch nicht mehr benötigt werden, enden. Vielmehr muss die an diesem Punkt noch im Stab vorhandene Zugkraft im Beton „verankert“ werden, weshalb dieser zusätzliche Stababschnitt als Verankerungslänge <math>l_b</math> bezeichnet wird.
  
 
[[Datei:Verankerungslänge 9.JPG‎|300px|thumb|Verlauf der Verbundspannungen|right]]
 
[[Datei:Verankerungslänge 9.JPG‎|300px|thumb|Verlauf der Verbundspannungen|right]]
Zur Ermittlung der Verankerungslänge wird die zwischen Stab und Beton wirkende Verbundspannung vereinfachend als konstant angenommen, eine Gegenüberstellung mit dem tatsächlichen Verlauf ist im Bild dargestellt. Der Unterschied zwischen Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit erklärt sich hierbei über den Zustand des Betons. Bei niedriger Beanspruchung ist der Beton an der Stelle der Lasteinleitung ungeschädigt und die Verbundspannung dementsprechend hoch. Erhöht sich die Belastung, so wird der Beton zunächst an der Lasteinleitungsstelle geschädigt, wodurch sich die Verbundspannung in die vorher weniger beanspruchten Bereiche umlagert.<ref>Vgl. König, Gert; Tue, Nguyen Viet: Grundlagen des Stahlbetonbaus. Einführung in die Bemessung nach DIN 1045-1, Wiesbaden 2003 (2. Auflage), S. 416.</ref> Um diese komplexe Umlagerung nicht miteinbeziehen zu müssen, wird die Verbundspannung als konstant angesetzt.
+
Zur Ermittlung der Verankerungslänge wird die zwischen Stahl und Beton wirkende Verbundspannung vereinfachend als konstant angenommen, eine Gegenüberstellung mit dem tatsächlichen Verlauf ist im Bild rechts dargestellt. Der Unterschied zwischen Gebrauchszustand (Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit) und Bruchzustand (Grenzzustand der Tragfähigkeit) erklärt sich hierbei über das Tragverhalten des Betons. Bei niedriger Beanspruchung ist der Beton an der Stelle der Lasteinleitung ungeschädigt und die Verbundspannung dementsprechend hoch. Erhöht sich die Belastung, so wird der Beton zunächst an der Lasteinleitungsstelle geschädigt (plastisch deformiert), wodurch sich die Verbundspannung in die vorher weniger beanspruchten Bereiche umlagert.<ref>Vgl. König, Gert; Tue, Nguyen Viet: Grundlagen des Stahlbetonbaus. Einführung in die Bemessung nach DIN 1045-1, Wiesbaden 2003 (2. Auflage), S. 416.</ref> In der Berechnung wird dieses komplexe Umlagerungsverhalten nicht berücksichtigt und die Verbundspannung wird als konstant angesetzt.
  
 
[[Datei:Verankerungslänge 8.JPG‎|300px|thumb|Grundlage der Verankerungslänge|right]]
 
[[Datei:Verankerungslänge 8.JPG‎|300px|thumb|Grundlage der Verankerungslänge|right]]
In der dargestellten Skizze muss die Zugkraft <math>F_{sd}</math> vom Stab in den Beton mittels Verbundspannung übertragen werden. Aus Gleichgewichtsgründen gilt nun, dass die Zugkraft kleinergleich der Verbundfestigkeit multipliziert mit der Mantelfläche des Stabs sein muss:
+
In der dargestellten Skizze muss die Zugkraft <math>F_{sd}</math> vom Stab in den Beton mittels Verbundspannung übertragen werden. Aus Gleichgewichtsgründen gilt nun, dass die Zugkraft <math>F_{sd}</math> kleinergleich der Verbundfestigkeit <math>f_{bd}</math> multipliziert mit der Mantelfläche des Stabes <math>l_b \cdot u</math> sein muss, also:
  
<math>F_{sd} = f_{bd} \cdot l_b \cdot u</math>
+
:<math>F_{sd} = f_{bd} \cdot l_b \cdot u</math>
  
Der Umfang des Bewehrungsstabs wird berechnet mit
+
Der Umfang des Bewehrungsstabes wird berechnet mit
  
<math>u = \pi \cdot \O_s</math>
+
:<math>u = \pi \cdot \varnothing_s</math>
  
Die erste Gleichung, umgestellt nach der benötigten ("required") Verankerungslänge ergibt
+
Die Gleichung für <math>F_{sd}</math> umgestellt nach der benötigten ("required") Verankerungslänge ergibt
  
<math>l_{b,rqd} = \frac{F_{sd}}{\pi \cdot \O_s \cdot f_{bd}}</math>
+
:<math>l_{b,rqd} = \frac{F_{sd}}{\pi \cdot \varnothing_s \cdot f_{bd}}</math>
  
Die bisher unbekannte Zugkraft <math>F_{sd}</math> ist das Produkt von Stahlspannung <math>\sigma_{sd}</math> und Bewehrungsfläche<math>A_s</math>. Die Bewehrungsfläche eines Stabs ist <math>A_s = \frac{\pi}{4} \cdot \O_s^2</math>. Eingesetzt in die Gleichung der Verankerungslänge ergibt sich
+
Die bisher unbekannte Zugkraft <math>F_{sd}</math> ist das Produkt von Stahlspannung <math>\sigma_{sd}</math> und Bewehrungsfläche <math>A_s</math>. Die Bewehrungsfläche eines Stabs ist <math>A_s = \frac{\pi}{4} \cdot \varnothing_s^2</math>. Eingesetzt in die Gleichung der Verankerungslänge ergibt sich
  
<math>l_{b,rqd} = \frac{\frac{\pi}{4} \cdot \O_s^2 \cdot \sigma_{sd}}{\pi \dot \O_s \cdot f_{bd}} = \frac{\O_s}{4} \cdot \frac{\sigma_{sd}}{f_{bd}}</math>
+
:<math>l_{b,rqd} = \frac{\frac{\pi}{4} \cdot \varnothing_s^2 \cdot \sigma_{sd}}{\pi \cdot \varnothing_s \cdot f_{bd}} = \frac{\varnothing_s}{4} \cdot \frac{\sigma_{sd}}{f_{bd}}</math>
  
Die Stahlspannung entspricht der Auslastung des Stahls in Relation zu seiner Streckgrenze und kann berechnet werden als
+
Die Stahlspannung entspricht der Auslastung des Stahls in Relation zum Bemessungswert der Festigkeit an der Streckgrenze <math>f_{yd}</math> und kann berechnet werden als
  
<math>\sigma_{sd} = f_{yd} \cdot \frac{A_{s,erf}}{A_{s,vorh}}</math>
+
:<math>\sigma_{sd} = f_{yd} \cdot \frac{A_{s,erf}}{A_{s,vorh}}</math>
  
=== Formen und Beiwerte der Verankerungslänge ===
+
== Formen und Beiwerte der Verankerungslänge ==
  
==== Grundwert der Verankerungslänge ====
+
=== Grundwert der Verankerungslänge ===
  
Der Grundwert der Verankerungslänge <math>l_{b,rqd}</math> ist abhängig von drei Größen: dem Stabdurchmesser <math>\O_s</math>, der Stahlspannung <math>{\sigma}_{sd}</math> und der Verbundfestigkeit <math>f_{bd}</math>. Für eine kurze Verankerungslänge sorgen kleine Stabdurchmesser, eine geringe Stahlspannung und hohe Verbundfestigkeit. Die Formel zur Bestimmung von <math>l_{b,rqd}</math> lautet
+
Der Grundwert der Verankerungslänge <math>l_{b,rqd}</math> ist abhängig von drei Größen: dem Stabdurchmesser <math>\varnothing_s</math>, der Stahlspannung <math>{\sigma}_{sd}</math> und der Verbundfestigkeit <math>f_{bd}</math>. Für eine kurze Verankerungslänge sorgen kleine Stabdurchmesser, eine geringe Stahlspannung und hohe Verbundfestigkeit. Die Formel zur Bestimmung von <math>l_{b,rqd}</math> lautet
  
<br />
+
:<math>l_{b,rqd} = \frac{\varnothing_s}{4} \cdot \frac{{\sigma}_{sd}}{f_{bd}}</math>
<math>l_{b,rqd} = \frac{\O_s}{4} \cdot \frac{{\sigma}_{sd}}{f_{bd}}</math>
 
  
 
<br />
 
<br />
  
==== Bemessungswert der Verankerungslänge ====
+
=== Bemessungswert der Verankerungslänge ===
 
[[Datei:Verankerungslänge 2.png‎|200px|thumb|right]]
 
[[Datei:Verankerungslänge 2.png‎|200px|thumb|right]]
 
Der Bemessungswert der Verankerungslänge <math>l_{bd}</math> misst die Länge vom Beginn der Verankerungslänge bis zum Stabende. Die Formel hierfür ist
 
Der Bemessungswert der Verankerungslänge <math>l_{bd}</math> misst die Länge vom Beginn der Verankerungslänge bis zum Stabende. Die Formel hierfür ist
Zeile 124: Zeile 103:
 
<br />
 
<br />
  
==== Ersatzverankerungslänge ====
+
=== Ersatzverankerungslänge ===
 
[[Datei:Verankerungslänge 3.png‎|200px|thumb|right]]
 
[[Datei:Verankerungslänge 3.png‎|200px|thumb|right]]
 
Alternativ zur Bestimmung der tatsächlichen, gegebenenfalls gebogenen Verankerungslänge <math>l_{bd}</math> kann vereinfacht die gerade Stablänge <math>l_{b,eq}</math> ermittelt werden. Die Formel hierfür lautet
 
Alternativ zur Bestimmung der tatsächlichen, gegebenenfalls gebogenen Verankerungslänge <math>l_{bd}</math> kann vereinfacht die gerade Stablänge <math>l_{b,eq}</math> ermittelt werden. Die Formel hierfür lautet
Zeile 136: Zeile 115:
 
<br />
 
<br />
  
==== Beiwerte der Verankerungslänge ====
+
=== Beiwerte der Verankerungslänge ===
  
 
Bei der Ermittlung des Bemessungswerts der Verankerungslänge <math>l_{bd}</math> oder der Ersatzverankerungslänge <math>l_{b,eq}</math> aus dem Grundwert der Verankerungslänge <math>l_{b,rqd}</math> kommen einige Beiwerte zum Einsatz. Diese sind wie folgt:
 
Bei der Ermittlung des Bemessungswerts der Verankerungslänge <math>l_{bd}</math> oder der Ersatzverankerungslänge <math>l_{b,eq}</math> aus dem Grundwert der Verankerungslänge <math>l_{b,rqd}</math> kommen einige Beiwerte zum Einsatz. Diese sind wie folgt:
Zeile 248: Zeile 227:
 
<br />
 
<br />
  
==== Mindestverankerungslänge ====
+
=== Mindestverankerungslänge ===
  
 
Für Zugstäbe ist die Mindestverankerungslänge definiert als
 
Für Zugstäbe ist die Mindestverankerungslänge definiert als
Zeile 270: Zeile 249:
 
<br />
 
<br />
  
=== Randzugkraft ===
+
== Randzugkraft ==
  
 
[[Datei:Verankerungslänge 10.JPG‎|250px|thumb|Zugkraftdeckungslinie|right]]
 
[[Datei:Verankerungslänge 10.JPG‎|250px|thumb|Zugkraftdeckungslinie|right]]
Zeile 276: Zeile 255:
  
  
==== Ermittlung der Randzugkraft mit Querkraft ====
+
=== Ermittlung der Randzugkraft mit Querkraft ===
  
 
Die Differenz wird berechnet mit  
 
Die Differenz wird berechnet mit  
Zeile 293: Zeile 272:
  
  
==== Ermittlung der Randzugkraft durch Verschieben der Momentenlinie ====
+
=== Ermittlung der Randzugkraft durch Verschieben der Momentenlinie ===
  
 
[[Datei:Verankerung am Einzelfundament (Bsp.) 2.JPG‎|250px|thumb|Detail Endauflager|right]]
 
[[Datei:Verankerung am Einzelfundament (Bsp.) 2.JPG‎|250px|thumb|Detail Endauflager|right]]
Zeile 312: Zeile 291:
 
<math>x_0 = D_{min}/2 + \O_s + c_{nom}</math>
 
<math>x_0 = D_{min}/2 + \O_s + c_{nom}</math>
  
<br />
+
= Nachweis-Situationen der Verankerungslänge =
 
 
== Ansätze der Berechnung der Verankerungslänge ==
 
 
 
== Situationen der Verankerungslänge ==
 
  
  
Zeile 322: Zeile 297:
  
  
=== Verankerung am Endauflager ===
+
== Verankerung am Endauflager ==
  
  
Zeile 340: Zeile 315:
 
<br />
 
<br />
  
=== Verankerung am Zwischenauflager ===
+
== Verankerung am Zwischenauflager ==
  
  
Zeile 350: Zeile 325:
 
<br />
 
<br />
  
=== Verankerung außerhalb von Auflagern ===
+
== Verankerung außerhalb von Auflagern ==
  
  
Zeile 360: Zeile 335:
 
<br />
 
<br />
  
=== Verankerung am Kragarmende ===
+
== Verankerung am Kragarmende ==
 +
 
 +
Für die Verankerungslänge am Kragarmende gibt es keine expliziten Berechnungsvorschriften. Sie wird in der Regel in der Literatur nicht nachgewiesen. Die Bewehrung wird in der Regel am Kragarmende abgebogen, bei der Länge des Winkelhakenschenkels gehen verschiedene Programme aber unterschiedlich vor. Eine konkrete Möglichkeit der Berechnung ist der [[Verankerungslänge#Ermittlung_der_Randzugkraft_durch_Verschieben_der_Momentenlinie|Ansatz über das Verschieben der Momentenlinie]].
  
Für die Verankerungslänge am Kragarmende gibt es keine expliziten Berechnungsvorschriften. Sie wird in der Regel in der Literatur nicht nachgewiesen.
 
  
 
[[Verankerung am Kragarmende (Bsp.)|Berechnungsbeispiel zur Verankerung am Kragarmende]]
 
[[Verankerung am Kragarmende (Bsp.)|Berechnungsbeispiel zur Verankerung am Kragarmende]]
  
=== Verankerung am Rand von Einzelfundamenten ===
+
<br />
 +
 
 +
== Verankerung am Rand von Einzelfundamenten ==
  
 +
Für die Verankerung der Bewehrung am Rand von Einzelfundamenten bietet der EC 2 ein [[Verankerung am Einzelfundament (Modell)|eigenes Berechnungsmodell]]. Dieses Modell findet in der Praxis kaum Anwendung, da es nur für gerade Stabenden benutzbar ist. Im Allgemeinen wird die Bewehrung am Rand von Einzelfundamenten aber als ein Winkelhaken mit konstruktivem Querstab am Ende ausgebildet. Um für diese Konstruktion die Verankerungslänge zu bestimmen, kann wie beim Kragarmende der [[Verankerungslänge#Ermittlung_der_Randzugkraft_durch_Verschieben_der_Momentenlinie|Ansatz über das Verschieben der Momentenlinie]] genutzt werden.
  
  
 
[[Verankerung am Einzelfundament (Bsp.)|Berechnungsbeispiel zur Verankerung am Rand von Einzelfundamenten]]
 
[[Verankerung am Einzelfundament (Bsp.)|Berechnungsbeispiel zur Verankerung am Rand von Einzelfundamenten]]
  
 +
<br />
  
=== Verankerung an Konsolen ===
+
== Verankerung an Konsolen ==
  
  
Zeile 383: Zeile 363:
  
  
== Quellen ==
+
= Quellen =
 +
 
 +
<references />
 +
<br />
 +
 
 +
{{Seiteninfo
 +
|Quality-flag = [[File:quality-flag-white.gif|right|70px]]
 +
|Status = Seite in Bearbeitung
 +
}}
 +
 
 +
[[Kategorie:Grundlagen/Begriffe-Stahlbetonbau]]

Aktuelle Version vom 30. Mai 2022, 17:43 Uhr

Verankerungslänge 8.JPG

Die Verankerungslänge bezeichnet den Abschnitt am Ende eines Bewehrungsstabes, in dem die am Beginn der Verankerungslänge wirkende Zug- oder Druckkraft vollständig über Verbund in den Beton eingeleitet wird. Die Sicherstellung einer ausreichenden Verankerungslänge gehört zu den notwendigen Nachweisen eines Bauteils und gliedert sich in den Arbeitsabschnitt "konstruktive Durchbildung der Bewehrung" ein.


Allgemeine Informationen

Verbund zwischen Beton und Stahl

Kraftübertragung zwischen Beton und Stahl

Die Übertragung von Kräften zwischen Beton und Bewehrungsstahl erfolgt über den Verbund zwischen beiden Materialien. Der gerippte Stahl überträgt durch Form- und Kraftschluss Belastung an den Beton. Von den Rippen strahlen kegelförmig Druckspannungskomponenten in den Beton aus. Aus Gleichgewichtsgründen bilden sich ab einem gewissen Punkt Zugspannungsringe senkrecht zur Stabachse.[1] Damit sich diese Zugringe bilden können, muss eine ausreichende Betondeckung vorhanden sein. Eine zu geringe Betondeckung oder ein zu geringer Stababstand können Längsrisse parallel zur Stabachse zur Folge haben und damit die Verbundwirkung beeinträchtigen.[2]

Die Stärke des Verbunds wird mit der Verbundspannung bezeichnet. Sie wird berechnet mit


wobei:

ein Beiwert für die Verbundbedingungen
ein Beiwert für große Stabdurchmesser
der 5 %-Quantil-Wert der charakteristischen Betonzugfestigkeit
der Teilsicherheitsbeiwert für die Betonfestigkeit


Der Beiwert beschreibt die Verbundbedingungen der Verankerung. Dabei gilt

für gute Verbundbedingungen
für mäßige Verbundbedingungen

Vereinfacht betrachtet befinden sich überwiegend horizontal angeordnete Bewehrungsstäbe im oberen Bereich eines Bauteils im mäßigen Verbund, weil während des Rüttelns Luft und Wasser im Beton nach oben transportiert werden und sich unter oben liegenden Stäben ansammeln können. Nach der Aushärtung des Betons bilden sich hier Poren oder Ablösungen, so dass der Verbund zwischen Beton und Stahl in diesem Bereich beeinträchtigt ist. Genaue Festlegungen zu gutem und mäßigen Verbund finden sich in EC 2, 8.4.2.

Der Beiwert berücksichtigt sehr große Stabdurchmesser. Ab einem Grenzwert von Øs = 32 mm nimmt die Verbundfestigkeit bei sonst gleich bleibenden Bedingungen ab. Der Beiwert wird berechnet mit

für Øs ≤ 32 mm
für Øs > 32 mm


Die Zugfestigkeit ist auf die Betondruckfestigkeit zurückführbar. Am einfachsten ist es daher, Tabellen zu benutzen, aus denen die Zugfestigkeit bzw. die Verbundfestigkeit in Abhängigkeit von ablesbar sind.[3]


Kleine Herleitung der Verankerungslänge

Im Zuge der Bemessung eines Bauteils wird die nötige Bewehrung bereichsweise für die jeweils maximalen auftretenden Schnittgrößen bestimmt. In der anschließenden konstruktiven Durchbildung wird dann zum Beispiel im Rahmen der Zugkraftdeckung die ermittelte Zugbewehrung dem tatsächlichen Momentenverlauf angepasst und abgestuft. Die so entstehenden Stabenden können nicht direkt an dem Punkt, an dem sie rechnerisch nicht mehr benötigt werden, enden. Vielmehr muss die an diesem Punkt noch im Stab vorhandene Zugkraft im Beton „verankert“ werden, weshalb dieser zusätzliche Stababschnitt als Verankerungslänge bezeichnet wird.

Verlauf der Verbundspannungen

Zur Ermittlung der Verankerungslänge wird die zwischen Stahl und Beton wirkende Verbundspannung vereinfachend als konstant angenommen, eine Gegenüberstellung mit dem tatsächlichen Verlauf ist im Bild rechts dargestellt. Der Unterschied zwischen Gebrauchszustand (Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit) und Bruchzustand (Grenzzustand der Tragfähigkeit) erklärt sich hierbei über das Tragverhalten des Betons. Bei niedriger Beanspruchung ist der Beton an der Stelle der Lasteinleitung ungeschädigt und die Verbundspannung dementsprechend hoch. Erhöht sich die Belastung, so wird der Beton zunächst an der Lasteinleitungsstelle geschädigt (plastisch deformiert), wodurch sich die Verbundspannung in die vorher weniger beanspruchten Bereiche umlagert.[4] In der Berechnung wird dieses komplexe Umlagerungsverhalten nicht berücksichtigt und die Verbundspannung wird als konstant angesetzt.

Grundlage der Verankerungslänge

In der dargestellten Skizze muss die Zugkraft vom Stab in den Beton mittels Verbundspannung übertragen werden. Aus Gleichgewichtsgründen gilt nun, dass die Zugkraft kleinergleich der Verbundfestigkeit multipliziert mit der Mantelfläche des Stabes sein muss, also:

Der Umfang des Bewehrungsstabes wird berechnet mit

Die Gleichung für umgestellt nach der benötigten ("required") Verankerungslänge ergibt

Die bisher unbekannte Zugkraft ist das Produkt von Stahlspannung und Bewehrungsfläche . Die Bewehrungsfläche eines Stabs ist . Eingesetzt in die Gleichung der Verankerungslänge ergibt sich

Die Stahlspannung entspricht der Auslastung des Stahls in Relation zum Bemessungswert der Festigkeit an der Streckgrenze und kann berechnet werden als

Formen und Beiwerte der Verankerungslänge

Grundwert der Verankerungslänge

Der Grundwert der Verankerungslänge ist abhängig von drei Größen: dem Stabdurchmesser , der Stahlspannung und der Verbundfestigkeit . Für eine kurze Verankerungslänge sorgen kleine Stabdurchmesser, eine geringe Stahlspannung und hohe Verbundfestigkeit. Die Formel zur Bestimmung von lautet


Bemessungswert der Verankerungslänge

Verankerungslänge 2.png

Der Bemessungswert der Verankerungslänge misst die Länge vom Beginn der Verankerungslänge bis zum Stabende. Die Formel hierfür ist



Ersatzverankerungslänge

Verankerungslänge 3.png

Alternativ zur Bestimmung der tatsächlichen, gegebenenfalls gebogenen Verankerungslänge kann vereinfacht die gerade Stablänge ermittelt werden. Die Formel hierfür lautet



Die Ermittlung von ist üblich für die Mehrzahl der Fälle der Ermittlung der Verankerungslänge. Lediglich dort, wo die Verankerungslänge unmittelbar an der Stelle der Biegung beginnt, wird auf zurückgegriffen.


Beiwerte der Verankerungslänge

Bei der Ermittlung des Bemessungswerts der Verankerungslänge oder der Ersatzverankerungslänge aus dem Grundwert der Verankerungslänge kommen einige Beiwerte zum Einsatz. Diese sind wie folgt:

Beiwert Bedeutung
- Beiwert für Formgebung
- Beiwert für Mindestbetondeckung
- Beiwert für nicht angeschweißte Querbewehrung
- Beiwert für angeschweißte Querbewehrung
- Beiwert für Querdruck


Übersicht über die Beiwerte

Beiwert für die Formgebung


- Formgebung:

Bei bestimmten Stabenden gilt , da die Zugkraft durch das Aufbiegen auf einer kürzeren horizontalen Länge abgetragen werden kann. Die an der Krümmung entstehenden Spaltzugkräfte müssen durch hinreichende Betondeckung und Stababstände kompensiert werden, hier ist festgelegt. Alternativ können die Spaltzugkräfte auch durch Querdruck oder enge Verbügelung im Verankerungsbereich (Bügelabstand < 50 mm) aufgenommen werden.

Bei der Verwendung von Schlaufen besteht zusätzlich die Möglichkeit, unter Einhalten von und eines Biegerollendurchmessers , den Beiwert auf zu reduzieren.

Druckstäbe sind immer mit geradem Stabende zu verankern.

Abstand cd für Balken und Platten





- Mindestbetondeckung:


Der Beiwert für die Mindestbetondeckung erlaubt theoretisch eine Reduzierung auf

In Deutschland ist dieser Beiwert aus der Formel zur Ermittlung des Bemessungswerts der Verankerungslänge gestrichen. Der Grund hierfür liegt in den möglichen Versagensfällen bei ungenügender Verankerungslänge. Diese sind das Herausziehen des Stabes und die Bildung von Spaltrissen im Beton. Eine hinreichende Betondeckung und ein genügender Stababstand erhöhen die Sicherheit gegen Spaltrisse, aber nicht gegen das Herausziehen. Somit würde der Beiwert eine Sicherheit vermitteln, die er gar nicht erzeugt.


- Nicht angeschweißte Querbewehrung:

Werte für K für Balken und Platten


Der Beiwert betrachtet den günstigen Einfluss einer nicht angeschweißten Querbewehrung im Verankerungsbereich. Dieser gilt allerdings nur, wenn die verwendete Querbewehrungsmenge die Mindestquerbewehrungsmenge übersteigt. Bestimmt wird der Beiwert mit



Dabei ist

die Querschnittsfläche der Querbewehrung innerhalb der Verankerungslänge
die Querschnittsfläche der Mindestbewehrung
die Querschnittsfläche des größten einzelnen verankerten Stabs
Beiwert entsprechend des Bildes


Für Druckstäbe gilt generell .


- Angeschweißte Querstäbe:

Angeschweißter Querstab

Unter bestimmten Vorgaben kann einer oder mehrere angeschweißte Querstäbe die benötigte Verankerungslänge reduzieren. Werden die angegebenen Bedingungen eingehalten, so gilt sowohl für Zug- als auch für Druckstäbe .




- Querdruck:

Der Beiwert betrachtet den Einfluss von Querdruck oder -zug im Verankerungsbereich. Unter Annahme eines Querdrucks senkrecht zur Verankerungsebene berechnet sich der Beiwert als



Für bestimmte Situationen gibt es festgelegte Werte für :

- bei Querzug senkrecht zur Verankerungsebene
- bei direkter Lagerung
- bei einer allseitig durch Bewehrung gesicherten Betondeckung von mindestens


Mindestverankerungslänge

Für Zugstäbe ist die Mindestverankerungslänge definiert als



Für Druckstäbe gilt



Am Zwischenauflager gilt in Deutschland vereinfachend


Randzugkraft

Zugkraftdeckungslinie

Die Verankerungslänge wird für alle Stabenden bestimmt. Die Position dieser Enden ergibt sich aus der Biegebemessung des Bauteils. Da die Biegebemessung auf vereinfachenden Annahmen beruht, wie der Reduktion des gesamten Bauteils auf seine Achse oder die getrennte Betrachtung von Moment und Querkraft, sind an den Stabenden noch Zugkräfte im Stab vorhanden. Diese Randzugkraft kann aus der Differenz zwischen der genaueren Bemessung nach dem Fachwerkmodell und der bereits erfolgten Biegebemessung ermittelt werden, dies geschieht im Rahmen der Zugkraftdeckung.


Ermittlung der Randzugkraft mit Querkraft

Die Differenz wird berechnet mit

Das Versatzmaß ist die horizontale Verschiebung von der Zugkraftlinie nach Biegebemessung zur Zugkraftlinie nach Fachwerkmodell. Die Formel lautet

- für Bauteile mit Querkraftbewehrung
- für Bauteile ohne Querkraftbewehrung

Bei diesem Ansatz spielt die Querkraft eine entscheidende Rolle. Damit ist er anwendbar im Bereich größerer Querkraft, wie in der Nähe einer Einzellast oder Auflagerkraft. Nicht in allen Situationen der Bestimmung der Verankerungslänge ist eine solche, nennenswerte Querkraft vorhanden. Für diese Fälle ist die Randzugkraft nach dem folgenden Ansatz zu ermitteln.


Ermittlung der Randzugkraft durch Verschieben der Momentenlinie

Detail Endauflager

Die Randzugkraft kann auch durch Verschieben beziehungsweise Verlängern der Belastung um das Versatzmaß nach außen ermittelt werden. Das nebenstehende Bild zeigt den Rand eines Einzelfundaments. Die Verankerungslänge beginnt am Anfang der Biegung des Stabs, im Abstand vom Rand. Belastet wird das Einzelfundament an dieser Stelle durch den Sohldruck, hier eine von unten drückende Streckenlast. Diese Streckenlast wird nun zur Ermittlung der Randzugkraft um das Versatzmaß nach außen verlängert. Das Moment an der Stelle berechnet sich dann als

Aus dem Moment berechnet sich die Randzugkraft mit

Ab hier können nach den üblichen Regeln die benötigte Bewehrung , Stahlspannung und dann die Verankerungslänge berechnet werden.

Zu beachten ist, dass bei diesem Ansatz zur Bestimmung der Verankerungslänge nicht die Ersatzverankerungslänge bestimmt werden kann, da für diese eine hinreichende Vorlänge zwischen Beginn der Verankerungslänge und Beginn der Biegung vorhanden sein muss. Stattdessen muss hier der Bemessungswert der Verankerungslänge berechnet werden.

Die Entfernung berechnet sich aus der Geometrie des Bauteils heraus als

Nachweis-Situationen der Verankerungslänge

Die verschiedenen Situationen der Verankerungslänge unterscheiden sich vor allem in der Ermittlung der erforderlichen Bewehrungsmenge an der jeweiligen Stelle. Darüber hinaus gelten gegebenenfalls besondere Regeln für die Bestimmung von , und .


Verankerung am Endauflager

Am Endauflager wird die zu verankernde Zugkraft maßgeblich durch die einwirkende Querkraft bestimmt. Die Formel zur Berechnung lautet

Am Endauflager kann vereinfachend angesetzt werden. Aus der Randzugkraft wird die benötigte Bewehrung berechnet werden als

Die Verankerungslänge am Endauflager beginnt an der Auflagerkante. Die Verankerung muss mindestens bis zur rechnerischen Auflagerlinie des statischen Systems reichen. Außerdem müssen mindestens 25 % der Feldbewehrung bis ins Auflager geführt und dort verankert werden.


Berechnungsbeispiel zur Verankerung am Endauflager


Verankerung am Zwischenauflager

Die am Zwischenauflager endende Feldbewehrung liegt im Druckbereich. Deshalb ist sie in vielen Fällen rechnerisch nicht nötig, es gilt , gleiches gilt damit auch für und . Aus diesem Grund ist am Zwischenauflager maßgeblich, die außerdem auf reduziert wird. Die Verankerungslänge am Zwischenauflager beginnt an der Auflagerkante.


Berechnungsbeispiel zur Verankerung am Zwischenauflager


Verankerung außerhalb von Auflagern

Abseits der Auflager eines Balkens enden Bewehrungsstäbe im Kontext der Zugkraftdeckung. Bei dieser sind erforderliche und vorhandene Bewehrung an der jeweiligen Stelle unmittelbar bekannt. Damit kann die Bestimmung der Verankerungslänge ohne besondere Regeln durchgeführt werden.


Berechnungsbeispiel zur Verankerung außerhalb von Auflagern


Verankerung am Kragarmende

Für die Verankerungslänge am Kragarmende gibt es keine expliziten Berechnungsvorschriften. Sie wird in der Regel in der Literatur nicht nachgewiesen. Die Bewehrung wird in der Regel am Kragarmende abgebogen, bei der Länge des Winkelhakenschenkels gehen verschiedene Programme aber unterschiedlich vor. Eine konkrete Möglichkeit der Berechnung ist der Ansatz über das Verschieben der Momentenlinie.


Berechnungsbeispiel zur Verankerung am Kragarmende


Verankerung am Rand von Einzelfundamenten

Für die Verankerung der Bewehrung am Rand von Einzelfundamenten bietet der EC 2 ein eigenes Berechnungsmodell. Dieses Modell findet in der Praxis kaum Anwendung, da es nur für gerade Stabenden benutzbar ist. Im Allgemeinen wird die Bewehrung am Rand von Einzelfundamenten aber als ein Winkelhaken mit konstruktivem Querstab am Ende ausgebildet. Um für diese Konstruktion die Verankerungslänge zu bestimmen, kann wie beim Kragarmende der Ansatz über das Verschieben der Momentenlinie genutzt werden.


Berechnungsbeispiel zur Verankerung am Rand von Einzelfundamenten


Verankerung an Konsolen

Die Zugkräfte in Konsolen werden generell über eine bis drei Schlaufen aufgenommen. Die Verankerung dieser Zugbewehrung unter der Last in Konsolen gleicht dem Ablauf am Endauflager, da sich die beiden Situationen ähneln. Bei der Bemessung von Konsolen wird die benötigte Bewehrungsmenge unmittelbar an der zu verankernden Stelle bestimmt, damit ist bekannt. Zu beachten ist, dass die Verankerungslänge an Konsolen an der der Stütze zugewandten Seite beginnt.


Berechnungsbeispiel zur Verankerung an Konsolen


Quellen

  1. Vgl. Avak, Ralf: Stahlbetonbau in Beispielen. DIN 1045. Teil 1, Köln 2007 (5. Auflage), S. 53.
  2. Vgl. Wommelsdorff, Otto; Albert, Andrej; Fischer, Jürgen: Stahlbetonbau. Bemessung und Konstruktion. Teil 1, Köln 2017 (11. Auflage), S. 87.
  3. Albert, Andrej (Hg.): Schneider Bautabellen für Ingenieure, Köln 2020 (24. Auflage), S. 5.108.
  4. Vgl. König, Gert; Tue, Nguyen Viet: Grundlagen des Stahlbetonbaus. Einführung in die Bemessung nach DIN 1045-1, Wiesbaden 2003 (2. Auflage), S. 416.


Seiteninfo
Quality-flag-white.gif
Status: Seite in Bearbeitung